Tablettenfee
Boxen ›Woki mit deim Popo‹ den Hit der Trackshittaz nachgesungen.
Schweiß begann sich auf Udos Stirn zu sammeln, dabei war es im Zimmer gar nicht heiß.
»Du machst einen Scherz?«
»Warum sollte ich das? Du warst der Burner des Abends. Das war so endgeil. Die Leute sind fast ausgeflippt. Die halbe Disko hat mitgemacht. Du warst ein Held.«
›Zsccchhhh! Blop!‹
Wieder starb eine Kaugummiblase auf Biancas Lippen.
»Der Burner. Endgeil …« Udo murmelte ein paar der Worte, die er eben gehört hatte, nach und starrte den Fußboden an.
»Jo! Der Burner. Und weil du mich so lieb getröstet hast und so richtig fett Gas gegeben hast – habe ich dich auch mit zu mir nach Hause genommen. Wo …« Bianca schmunzelte.
»Wo?« drängte Udo.
»Wo ich dich dann gleich zwei Mal in mein Innerstes vorgelassen habe.«
»Du meinst in deine Wohnung?«
»Das auch. Aber sagte ich nicht zweimal?«, war Biancas neckische Gegenfrage. Udo schluckte.
Diese junge hübsche Frau musste von jemand anders sprechen.
»Ja. Hast du. Heißt das ... Äh ... wie soll ich sagen … dass wir … äh …«
»Dass wir miteinander geschlafen haben? Ja, das heißt es.«
Aha. Und was hatte er noch so gemacht, an das er sich nicht mehr erinnern konnte? Und zum Teil lieber doch nicht erfahren wollte? Andererseits, schade dass er sich nicht erinnern konnte. Udo war echt ein wenig erschüttert, wenn auch sehr glücklich über die Tatsache, dass er sich über sein ›erstes Mal‹ mit Bianca nicht mehr den Kopf zerbrechen musste.
»Und du hast die ganze Zeit gesagt, wie sehr du auf meine Brüste stehst! Was ich verstehe, die sind wirklich toll«, sprach sie, während sie mit beiden Händen kurz ihre Brüste fest in die Hand nahm.
Udo merkte, dass wieder Platzmangel in der Hose zu herrschen begann. Themenwechsel bitte!
»Deswegen habe ich sie auch beim Bus rausgezeigt, als ich gemerkt habe, dass du mich irgendwie nicht zuordnen konntest. Ich dachte ja schon – und war echt schwer beleidigt – dass du mich verarschen wolltest und nur so getan hast, als könntest du dich nicht erinnern.
Aber jetzt weiß ich ja, was geschehen ist. Aber siehst du – das ist Schicksal! Wenn es so sein soll, so wird es auch so sein. Ich finde, so ein fatalistischer Ansatz, der hat schon was. Zeigt sich immer wieder.«
Udo war mit den Gedanken eben wieder in Biancas ihm unbekannter Wohnung und malte sich aus, wie sie den Abend verbracht hatten, dennoch fügte er Biancas Ausführungen ein »Da hast du sicher Recht« hinzu.
Das war einer von Udos Lieblingsstehsätzen, gleich nach ›Geht es uns nicht allen so?‹. Damit konnte man ohne Ende redundant sein. Bianca gab Udo noch einen Kuss auf den Mund.
Sie kniff ihn zart in den Schritt und mit einem »Bleib sauber! Bin bald wieder bei dir« verließ sie das Zimmer.
Udo blieb mit gemischten Gefühlen zurück.
Nachdem er seine Morgentoilette hinter sich gebrachte hatte, zappte er ein wenig durch das miese Sat-Morgenprogramm. Eine Frechheit, was die da so boten. Er hatte sich längere Zeit einem aalglatten Kerl im Tele-Shopping-Channel gewidmet. Dieser Typ versuchte angeblich seltene und wertvolle – weil angeblich limitierte – Porzellanengel an den Mann, beziehungsweise sicherlich eher an die Frau zu bringen. Udo würde diesen Typen nicht mal auf eine Schneestange aufpassen lassen. Im Minutentakt verkündete dieser, dass schon wieder fünfzig Stück verkauft wurden und man sich echt keine Zeit lassen durfte. Sofern man eines dieser ›Must-Haves‹ ergattern wollte. Irgendetwas stieß Udo sauer auf. Im Moment aber war ihm noch nicht klar geworden, was es war. Anfangs dachte er, es wäre der Moderator, der all seine Antipathie verdiente.
Gleich danach widmete er sich, nach einem weiteren Drücken auf den Programm-Taster der Fernbedienung, einem tollen neuen ›Call-In-Quiz‹. Waren die jetzt auch schon unter Tags? Oh mein Gott!
Aber auch hier blieb das komische Gefühl. Nach fünf Minuten griff sich Udo auf die Stirn. Jetzt wusste er, was ihn so störte. Mehr noch als das Quiz selbst war es der Name von diesem Quiz. Warum verdammt nochmal konnte man nicht ›Mitmach-Quiz‹ sagen? Oder ›Superding‹ anstatt ›Must-Have‹. Auch hier stieß ihm dieser importierte Anglizismus sauer auf. Dass die gesuchten ›Tiere mit A‹ weder Ameise noch Adler noch Antilope hießen, aber auch nicht Ameisenbär oder Alligator– war ihm klar. Schließlich mussten genug Vollpfosten anrufen, damit die mit ihren
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