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Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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darum. Verklebt die Nase. Immer rundum. Das Klebeband verursacht ein reißendes Geräusch. Sie schreit, schüttelt den Kopf, kämpft mit ihren gefesselten Händen, aber er ist stärker als sie. Als das Klebeband ihren Mund erreicht, reißt sie ihn so weit auf, wie sie kann. Aber er klebt den offenen Mund einfach zu. Rund und rund.
    Dann lässt er sie los.
    Durch ein paar Schlitze saugt sie winzige Mengen Luft ein. Aber nicht genug. Bei Weitem nicht genug.
    Es vergeht eine Minute.
    Anderthalb.
    Ihre Finger öffnen und schließen sich. Sie lehnt den Kopf nach hinten. Sie sehen nur das Weiße in ihren Augen.
    Zwei Minuten.
    Zweieinhalb.
    Sie kippt auf die Seite. Der Kopf trifft mit einem dumpfen Schlag gegen die Wand.
     
    O Gott!, dachte Kristin. O mein Gott! Sie machte einen Schritt nach hinten und stieß gegen Wolter, der sie festhielt. Sie schob einen Knöchel in den Mund und biss hart zu.
    »Kristin?«, fragte Skaug.
    »Das bin ich!«, wimmerte sie.
    Wolter und Skaug sahen sie verwirrt an. Vang machte einen Schritt auf sie zu.
    »Du?«, sagte Wolter. »Das ist doch die gleiche Frau wie auf…«
    »Am Telefon!«, schrie sie. »Das war ich, mit der sie am Telefon gesprochen hat!«
    Auf dem Gymnasium hatte er einer Clique angehört, die sich »der Klan« nannte. Dort hatte er auch Linda kennengelernt. An den Wochenenden rauchten sie schon mal Hasch, und in warmen Sommernächten fuhren sie zum Nacktbaden an den Ingierstrand. Sie waren etwas zu jung, um Hippies zu sein, versuchten es aber, so gut es ging. Sie meditierten ein bisschen, und einige der Mädchen hatten gelernt, Horoskope zu erstellen. Manchmal hielten sie abends Séancen ab. Eines der Mädchen – er erinnerte sich gut an sie, sie hieß Ann-Reidun und war ein klapperdürres Nervenbündel – behauptete von sich, ein waschechtes Medium zu sein und in telepathischem Kontakt zu einem Geist namens Gowdie zu stehen. Oder so ähnlich. Er hatte diesen Kram nie geglaubt, war aber trotzdem von der okkulten Mythologie des Klans gefangen gewesen. Den Gedankenspielen. Der Spannung. Den monotonen Stimmen im Dunkel. Dem Duft des Rauches. Dem Hasch. Eine Zeit lang war er richtig besessen, doch dann hatte er all das hinter sich gelassen. Mit Ausnahme von Linda, natürlich.
     
    Linda! Hübsche, dumme Linda. Sie lacht ihn von der Leinwand aus an. Versteckt ihr Gesicht, spritzt ihm Wasser entgegen, zieht den Duschvorhang zu. Die Konturen ihres Körpers durch das Plastik. Und plötzlich: die Nymphe, schlafend im Wasser, festgehalten in ihrer ewigen Jugend.
    Es ist dunkel im Zimmer. Der Super-8-Projektor steht neben ihm auf dem Tisch, die Front auf vier Büchern. Die Leinwand hängt an dem wackeligen Gestell.
    Diese alten Super-8-Filme haben etwas ganz Besonderes. Das knatternde Geräusch des Projektors. Der Geruch der glühend heißen Lampe. Die ruckhaften Bewegungen, wie in alten Stummfilmen.
    Nach Linda kam das Mädchen im Vesletjern und dann Mona.
     
    Nach Mona hatte er sich eine Videokamera gekauft. Einfacher zu handhaben, sicherer. Aber nicht mehr so magisch wie die Super- 8-Filme.
    Die Erste, die er damit gefilmt hatte, war Eirin. Seltsame, süße, liebe Eirin! Sie hatte wirklich geglaubt, ihn bekehren zu können. Sie hatte nichts verstanden. Er hatte sie gefragt, ob sie mit ihm eine Bootstour machen wolle, und sie hatte zugesagt, weil sie wohl ein bisschen in ihn verliebt war und dachte, ihn zum Glauben führen zu können. Sie hatten über Gott und die Bibel geredet, und als er sie küsste, hatte sie geglaubt, ihn überzeugt zu haben.
     
    Er war mit Shere Khan beim Tierarzt. Der wusste auch nicht, was es sein konnte, stimmte ihm aber zu, dass der Kater krank sei. Shere Khan hat eine Woche lang nichts gefressen. Seine Augen sind matt, und er haart schrecklich. Der Tierarzt hat ein paar Proben genommen und ihm eine Aufbauspritze gegeben. Anschließend war er mit Shere Khan im Park. Der Kater liebte den Park. Dort konnte er Tauben auflauern, sich im Gras wälzen und versuchen, Schmetterlinge zu fangen. Doch dieses Mal wollte er sein Körbchen nicht verlassen.
    Er hatte es ins Gras gestellt, doch Shere Khan hatte bloß den Kopf gehoben und war dann wieder in sich zusammengesunken.
    Da hatte er zu weinen begonnen. Hatte sich abgewendet und sein Gesicht verborgen, damit niemand ihn so sah. Shere Khan hatte mit seinen ausdruckslosen Augen zu ihm aufgeblickt.

Teuflisches Spiel

1
    Der Polizeiwagen rauschte mit lauten Sirenen und Blaulicht durch die Straßen der Innenstadt.

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