T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
alle Winde verstreut. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich zehn war. Meinen Vater habe ich seit der Highschool nicht mehr gesehen.«
»Haben Sie Geschwister?«
»Eine Schwester in Baton Rouge, einen Bruder, der Gott weiß wo steckt. Wir haben vor etwa fünfzehn Jahren den Kontakt verloren.« Derns Augen verdunkelten sich leicht. »Wir haben uns nicht sonderlich nahegestanden.«
»Keine Cousins?«
»Nicht, dass ich wüsste. Ich bin als Einzelgänger aufgewachsen. Habe gelernt, für mich selbst einzustehen.«
»Dann sind Sie also … nicht verheiratet?«
Er schnaubte, als fände er ihre Frage grotesk. »Nicht mehr.« Seine Lippen zuckten. »Wir sind schon auf der Highschool miteinander gegangen, falls man das heute noch so nennt. Es hat nicht funktioniert.«
»Warum nicht?«
»Ich schätze, wir waren zu jung.« Wieder ein Achselzucken. »Ich war bei der Armee, und als ich von einem Einsatz zurückkehrte, hat sie mir die Scheidungspapiere vorgeknallt. Sie lebte bereits mit einem anderen zusammen, also habe ich unterschrieben und beschlossen, aufs College zu gehen.«
»Keine Kinder?«
Er schüttelte den Kopf. »Im Nachhinein betrachtet, ist das wahrscheinlich ein Segen.«
»Und dann? Oder sind Sie nach dem College etwa Rancharbeiter geworden?«
Wieder das selbstironische Grinsen. »Ist das nicht der ganz normale Werdegang?« Er trank sein Bier aus. »Ich habe herausgefunden, dass ich besser mit Tieren arbeiten kann als mit Menschen. Tiere sind ehrlicher und machen weniger Scherereien. Und was ist mit Ihnen?«
»Wollen Sie damit sagen, Sie kennen meine Geschichte nicht?« Sie schüttelte ungläubig den Kopf und leerte ihr Weinglas. »Ich dachte, die wäre allgemein bekannt.«
»Ich stamme nicht aus dieser Gegend«, erinnerte er sie, und als sie nichts erwiderte, fügte er hinzu: »Ich habe für Rand Donnelly auf einer Ranch außerhalb von Bend gearbeitet, das ist mitten in Oregon. Aufgewachsen bin ich weiter östlich, in der Nähe von Pendleton.« Er griff nach seiner Brieftasche. »Haben Sie nicht meine Referenzen überprüft?«
»Ich wusste ja nicht mal, dass man Sie angestellt hat.«
»Wirklich nicht? Ich dachte, Sie wären hier für alles verantwortlich.«
»Das war einmal.« Sie zog ebenfalls ihr Portemonnaie hervor, doch er kam ihr zuvor und legte ein paar Scheine auf den Tisch. »Ich zahle.«
»Ich wollte Sie zu einem Drink einladen.«
»Das nächste Mal sind Sie dran.« Sie stand auf und stellte fest, dass sein Blick zu den aufgerissenen Knien ihrer Jogginghose wanderte.
Noch bevor er eine Frage stellen konnte, kam sie ihm zuvor: »Sagen wir einfach, dass ich auf dem Weg hierher über meinen eigenen Schweinehund gestolpert bin.«
»Alles in Ordnung?«
Wieder diese Frage. »Ein paar Kratzer. Ich werde es schon überleben.«
Rosie hielt die Tür für sie beide auf und wünschte ihnen eine gute Nacht. Sie traten hinaus auf die Straße. Ihre Taschenlampe warf nur einen schwachen Strahl auf den nassen Asphalt, doch Dern hatte eine Taschenlampen-App auf seinem iPhone, sodass sie genügend Licht bekamen.
Wortlos marschierten sie zusammen die Hauptstraße entlang hangaufwärts. Als sie in die Auffahrt einbogen, wartete Rover auf sie. Er trottete Dern hinterher, als würde er ihn schon sein Leben lang kennen. Ava fragte sich, warum auch sie sich in Gegenwart dieses Fremden, den sie erst vor wenigen Tagen kennengelernt hatte, so wohl fühlte, wohler als bei ihrem eigenen Ehemann.
Du wolltest dich von deinem Ehemann scheiden lassen, erinnerst du dich?
Schon vor Noahs Verschwinden waren sie überwiegend getrennte Wege gegangen, die Weihnachtsfeier hatte das Unausweichliche hinauszögern sollen. Doch als ihr Sohn fort war, hatten sie sich verzweifelt aneinandergeklammert, nur um festzustellen, dass sich das fadenscheinige Band ihrer Ehe noch weiter auflöste. Trotz ihrer Trauer, trotz ihrer Sorge hatten sie ernsthaft erwogen, ihre Ehe zu beenden … zumindest meinte Ava, genau das zu erinnern.
Die Hände tief in den Taschen vergraben, ihr Atem weiß in der kalten Luft und Dern neben sich, fiel ihr der erotische Traum wieder ein, in dem sich Wyatt in den neuen Rancharbeiter verwandelt hatte. Sie hatte mit ihm im Bett gelegen, hatte ihn geliebt. Wild. Hemmungslos. Hatte seine schwieligen Hände auf ihren Pobacken und ihrer Brust gespürt.
Oder hatten diese Hände Wyatt gehört?
Er hat eine Rose unter dein Kopfkissen gelegt.
Sie tastete mit dem Daumen nach dem winzigen Schorf an ihrer
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