Täuscher
ergeben.«
Dr. Kammerer schüttelt den Kopf. »Herr Täuscher, seien Sie kein Narr.«
»Die Clara war noch am Leben, als ich sie verließ!«
Der Staatsanwalt meldet sich zu Wort: »Das ist doch alles Humbug!«
»Sie war noch am Leben!«
»Hören Sie mir doch auf, jeder der Anwesenden hier im Saal, der auch nur einen Funken Verstand besitzt, erkennt doch sofort: Sie haben die beiden wehrlosen Frauen umgebracht. Gestehen Sie doch endlich.« Der Staatsanwalt schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch.
»Herr Kollege, mit Verlaub, noch ist nichts bewiesen, und so lange ist mein Mandant unschuldig«, meldet sich Dr. Klar zu Wort.
Täuscher verliert völlig die Fassung, schlägt um sich, schreit verzweifelt, bis seine Stimme sich überschlägt: »Sie war noch am Leben, und ich habe sie nicht getötet. Warum glaubt mir denn niemand, Clara war noch am Leben! Ich hatte keinen Grund, sie zu ermorden. Ich muss mich nicht erklären, alles wird herauskommen. Alles!«
Er tobt, rast, die im Saal anwesenden Gendarmen eilen auf ihn zu, versuchen ihn festzuhalten.
»Herr Täuscher, bleiben Sie ruhig, das bringt so nichts.«
Sein Verteidiger spricht auf den Verzweifelten ein. »Solche Auseinandersetzungen schaden uns in der Sache, glauben Sie mir.«
»Aber sie war doch am Leben …«
»Vertrauen Sie mir und setzen Sie sich wieder.«
Schließlich nimmt Täuscher wieder auf der Anklagebank Platz. Weiß wie die Wand und um Fassung ringend, streift er sich mit zitternder Hand eine Haarsträhne zurück, die ihm ins Gesicht gefallen ist.
Nach diesem Zwischenfall und nachdem sich die Aufregung im Saal wieder gelegt hat, beginnt die Zeugenvernehmung. Als erste Zeugin wird die Geliebte Täuschers, die Kontoristin Thea Schwankl, aufgerufen. Sie kommt herein, geht direkt auf ihren Platz vor dem Richtertisch zu, vermeidet es dabei, den Angeklagten anzusehen. Im Sitzungssaal ist es mit einem Mal totenstill. Blass und zerbrechlich sieht sie aus. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Auf Nachfrage des Vorsitzenden räumt sie mit kaum hörbarer Stimme und rotgeweinten Augen ein, dass ihr Verhältnis zum Angeklagten nicht mehr bestehe. Sie bricht ab, ist nicht fähig, weiterzusprechen, der Körper bebt unter Weinkrämpfen. Immer wieder muss ihre Befragung unterbrochen werden, ehe sie sich wieder fängt und fortfahren kann.
»Er hat mich immer schon hintergangen und hinter meinem Rücken andere Liebschaften unterhalten. Ich habe es zwar geahnt, aber nicht sehen wollen. Als er in der Mordnacht neben mir im Bett gelegen ist, da ist er sehr unruhig gewesen, immer hin und her hat er sich gewälzt. Auch davor war Hubert den ganzen Abend über ganz anders als sonst. Schlampig und abgerissen hat er ausgesehen, das kenne ich so von ihm nicht. Die Kleidung, die Haare, nichts war so, wie ich es von ihm gewohnt war.
Kurz vor dem Zubettgehen hat er mir ein goldenes Kettenringerl geschenkt. Die Polizei sagt, es stammt nicht aus dem Besitz der Ganslmeier, ich möchte Sie bitten, ob ich es hier zurückgeben darf? Ich will es nicht haben.«
Sie spricht sehr leise, hält in der rechten Hand ihr Taschentuch fest umklammert.
»So leid es mir tut, Fräulein Schwankl, aber ich kann nicht zulassen, dass Sie dem Angeklagten hier im Saal etwas übergeben. Auch wenn es nur so etwas Kleines wie ein Kettenring ist. Sie können es aber bei Gericht hinterlegen, und ich selbst werde dafür Sorge tragen, dass es dem Angeklagten später, nach der Verhandlung, ausgehändigt wird.«
Thea Schwankl nickt, und mit einem Mal geht ein Ruck durch ihren Körper, und sie sagt mit fester Stimme: »Ich kann nicht glauben, dass Hubert die Tat verübt hat. Dass er mich hintergangen hat, tut mir fürchterlich weh, aber dass er zwei Menschen auf solch eine grausame Art und Weise umgebracht haben soll, verstehe ich nicht.«
Dann wendet sie sich zum Angeklagten: »Hubert, ich bitte dich! Wenn du mich je geliebt hast, sag die Wahrheit! Sag es mir zuliebe.«
Beim Blick durch die Zuschauerreihen kann man sehen, wie ergriffen das Publikum bei diesen Worten ist. Auch Täuscher selbst ringt um Fassung.
»Ich war es nicht.«
»Dann sag, was du weißt, Hubert, bitte! Ich flehe dich an.«
»Ich … ich hab alles gesagt, was ich zu sagen habe.«
Täuscher sitzt da mit versteinerter Miene, zitternd am ganzen Körper.
In rascher Folge werden nun die weiteren Zeugen aufgerufen.
Die Zeugin Betty Günzinger sah am besagten Tag um halb fünf Uhr die beiden Angeklagten aus dem Hofgarten
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