Taberna Libraria
oder?" Emma schob entschlossen das Kinn vor. "Wenn Lamassar nicht das Handwerk gelegt wird, dann wird er für alle Zeiten eine Bedrohung bleiben. Wir müssten immer Angst davor haben, dass etwas in diese Welt dringt, das böse ist. Das ihr schaden will. Was würden die Menschen gegen Wesen tun, an die sie nicht einmal glauben? Was sollen moderne Maschinen gegen eine Magie ausrichten, die wir nicht verstehen? Dieser drohende Schatten, der über uns schweben würde und vor allem über jenen, die aus deiner Welt stammen - das will ich nicht. Wir haben jetzt die Möglichkeit, es zu verhindern. Einen Teil dazu beizutragen, dass Lamassar nicht gewinnt. Dass seine Spione in dieser Welt ihm alle Informationen beschaffen können, die sie wollen, aber die ihm nicht helfen werden. Ich möchte unserem Kind später einmal erzählen können, das es da mal einen bösen Magier gab, der alle Macht an sich reißen wollte - aber dass nun keiner mehr wegen ihm eine schlaflose Nacht verbringen muss."
Albian musterte seine Frau skeptisch, aber auch eine Spur nachdenklicher als zuvor. "Aber wenn wir uns jetzt gegen ihn stellen, dann wird er erst recht aufmerksam auf uns. Und wie soll ich dich vor seinen Schergen schützen? Dich und den Kleinen?"
"Wir sind auf seiner Liste vermutlich ganz weit unten", hielt Emma dagegen, ohne auf seine Frage einzugehen. "Und ich bin mir sicher, dass Angriff in diesem Fall die beste Verteidigung ist, die wir haben."
"Hast du denn kein bisschen Angst vor den Feuerwölfen?", fragte Corrie.
Emma zuckte die Schultern. "Manchmal muss man eben etwas riskieren, oder? Und einfach dasitzen und Nichtstun ist nicht meine Art."
Albian nickte langsam. "Offenbar habe ich die Amazone in dir unterschätzt. Aber wenn du kämpfen möchtest", er lächelte versöhnlich, "dann werden wir das tun. Zumindest ich. Und nun ist es erst einmal genug davon." Er stieß sich vom Schrank ab und wollte sich gerade zu ihnen setzen, als hinter ihnen eine der Apparaturen einen lauten Knall von sich gab. Eine tintenblaue Wolke senkte sich auf die Arbeitsfläche hinab, wo sie sich zögernd auflöste.
Mit dem Küchentuch in der Linken stürzte der Alchimist zu dem Brenner und zog mit spitzen Fingern den Tiegel vom Dreibein. Dann nahm er das Becherglas am anderen Ende des Röhrengebildes hoch und hielt es prüfend gegen das Licht. Das Destillat darin war vollkommen klar. "Das könnte geklappt haben." Er wandte sich einem weiteren Kessel zu, der über einer niedrigen Gasbrennerflamme stand und runzelte die Stirn. "Euch habe ich ja noch gar nicht miteinander bekannt gemacht! Wie konnte ich das vergessen?"
Erst jetzt sahen Corrie und Silvana, die seinen Bewegungen gefolgt waren, dass neben dem Kessel ein großer, dürrer Feldhase saß und geduldig rührte, während er in einem neben ihm liegenden Buch las.
"Hast du etwas gesagt, Albian?", näselte er, als er den Alchimisten neben sich bemerkte.
"Ich wollte dich gerade unseren Gästen vorstellen." Albian wies auf die beiden Freundinnen. "Corrie und Silvana. Aus dem neuen Buchladen, wo wir demnächst neue Literatur für dich kaufen können."
Der Feldhase strich sich daraufhin mit einem Räuspern über seinen fransigen Latz und neigte den Kopf, wobei seine großen Ohren verspielt wippten. "Whitberry mein Name. Sehr erfreut." Er sah zu dem Becherglas in Albians Hand. "Unterrühren?"
"Wenn es dir nichts ausmacht?"
Whitberry schüttelte den Kopf. "Immer rein damit. Ich bin ohnehin gerade an einer überaus spannenden Stelle." Er klopfte mit der Hinterpfote auf das Buch.
"Ein sprechender, lesender Feldhase?", fragte Silvana fasziniert.
"Mein Fehler", gestand Emma und errötete leicht. "Ich habe ein Glas mit einer von Albians Mixturen von der Fensterbank gestoßen und es fiel in den Garten. Abends klopfte dann Whitty an die Scheibe."
"Ich habe einfach nur Klee gefressen", erklärte der Hase, ohne von der Buchseite aufzusehen. "Und dann auf einmal - konnte ich denken wie ein Mensch. Und so sprechen. Emma hat mir dann auch das Lesen beigebracht."
"Vor nicht ganz drei Monaten."
Albian seufzte. "Und jetzt hat er schon die Hälfte der Bücher im Wohnzimmer durch."
"Das gibt es ja gar nicht. Aber ich bin sicher, dass wir noch genügend Lesestoff finden werden." Silvana machte ein Gesicht, als würde sie im Geiste schon die Regale der
Taberna
nach brauchbarer Lektüre für Whitberry durchforsten.
Emma warf derweil einen kurzen Blick auf eine der insgesamt fünf Uhren, die überall in der Küche
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