T Tödliche Spur: Thriller (German Edition)
hinunter. Khloe öffnete ein Päckchen entkoffeinierten Pulverkaffee und machte Wasser in der Mikrowelle warm. Der Kaffee schmeckte nicht, aber das war egal. Sie teilten sich ein Stück Schokokuchen, das groß genug war, um halb Anchorville satt zu machen.
Die ganze Zeit über war sich Ava bewusst, dass die Sekunden davonliefen, Zeit, die sie gut hätte gebrauchen können, um Noahs leibliche Eltern ausfindig zu machen oder die Gebrauchsanweisung für ihre neue Mikrokamera nebst der Abhörgeräte zu studieren. Doch wieder war sie auf der Hut, darauf bedacht, sich nicht noch verdächtiger zu machen, also zwang sie sich, auch die letzten Bissen hinunterzuschlucken, drückte ihre Gabel sogar noch auf die letzten Krümel, als wolle sie den Genuss bis ins Letzte auskosten.
Alles Heuchelei, dachte sie, auch wenn es sich gut anfühlte, mit Khloe gesprochen zu haben. Sie trank ihren Kaffee aus, gähnte und streckte die Arme über den Kopf, als sei sie todmüde. Ebenfalls geschwindelt, denn sie brannte doch insgeheim förmlich darauf, ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Wyatt kam in die Küche, gerade als sie ihren Stuhl zurückschob. Ava wusste nicht, was sie sagen sollte, doch Khloe ergriff das Wort.
»Ganz schön dicke Lüge«, sagte sie, und als er sie durchdringend anblickte, fügte sie hinzu: »Jewel-Anne hat mir erzählt, was passiert ist.«
»Das Geheimnis ist gelüftet«, bestätigte Wyatt.
»Es hätte nie ein Geheimnis sein dürfen«, entgegnete Ava mit scharfer Stimme.
Er nickte, doch Ava bezweifelte, dass er wirklich Reue verspürte. Seine Reaktion war seltsam: Während Ava es kaum erwarten konnte, diese neue Spur zu verfolgen, die womöglich dazu führte, dass sie ihren Sohn wiederfanden, hatte Wyatt sich nicht einmal die Mühe gemacht, die biologischen Großeltern zu finden. Welche Gründe hatte er für seine Untätigkeit? Was stimmte nicht mit ihm? Warum die ganze Geheimniskrämerei?
Weil er es weiß. Er weiß, dass Noah nicht zurückkommt.
Ihr Herz schmerzte, doch es gelang ihr, sich zusammenzureißen und ihre Tasse zur Spüle zu tragen. Ihre Finger zitterten, was hoffentlich niemand bemerkte. Ava wünschte Khloe und Wyatt eine gute Nacht, dann huschte sie die Treppe hinauf in den ersten Stock.
Oben angekommen, hörte sie das leise Surren von Jewel-Annes elektrischem Rollstuhl auf der Galerie. Einen flüchtigen Augenblick lang fragte sich Ava, ob Khloe sie absichtlich in die Küche gelockt hatte, damit Jewel-Anne in ihrem Zimmer schnüffeln konnte …
Hör auf damit! Die beiden Frauen mögen sich nicht einmal! Das hat nichts zu bedeuten. Vergiss es und tu endlich, was du tun musst.
In ihrem Schlafzimmer schien alles an Ort und Stelle zu sein, Ava entdeckte auch keine verräterischen Reifenspuren auf dem Teppich. Sie zog den Computer vom obersten Regal, fuhr ihn hoch und machte da weiter, wo sie aufgehört hatte. Nachdem sie die drei Z. Johnsons aufgerufen hatte, nahm sie ihr Handy, ging ins Bad und rief die erste Nummer an.
Nervös wartete sie, dass sich jemand meldete, doch eine automatische Ansage teilte ihr mit, dass die Nummer nicht existierte. Bei der zweiten Nummer ging niemand dran, nicht mal ein Anrufbeantworter, doch bei der dritten meldete sich eine verschlafene Frauenstimme. »Hallo?«
»Mrs. Johnson?«
»Ja.«
Wird schon schiefgehen!,
ermutigte sich Ava und redete einfach drauflos. »Mein Name ist Ava Garrison. Bitte entschuldigen Sie die späte Störung, aber ich hoffe, Sie können mir etwas über Tracey erzählen.«
Schweigen.
»Ich nehme an, sie war Ihre Tochter.«
»Was sagten Sie, wer spricht dort?«, fragte die Frau. »Warum rufen Sie mich an?«
»Ich weiß, dass das schwer für Sie ist, doch ich vermute, dass Tracey die leibliche Mutter meines Adoptivsohnes ist.«
»Wie bitte? Nein!«
Klick.
Die Leitung war tot.
»Mist.« Ava wählte erneut, und diesmal ging ein Mann dran.
Noch bevor sie etwas sagen konnte, bellte er: »Lassen Sie uns in Ruhe. Ich habe keine Ahnung, was Sie wollen, aber Sie sollten unsere Tochter in Frieden ruhen lassen.«
»Bitte, bitte, legen Sie nicht auf. Mein Sohn ist verschwunden, seit zwei Jahren schon, und ich habe gerade erst herausgefunden, dass Tracey vielleicht seine leibliche Mutter war. Könnten Sie mir weiterhelfen, bitte?«
Eine Pause, dann ein langer Seufzer. »Es tut mir leid, junge Frau, aber das ist zu schmerzhaft für uns.«
»Ich verstehe«, erwiderte sie verzagt, »Sie haben mein aufrichtiges Mitgefühl, doch auch ich habe
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