T93 Band 1: Überlebe!
und roch frisch gewaschen, ein Aroma von Fliederblüten, das sie schon so lange nicht mehr wahrgenommen hatte, trug sie hinüber in eine traumlose Nacht.
Jahr Eins. 15. März, Nacht
Kurz nach Mitternacht fand sich Alex im Verwaltungstrakt der Festung im Büro des Kommandanten wieder. Dieser hatte inzwischen eine Habanos Cohiba zwischen den Zähnen, auch dem Oberstleutnant war es erlaubt, zu rauchen. Der begnügte sich jedoch mit einer Filterzigarette. Der Generalmajor war guter Dinge, in fast schon väterlichem Ton sprach er mit Alex.
»Sie haben sich ein wenig in die junge Dame verguckt, was, Berger?«
»Na ja, wir sind uns ein wenig nähergekommen ...«, fing Alex an, der Vorgesetzte unterbrach ihn jedoch.
»Ein wenig. Wahrscheinlich ist es unmöglich, dass sich zwei Menschen noch näher kommen als sie beide, oder irre ich mich? Sagen Sie nichts, Sie müssen sich auch nicht rechtfertigen. Aber, falls Sie meinen Rat hören wollen: Achten Sie darauf, dass da nicht so eine Art Stockholm-Syndrom draus wird.«
Eigentlich besagte der Begriff Stockholm-Syndrom in Anlehnung an den Überfall auf die Kreidtbanken im August 1973 das genaue Gegenteil dessen, was der Generalmajor auszudrücken versuchte, nämlich die emotionale Bindung einer Geisel an die Geiselnehmer, nicht an die Retter. Aber Alex würde sich hüten, den Kommandanten zu verbessern. Gärtner fuhr ungehindert fort.
»Ob Sie mit der Kleinen was anfangen, das ist Ihre private Entscheidung, Berger. Aber das läuft nicht vor der Truppe. Von mir aus schleichen Sie abends über den Gang und bürsten Sie das Mädel ordentlich durch, wenn Ihnen danach ist. Ich habe die Überwachung in den Gästequartieren sowieso gerade abschalten lassen, nachdem mir zu Ohren kam, dass gewisse Operators schon Wetten annahmen über die Farbe des Höschens, das Madame morgen tragen wird. Also, die Sache ist privat und sie bleibt es auch. Haben wir uns da verstanden?«
»Aber natürlich, Herr Generalmajor. Zu Befehl.«
»Papperlapapp, Befehl. Ich finde es ja in Ordnung, dass Frau Radler hier einen Freund hat, eine Person, der sie auch mal das Herz ausschütten kann, wenn es Zoff gibt oder etwas nicht rund läuft. Und diese Person sind halt Sie, Berger. Aber, und das sollte Ihnen klar sein, Sie sind in erster Linie Soldat unserer Streitkräfte, erst in zweiter Linie der Stecher von der Kleinen. Wenn es also etwas gibt, das ich wissen sollte, dann erfahre ich es auch. Habe ich mich da klar genug ausgedrückt?«
»Selbstverständlich, Herr Generalmajor. Völlig klar.«
Der Kommandant streifte konzentriert die Asche von seinem Lungentorpedo ab. Dann zog er genüsslich an der Zigarre und hüllte sich in aromatische Rauchschwaden.
»Gut. Kommen wir zur eigentlichen Sache. Der Professor sagte mir, er braucht für die Tests einige Versuchskaninchen vom Festland. Sie bekommen von mir ein gut gerüstetes CSAR-Team an die Hand und werden mir zwei Dutzend Zeds fangen, lebend, na ja, oder wie immer man das nennen soll. Auf jeden Fall mit Kopf und aktiv. Sie wissen schon. Sie bekommen eine Transall, deren Ladebucht in diesem Moment für den Transport der Ware modifiziert wird, getrennte Stahlkäfige für die Viecher, damit sie sich nicht unterwegs gegenseitig auffressen. Zur Sonderausstattung bekommen Sie zusätzlich Stahlgewebenetze und verstärkte Hand- und Fußfesseln.«
»Wer ist im Team?«
»Meyer, Falkner, Turels, Habermann, Gräfeling und ein Sicherungszug für die Maschine.«
»Gute Leute.«
»Sie starten am Mittag, gehen in Jagel runter und organisieren auf dem Flugplatz Fahrzeuge. Die Aufklärung hat den Bereich als relativ sicher bezeichnet, Transportmittel und Kraftstoff sind vor Ort verfügbar. In der Dunkelheit rücken Sie nach Schleswig vor, holen sich dort unsere Versuchskaninchen und rücken wieder ab. Achten Sie darauf, welche in verschiedenen Entwicklungsstadien dabei zu haben, die Hälfte sollte von der aggressiven Art sein. Sie können sich alle Zeit nehmen, die Sie brauchen, nur besorgen Sie uns gutes Material und versuchen Sie, vollzählig zu bleiben. Wenn Sie zurück sind, landet der Pilot auf der nördlichen Bahn und fährt die Maschine in den Hangar, der als Quarantäne eingerichtet ist. Unsere Ärzte haben ein hoch aktives Antibiotikum entwickelt, dass Ihr Team gegen Tröpfcheninfektion schützen kann, aber ein Biss ...«
Er sprach nicht weiter, zog an der Zigarre. Alex wusste, was ein Biss bedeutete. Sofortige Erschießung.
Zur Sonderausstattung gehörten
Weitere Kostenlose Bücher