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Tablettenfee

Tablettenfee

Titel: Tablettenfee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter K. Kubicza
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neunundneunzig Cent pro Anruf auf ihre Rechnung kamen. Die Lösung war dann sicher eine Wortkomposition, die kein Mensch zuvor gehört hatte. Aalhai oder irgendwas ähnlich Bescheuertes. Ein weiteres Mal forderte die halbnackte Moderatorin die Leute auf, ihre ›Phones‹ rauszuholen und ihre ›Votes‹ abzugeben, um das ›Cash‹ zu kassieren. Waaah! Was war aus der guten deutschen Sprache geworden? Udo zappte weiter zum Sportkanal – aber auch hier war es nicht besser. Keiner schoss mehr ein Tor. Nein, kein Tor. Das war jetzt ein ›Goal‹! Aber wenn das ein ›Goal‹ war, wie hieß dann der seinerzeitige kleine Orangensaft von Hofer im nullkommazweier Tetra Pak? Oder hatte man die Produktion desselben wegen der Namensgleichheit eingestellt? Udo runzelte die Stirn.
    Und dann kamen natürlich noch der ›Goalgetter‹ und der ›Goalkeeper‹. ›Whatever!‹, dachte Udo und drückte so schnell er konnte die ›Standby‹-Taste auf der Fernbedienung. Toll! Warum war das eigentlich nicht die ›Warten‹-Taste? Udo legte die Fernbedienung aufs Nachtkästchen. Genau in dem Moment läutete sein Handy. Aber wo war es? Nachdem Bianca jetzt aufs Neue in sein Leben geplatzt war, war die erste große iPhone-Aufregung verflogen. Ja, wie weggeblasen. Kleines Wortspiel – Udo musste lachen.
    Das Telefon aber läutete unbeirrt weiter. Das Läuten kam aus dem Kasten. Leise, aber doch hörbar. Nachdem Udo jedoch die maximale Lautstärke eingestellt hatte musste es schon ziemlich begraben sein, dass der Ton so gedämpft war.
    »I see the bad moon arising. I see trouble on the way« , hörte er es nun dudeln. Mittlerweile hatte er seine Tasche aufgehoben, die er gestern Abend noch in den Kasten gestopft hatte. In einer der Seitentaschen war sein Handy untergebracht. »I see earthquakes and lightnin´. I see bad times today.« Ja, er hatte richtig gehört. Creedence Clearwater Revival verkündeten mittels Klingelton Unheil und er wusste, was das bedeutete: Leitner! Gestern noch hatte er Leitner diesen unikaten Klingelton zugewiesen, damit er sofort über die telefonische Anwesenheit des Leibhaftigen informiert war. Gut, jetzt hatte er gedanklich übertrieben, aber seine Sympathien für Leitner und den Leibhaftigen waren sicherlich in derselben Kategorie angesiedelt.
    Der Klingelton startete nochmal von vorne und Udo wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte abzuheben, bevor es Leitner auf seine Mailbox befördern würde. In seine Mailbox, in der er in schönstem gebrochenem Russen-Deutsch »DU SPRECHEN JETZT!« als Ansage raufgesprochen hatte. Er konnte sich jetzt schon Leitners Gemütszustand vorstellen, wenn er ihn erst nicht erreichte und dann noch mit diesem Ansagetext begrüßt wurde. Das musste er verhindern, aber kaum hatte er das Handy in der Hand, war der Klingelton aus. Gebannt starrte er aufs Display.
    ›1 Anruf in Abwesenheit‹ stand nun am Display und Udo wusste, dass das Schicksal seinen Weg ging. Gott hatte eine sehr eigenwillige Art von Humor. Er starrte weiter regungslos auf das Display.
    Da – nach wenigen Sekunden. ›BLING!‹
    ›Sie haben eine neue Nachricht.‹ Ach ne.
    Udo hörte seine Voice-Mailbox ab.
    »Was zum Teufel …? Weikert? Ist das Ihr Handy? Ich gehe davon aus, dass das Ihr Handy ist. Wer würde sonst auf so eine schwachsinnige Ansage kommen? Rufen Sie mich zurück! Hier ist Ingenieur Leitner. Auch wenn Sie es sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen können – aber Ihr Arbeitgeber wäre gerne informiert, wie es Ihnen geht und wann Sie wiederkommen.« ›KLICK!‹
    Wortlos und ohne jede Verabschiedungsfloskel hatte er das Gespräch mit dem Anrufbeantworter beendet. Charmant wie immer. Udo überlegte, ob er zurückrufen sollte – kam aber zu dem Schluss, dass es echt dämlich aussehen musste, wenn er eben nicht abgehoben hatte. Da war es schon besser erst später zurückzurufen. Außerdem wollte er erst etwas Gutes frühstücken, anstatt sich jetzt mit dem Leitner rumzuquälen. Der Hunger forderte seinen Tribut ein.
    Udo legte das Handy neben die Fernbedienung aufs Nachtkästchen und zog sich einen Morgenmantel an. Er schlich zur Tür, öffnete sie einen kleinen Spalt breit und spähte auf Höhe des Türgriffs, mit zerzausten Haaren und in gebückter Haltung wie Quasimodo, hinaus auf den Gang. Sinn dieser Aktion war es zu erspähen, ob das Frühstück schon im Anrollen war. Es war im ›Anrollen‹! Im wahrsten Sinn des Wortes. Denn was er sah, war die weiße Hose einer Schwester oder

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