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Tabu: Roman (German Edition)

Tabu: Roman (German Edition)

Titel: Tabu: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferdinand von Schirach
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hinunter. Zwischen den Rohren lag ein Fuchs, sein Fell war nass und voller Sand. Er starrte den toten Fuchs an und dann glaubte er, der Fuchs starre ihn an.

20
    Als Eschburg am nächsten Morgen ins Atelier kam, saß Sofia schon am Arbeitstisch.
    »›Majas Männer‹ wurde gestern verkauft«, sagte sie. »Ein Japaner. Du bist jetzt reich.« Sie lachte.
    Die Eisenhaken waren noch in der Wand des Studios.
    »Ohne dich wäre das nie gegangen«, sagte er.
    Sie sah glücklich und müde aus.
    »Sollen wir wegfahren?«, fragte er. »Wir könnten ein Haus auf Mallorca mieten.«
    »Ja«, sagte sie.
    Sie hatten die letzten Nächte vor der Ausstellung kaum geschlafen. Sofia setzte sich an den Computer, um Ferienhäuser zu suchen. Früh am nächsten Tag flogen sie.
    Sie mieteten einen Wagen am Flughafen und fuhren über die Schnellstraße nach Santanyí im Südosten der Insel. Die Klimaanlage war defekt, Sofia band sich ein Tuch um die Haare und ließ das Fenster herunter. Die Luft war salzig und heiß. Sie hielten in Llucmajor.
    Der Espresso im Café Colon war verbrannt, Marktfrauen redeten an der Bar durcheinander, der Spielautomat lief. Sie kauften ein paar Sachen in einem Lebensmittelgeschäft und stiegen wieder in den Wagen. Hinter S’Alqueria Blanca bogen sie von der Hauptstraße ab und fuhren zwischen engen Mauern hoch zum Haus.
    Am Abend rösteten sie dunkles Brot und rieben es mit Olivenöl, Tomaten und Knoblauch ein. Das Meer war fast zwei Kilometer entfernt, aber noch hier oben roch es nach Algen. Sie saßen auf der Terrasse, über die Mandelbäume und Aleppokiefern konnten sie in die Ebene sehen und weiter bis zum Meer. Die Erde war vom Eisenoxid rot.
    Er wachte von der Fehlzündung eines Motorrads auf, irgendwo unten auf der Straße. Sofia lag nicht mehr neben ihm. Er ging in den Garten. Sie saß auf einem Liegestuhl neben dem Pool.
    »Vielleicht sind das die letzten Tage«, sagte sie.
    Er sah sie an. Das Licht der Unterwasserbeleuchtung des Pools war grün-blau.
    »Was meinst du?« Er war wach und gleichzeitig stumpf. Er wollte zurück ins Bett.
    »Ich habe Angst, dass du nicht mehr da bist. Und ich habe Angst vor deinen Phantasien. Es ist so anstrengend, dich zu lieben.« Sie schwieg und Eschburg schwieg. Dann sagte sie: »Wer bist du, Sebastian?«
    Eschburg stand auf und holte eine Flasche Wasser. Als er zurückkam, hatte sich das Licht im Pool abgeschaltet. Er legte sich zu ihr, umfasste mit einer Hand ihren Nacken und schloss die Augen. Er dachte an die Farbe der Haferkörner, die er mit zwei Fingern von den Halmen gezogen hatte, und an die Farbe des Schilfs am Bootshaus, der scharf war und in die Beine schnitt.
    »Du bist immer noch fremd«, sagte sie.
    »Es tut mir leid«, sagte Eschburg. Weit draußen sah er die Schiffe, die wandernden Lichter, Bernstein, Achat und Karneol, und dann wartete er auf die Stille zwischen den Sätzen, sein einziges Maß der Nähe zu einem anderen Menschen.
    In der Nacht brachte der Wind den Sand aus Afrika und am Morgen war alles von einer dünnen blass-gelben Schicht überzogen.

21
    Nach einer Woche flogen sie getrennt zurück, Sofia musste nach Paris, Eschburg wollte nach Berlin. Am Flughafen nahm er ein Taxi in die Linienstraße.
    Er trug seinen Koffer in den ersten Stock. Die Tür seiner Nachbarin stand weit offen. Eschburg sah in die Wohnung. Sie war fast leer, nur ein Sofa und ein kleiner Tisch standen in der Mitte des Raumes.
    Auf dem Sofa lag eine Frau. Sie war nackt. Eschburg konnte ihr Gesicht nicht sehen, sie hatte ihren Kopf über die Armlehne des Sofas gelegt und bewegte sich nicht. Einen kurzen Moment lang dachte er, die Frau sei tot. Er wollte zu ihr gehen, aber in diesem Moment trat Senja Finks vor ihn. Sie hatte neben der Tür gestanden. Sie nickte Eschburg zu, langsam und ernst. Dann legte sie ihre rechte Hand auf seine Brust, schob ihn sanft zurück auf den Flur und schloss die schwere Tür. Sie sprach kein Wort.
    Eschburg ging in seine Wohnung, packte die Koffer aus und legte sich ins Bett. Er schlief unruhig. Als er gegen fünf Uhr nachts aufwachte, spürte er, dass er nicht alleine war. Die Wohnung lag im Dunkeln. Er wartete mit geschlossenen Augen, er bewegte sich nicht. Plötzlich roch es nach Zedern. Und dann spürte er ihren Atem auf seinem Gesicht.

22
    In den nächsten Tagen räumte Eschburg das Atelier auf. Er strich die Stellwände, erledigte die Post, nahm seine Kameras auseinander und reinigte sie, er telefonierte mit seinem Galeristen und

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