Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tabu: Thriller

Tabu: Thriller

Titel: Tabu: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
mit leuchtenden Augen angesehen und gefragt: »Entschuldigen Sie, Fremder, Sie haben nicht zufällig einen Golden Retriever gesehen?«
    Fremder. Sie war so süß.
    Und er hatte ganz automatisch geantwortet: »Ach – gehört der Ihnen? So was, da haben Sie aber Glück. Er ist in meinem Auto, ich wollte ihn gerade zur Polizei bringen.«
    Genau wie in Der Sammler .
    »Na, so ein Glück!«, hatte sie geantwortet, mit glitzernden Augen. Es war so einfach gewesen. Sie waren zusammen zum Auto gegangen, und er hatte die hinteren Türen geöffnet und gesagt: »Er muss sich hinter den Kisten versteckt haben.« Dann hatte er ihr hineingeholfen.
    Er hatte das wirklich nicht geplant. Es war einfach geschehen. Zweiundvierzig? Wirklich?
     
    Als er ein Teenager war, war es durchaus vorgekommen, dass gleichaltrige Mädchen mit ihm zusammen sein wollten. Er hatte immer abgelehnt. Natürlich höflich. Er wollte sie ja nicht verletzen.
    Sie schläft, als er mit dem Essen kommt, wacht aber sofort auf. »Ich kenne dich kaum«, sagt er.
    Da lacht sie. Er hat Lust, sie zu schlagen.
    »Ich will alles über dich wissen«, sagt er.
    »Das hätten Sie wohl gern…«, antwortet sie aufmüpfig.
    »Hast du Kinder?« Sie sieht aus wie eine dieser Mütter, von denen niemand glaubt, dass sie Mütter sind.
    Sie antwortet nicht.
    »Antworte!«, schreit er.
    Sie sieht ihm direkt in die Augen. Er schlägt ihr mit der offenen
    Hand auf die Wange.
    »Hast du Kinder?«, wiederholt er.
    »Ja«, sagt sie.
    »Wie viele?«
    »Zwei.«
    »Jungs? Mädchen?«
    »Jungs.«
    »Wie heißen sie?«
    Sie zögert. »Bjarne. Andreas.« Die Namen verändern etwas an ihrer Stimme.
    »Wie alt?«
    »Fünfzehn und achtzehn.«
    »Wohnen sie bei dir?«
    »Meistens sind sie bei ihrem Vater.«
    »Was arbeitest du?«
    »Werbung. AD.«
    »AD?«
    »AD! Art Director.«
    »Warum hast du keine Angst vor mir?«
    Sie sieht ihn direkt an. »Wer sagt, dass ich keine Angst habe?«
    »Du siehst nicht so aus.«
    »Ich will nicht sterben«, sagt sie.
    »Und warum hast du dann keine Angst?«
    Sie begegnet seinem Blick. Ihre Augen sind voller Trotz. Sie erschreckt ihn. Das ist ein ungewohntes Gefühl.
    »Bist du verheiratet?«
    »Geschieden.«
    »Dann wohnst du allein?«
    »Nicht ganz.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich wohne mit jemandem zusammen.«
    »Wie heißt er?«
    »Eva«, antwortet sie.

Wartezeit

I
    Die Wachleute der Polizei waren kräftig gebaut und hatten kurz geschorene Haare. Sie trugen graublaue Anzüge mit Sonnenbrillen in den Brusttaschen. Kalte Augen. Kristin schätzte sie beide auf etwa dreißig. Der eine hieß Patrick, der andere Claes. Sie begrüßten sie per Handschlag. Fest.
    Vang unterstrich, dass der Polizeischutz keinerlei Garantie war. Kristin müsse mitspielen; sie müsse tun, was die Polizei sagte, nichts unternehmen, was sie verletzbar machte, und auf alle Einschätzungen und Risikoanalysen der Polizei hören.
    Am liebsten wäre es Vang gewesen, sie hätte die Wohnung gewechselt. Wenigstens für eine gewisse Zeit, aber das lehnte sie strikt ab. Irgendwo musste die Grenze sein – sonst konnte sie ja gleich in eine Gefängniszelle ziehen, sich an der Tür festketten und den Rest ihres Lebens in Sicherheitsgewahrsam verbringen.
    Sie sollte Listen für sie erstellen; alle Verwandten aufzählen, nahe und entferntere Freunde, feste Routinen. Sie wollte nicht. Obschon die Polizei nur tat, was sie tun musste, um sie zu schützen, widerstrebte es ihr, ihr Leben derart vor ihnen auszubreiten.
    Einer der Beamten setzte sich unten in die Rezeption, um ein Auge auf alle zu haben, die etwas in der Redaktion zu tun hatten, während Patrick unablässig in Kristins Nähe blieb. Als sie auf die Toilette musste, blieb er draußen vor der Tür stehen.
    »Meinst du, ich kann heute Abend beide mit ins Bett nehmen?«, fragte sie Wolter, als sie in sein Büro kam und die Tür hinter sich geschlossen hatte. Patrick stand draußen davor und bewachte die Tür mit verschränkten Armen. »Oder lösen sie sich ab?«
    Er kicherte pflichtschuldig, humorlos.
    Durch die Tür hörten sie Skaug resigniert mit Patrick diskutieren, ehe er hart an die Tür klopfte und dann den Kopf hereinstreckte. »Man könnte meinen, du wärst aus Gold«, seufzte er und verdrehte die Augen in Richtung des Beamten. »Wir haben endlich einen Theologen gefunden, der diese Schwester kennt…« Er nahm Anlauf. »Madeleine de Demandolx.« Er sprach den Namen in akzentfreiem Französisch aus.
    Kristin und Wolter blickten sich

Weitere Kostenlose Bücher