Tablettenfee
ihm aufgefallen, dass auch dieser Teil der Wohnung gar nicht mehr seiner war. Nach dem Playstation-Trauma von vorhin, der Pfannkuchen-Beschwichtigung von eben und weil sein Kopf noch irgendwie mit Sexualhormonen zugedröhnt war, war ihm auch das erst gar nicht aufgefallen. Erst jetzt bemerkte er, dass auch die Küche seiner alten gar nicht mehr glich. Da waren Blumen auf der Fensterbank und die verknüllten Gewürztüten waren weg. Die Tüten hatte er unlängst gekauft, als er nach einer Jamie Oliver-Fernsehsendung beschlossen hatte, ab sofort selbst zu kochen. Leider reichte beschließen nicht, dies auch in die Tat umzusetzen. Nun aber waren die Tütchen verschwunden. Scheinbar hatte Bianca deren Inhalt umgefüllt. Denn die verknüllten Tütchen hatten kleinen charmanten Gewürzspendern im weißen quadratischen Design Platz gemacht.
Auch der Stoß Altpapier hinter der Tür war verschwunden. Udo staunte. Das hatte Bianca wirklich toll gemacht. War er wirklich nur einen Tag lang weg gewesen?
Bianca war wieder zurückgekehrt und riss Udo zurück ins Hier und Jetzt und beendete abermals die peinliche Stille.
»Wollen Sie Ihren Kaffee mit oder ohne Zucker und Milch?«
Die Hausmeisterin drehte sich zu ihr um.
»Mit beidem, mein Kind. Danke.«
»Aber nehmen Sie doch erst mal Platz!«
Jetzt erst bemerkte Udo, dass die olle Hausmeisterin tatsächlich immer noch wie verloren rumstand. Nun setzte sich die Hausmeisterin aber neben Udo auf die Eckbank. Der Tisch war so klein, dass es im Prinzip egal war, wo sie sich hingesetzt hätte. Sie wäre immer neben Udo gesessen. Anscheinend schien die Nähe ein wenig das Eis zu brechen, denn sie lächelte ihn an und tätschelte seine Hand.
»Aber Herr Weikert, ich muss schon sagen, Sie sind ein Schlingel.
Es hat ja gar keiner gewusst von Ihrer charmanten Freundin.
Wie lange sind Sie eigentlich schon zusammen?«
Uuuuiiiii. Seit gestern klingt wohl nicht so toll.
Aber wieder rettete Bianca die Situation, denn sie log. Eiskalt und beinhart ohne mit der Wimper zu zucken.
»Zusammen sind wir nun schon seit über einem halben Jahr. Aber gerade erst gestern hat mich mein Schatzi gefragt, ob ich nicht bei ihm einziehen will.« Udo nickte, wenn auch sein dämlicher Gesichtsausdruck nicht gerade mit Überzeugung bestach.
»Ach so, na eben. Hach – ist das süß. Sie werden sehen, mit einer Frau im Haus ist alles anders. Besser, meine ich.«
Was sonst konnte Udo tun, als dies zu bestätigen?
Besser – hm – jemand, der nicht Playstation zockte, würde dies wohl aus einem anderen Blickwinkel sehen.
Im Hintergrund gurgelte der erste Tropfen Kaffee durch die Maschine.
Sein guter Hausgeist schien schon alles gestartet zu haben. Udo besaß nur eine alte 15,--Euro-Sonderangebot-Kaffeemaschine, die er einmal, eher aus Jux, bei einem Elektrodiskounter gekauft hatte. Er trank selbst zu Hause selten bis nie Kaffee, wollte aber doch eine zu Hause haben für den Fall der Fälle. Der Fall schien soeben eingetreten zu sein. Wenn er sich recht erinnern konnte, sogar zum allerersten Mal. Den Kaffee musste auch der blonde Engel gekauft haben, denn seiner war bestimmt seit ewigen Zeiten verdorben.
Ja, Bianca hatte sich um alles gekümmert.
Der Kaffee schmeckte ausgezeichnet. Auch der Hausmeisterin schien er zu munden.
Auf jeden Fall war jeder einzelne Schluck von ihr von lautem Schlürfen begleitet. »Wirklich, sehr köstlich …«
Okay, da war die Bestätigung.
Bis dato war alles harmlos dahingeplätschert. Man sprach über das Wetter, die Jahreszeiten, die Zeitumstellung und alles andere, was belang- und harmlos zu sein schien. Doch nun war wieder Stille eingekehrt. Der Hausmeisterin schien etwas auf der Zunge zu brennen. Man sah, wie sie überlegte. Ob sie denn nun … – doch, sie entschied sich dann anscheinend doch dazu.
Die Alte grinste Udo mit reuigem Blick an.
»Und wir dachten schon, Sie wären schwul.«
›Hrcccchhh …‹ Udo verschluckte sich an seiner Spucke.
»Wie bitte ...?«
»Naja, nichts für ungut, Herr Weikert, aber der einzige Besuch, der regelmäßig zu Ihnen kam, war dieser junge Mann, mit dem gelben Auto. Und manchmal blieb er auch über Nacht. Stimmt´s …?«
»Ja schon, aber deswegen …«
Die Alte grinste und tätschelte seine Hand.
»Jetzt brauchen Sie mir nichts mehr zu erklären, aber bitte verstehen Sie, da geht manchmal die Phantasie mit uns alten Leuten durch.«
Na toll, deswegen hatte sie ihn immer beäugt. Er und Schnibbi – ein schwules
Weitere Kostenlose Bücher