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Taenzer der Nacht

Taenzer der Nacht

Titel: Taenzer der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Holleran
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du liebst Europa und New York, und du mußt um sechs Uhr morgens aufstehen, um zur Arbeit zu gehen. Jetzt setz dich hin. Du wolltest letztes Mal nicht mit mir schlafen, aber wir machen es dieses Mal. Was hast du denn gerne? Läßt du dich gerne lange ficken, langsam, tief und fordernd? So eine nette Per son, ich wette, du bist ein richtiges Ferkel im Bett – wahrscheinlich stehst du auf Grausamkeit und Schmer zen. Also los, wir hören jetzt auf zu plaudern und gehen zu dir.“
    Das hätte ihn völlig überrumpelt; er wäre gegangen; Malone wußte sehr gut, daß all diese Leute nur auf die mystische Vergewaltigung warteten, wenn sie, wie Spanische Hofdamen im 15. Jahrhundert, unbeweglich in der Dunkelheit standen und darauf warteten, daß ihnen jemand den Hof machte. Aber er schaute von dem Mann weg und dachte sich nur: Was soll ich mich aufregen? Denn zu dieser Zeit hatte er diese Art Spiele bereits aufgegeben und machte selbst etwas noch Per ver seres: Er ging nicht mit den Schönheiten dieses Parks nach Hause, sondern mit den Häßlichen. Er ging nach Hause mit großen dicken Lebensmittelhändlern aus der Avenue D, mageren Bürschchen mit zerdrück ten Nasen, die kaum einen verständlichen Satz heraus bringen konnten, häßlichen Jungen, verwachsenen Burschen, fetten Kerlen; mit jedem Unattraktiven und Abstoßenden ging Malone mit und fickte mit ihm. Die Umgebung war jetzt die völlige Entsprechung seines inneren Zustandes: Ihr Dreck und ihre Häßlichkeit paßten zu seiner Lust. Er wollte, daß die Leute genau so waren. Die Straßen, die ihn einst verzaubert hatten, durch die er einst des Nachts erregten Herzens geeilt war, waren jetzt aschgrau und schmutzig – und er fühlte sich nicht wie ein verzauberter Liebhaber auf dem Weg nach Bagdad, sondern wie eine Schabe, die im orangen Licht der Straßenlampen über den Geh steig hastet, während der Glimmer in den Steinplatten glitzerte, als ob er alles, was sonst glänzend und hell ist, verspotten wolle. Er gab seine Züge westwärts in die Hochburgen des West Village auf und wanderte nur zusammen mit den ganzen Pennern über die Second Avenue in unseren kleinen Park.
    Aber man hätte das nicht vermutet, wenn man sah, wie er über all die Leute plauderte, die er in unserem kleinen Park kannte, wohl in der Vorstellung, daß uns das besonders interessierte. Und schließlich hielt er abrupt inne und sagte: „Aber wie ist es dir denn ge gangen? Was machst du denn so? Erzähl mir alles!“
    Das war der alte, ursprüngliche Teil von Malone, diese schreckliche Freundlichkeit, die instinktiv ein Teil seines Charakters war – selbst, wenn er beschlos sen hatte , daß er sie eigentlich wie einen Schmerz unter drücken müsse. Malone hatte einfach zu gute Manieren. Einen zu guten Charakter. Wie oft sagte Sutherland ihm, er müsse seine Freunde auswählen; was in Sutherlands Augen bedeutet hätte, sich von neunzig Prozent von ihnen zu lösen. Aber Malone konnte das nicht. Er war einfach kein Snob. Dutzende von Leuten riefen ihn den ganzen Tag an, mit der grenzenlosen Hemmungslosigkeit derer, die nie auf die Idee kämen, daß ihre Probleme und Sehnsüchte für jeden anderen nur von geringem Interesse sind; und Malone ertrug ihre Aufdringlichkeit und hörte zu. Und alles, weil er freundlich, gefühlvoll und naiv war – und er, wenn du ihm auf der Straße begegnetest, seinen Arm um deine Schulter legte und sagte: „Erzähl mal, wie es mit dem Typen Donnerstag nacht weiterging. Bist du immer noch verliebt?“
     
    Es schneite in jenem Winter, und der Schnee vermit telte einem in Manhattan in diesen Wochen vor Weih nachten ein allgemeines Glücksgefühl, an dem Suther land und Malone mehr als den ihnen zustehenden Anteil hatten. Menschenmengen strömten um fünf aus ihren Büros, um zu Einladungen zu gehen, Reisebüros aufzusuchen und Barkeeper zu beschäftigen. An kalten Wintertagen, wenn die ganzen Bürgersteige der Lo wer East Side zugefroren waren, schmetterten die Trompe ten aus den Radios der Puertoricaner, die sie auf der Straße mit sich herumtrugen, auf der sie sich wie Tiger auf einem verschneiten Gletscher vorwärtsbewegten, und die nackten Äste der Bäume glänzten vom. Sonnen licht vor dem blauen Himmel. Vierzig Häuser blöcke weiter im Norden schlenderten Malone und Sutherland durch die Kaufhausabteilungen und probier ten Parfüms, zogen Mäntel an und aus, gaben Leuten kleine Geschenke wie Portiönchen Dope und handgeschriebene Gedichte, und gingen zu erstaun

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