Tänzerin der Nacht - Feehan, C: Tänzerin der Nacht - Night Game
trank.
»Das schmeckt gut. Ein altes Familienrezept?«
Er nickte, als er sich wieder neben sie setzte. »Sie hat sie zu besonderen Anlässen zubereitet.«
»Zu besonderen Anlässen welcher Art?« Sie hörte sich mit Begeisterung Geschichten aus seiner Kindheit an. Es fiel ihr so leicht, ihn sich als einen kleinen Jungen mit zerzausten Locken vorzustellen.
»Wenn es uns gelungen war, in der Schule eine anständige Note zu bekommen. Oder wenn wir uns eine ganze Woche lang mit keinem unserer Freunde – oder Feinde – geprügelt hatten.«
»Ist es dir schwergefallen, gute Noten nach Hause zu bringen?« Sie legte den Kopf zur Seite, um ihn anzusehen. »Ich hätte mir vorgestellt, dass du sehr gut in der Schule warst.«
Er zuckte die Achseln. »Ich bin nicht immer hingegangen. Ich war der Älteste, und einer musste schließlich fischen gehen und Fallen stellen. Zwei- oder dreimal in der Woche habe ich auf Booten von Krabbenfängern gearbeitet. Ich habe Grandmère belogen, weil sie gesagt hat, eine gute Schulbildung sei wichtiger, aber sie wusste natürlich doch Bescheid, wenn sie in der Woche darauf das Geld in ihrer Schublade gefunden hat.«
Sie sah ihn über den Rand ihres Bechers an. »Manche der Dinge, die du sagst, sind herzerweichend.«
»Es war gar nicht schlimm, Flame. Ich habe liebend gern auf den Booten gearbeitet. Es entsprach ganz einfach unserer Lebensweise. Mir war es allemal lieber, draußen im Bayou zu sein, als in der Schule rumzusitzen.« Er beugte sich vor und leckte einen kleinen Klecks Schlagsahne aus ihrem Mundwinkel, weil er es einfach nicht lassen konnte.
Sie schnitt ihm eine Grimasse und hielt ihm die Lippen zum Kuss hin. Sie schmeckten nach Schlagsahne und
Schokolade. Raoul nahm ihr den Becher aus der Hand und stellte ihn auf den Nachttisch neben dem Bett. »Schlaf jetzt, Cher . Du bist sicher sehr müde, stimmt’s?«
Sie streckte sich aus und rollte sich dann auf der Seite mit dem gesunden Arm zusammen. »Ich bin müde. Es war ein langer Tag, aber Joys Wiedersehen mit ihren Eltern war es wert.«
»Du warst sehr nett zu ihr.«
»Wyatt war sehr nett zu ihr. Es tut mir so leid für ihn. Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, ist er ein bisschen verliebt in sie. Es wird lange dauern, bis sie wieder in der Lage ist, einem Mann genügend zu vertrauen, um eine Beziehung mit ihm einzugehen.«
Er spürte einen Kloß in seinem Hals und senkte den Kopf. Gator legte sich neben sie, zog sie in seine Arme und den Schutz seines Körpers. Er strich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht.
Sie schlang ihre Finger um seine. »Diese Nacht war die schönste Nacht meines Lebens, Raoul. Ich danke dir.«
Ihre Stimme war schläfrig und sinnlich und glitt wie Fingerspitzen über seinen Körper. Das Herz sank ihm in der Brust, und er fühlte, wie sich ein Schraubstock darum legte und zudrückte, bis es ihm vorkam, als würde seine Brust in Stücke zerspringen. Er presste sich die freie Hand aufs Herz, während er mit der anderen Hand ihre hielt und beobachtete, wie die Betäubung zu wirken begann.
Die Uhr an der Wand tickte laut und zeigte das Vergehen der Zeit an. Er saß da und sah zu, wie der Kerzenschein über ihr Gesicht flackerte und die tanzenden Schatten über ihren Körper glitten. Dann beugte er sich hinunter, um zarte Küsse auf ihre Augenlider zu hauchen. Sie rührte sich nicht.
Gator zog sich rasch an. Die Spritze lag in seiner Schublade, und diesmal zögerte er nicht. Er durfte nicht riskieren, dass sie wach wurde. Er stach die Nadel in ihren Schenkel und injizierte ihr die komplette Dosis.
Es ist so weit.
Wir kommen mit dem Hubschrauber. Wir haben ein Flugzeug bereitstehen, das uns von hier fortbringt, und Rye hat alles für unsere Ankunft vorbereitet .
Es war schwierig, ihr einen Bademantel anzuziehen, doch er schaffte es. Er wollte nicht, dass sie nackt war, wenn sie kamen, um sie zu holen. Er schnappte sich ihren Rucksack und stopfte ihre neuen Kleidungsstücke hinein. Sein eigener Seesack war bereits gepackt und griffbereit.
Er saß da und lauschte den Geräuschen des Hubschraubers, als dieser über ihm vorbeiflog und zu der Lichtung im Süden seiner Hütte abdrehte. Es dauerte nicht lange, bis er die Männer auf das Haus zukommen hörte. Sie hatten eine Trage mitgebracht. Jetzt blies er die Kerzen eine nach der anderen aus, bis es dunkel im Raum war.
19
ALS FLAME ERWACHTE, roch sie Lavendel. Sie lag in einem Bett, aber es war nicht dasselbe Bett, in dem sie sich schlafen
Weitere Kostenlose Bücher