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Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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einmal so falsch, und der Mörder hatte tatsächlich in der Wohnung auf Clara gewartet. Auch dem Gerücht mit dem verheirateten Mann würde er nachgehen müssen; selbst wenn alle Welt bereits glaubte, dass Hubert Täuscher der Schuldige war, so musste ihm die Tat doch erst nachgewiesen werden. In Gedanken versunken ging Huther nach Hause. Der Regen hatte mittlerweile wieder nachgelassen. Vielleicht sollte er doch seinem Vorsatz untreu werden und seine Frau ins Kino einladen? Ihr würde die Abwechslung guttun, außerdem war er nun doch neugierig geworden. Schon aus beruflichen Gründen sollte er sich den Film anschauen.
    Und dann war da noch die Beerdigung, zu der würde er auch gehen müssen. Ihm graute davor. Ganz Landshut würde auf den Beinen sein, eine solche Attraktion ließ sich wohl keiner entgehen. Er selbst hätte liebend gerne darauf verzichten können.

Samstag, 25 . März 1922 ,
Landshut, Neustadt,
Uhren- und Schmuckwarenhändler Emil Mühlbauer,
8 . 20 vormittags
    Emil Mühlbauer sah den jungen Täuscher schon von weitem vor dem Laden auf dem Trottoir auf und ab laufen. Der Uhrmacher ließ sich Zeit, der Bursche konnte warten.
    Während er durch den Seiteneingang ins Geschäft ging, danach wie jeden Tag den Mantel im Büro auszog, ihn sorgsam auf einem Kleiderbügel an den Haken neben der Tür hängte und Uhren und Schmuck aus dem Tresor holte, drückte Täuscher sich die Nase am eisernen Rollladen platt, um durch die Ritzen einen Blick in den Laden werfen zu können. Mühlbauer ließ sich auch nicht durch das gelegentliche Klopfen aus der Ruhe bringen. Langsam und bedächtig räumte er Stück für Stück in die Glasvitrinen im Verkaufsraum ein.
    Erst vor ein paar Wochen war Täuscher im Laden gewesen, um eine Taschenuhr zu versetzen. Ein seltenes und teures Stück. Dem Uhrmacher war von Anfang an klar gewesen, dass sein junger Kunde keine Ahnung von dem wahren Wert des Stücks hatte, ließ er sich doch mit ein paar Mark abspeisen. Mühlbauer kannte das Kleinod, er hatte es regelmäßig im Auftrag des verstorbenen Besitzers gereinigt. Für Mühlbauer hatte jede Uhr ihr eigenes Gesicht, er wusste sofort, dass sie Clara Ganslmeier und nicht Hubert Täuscher gehörte.
    Noch am selben Tag hatte er den Lehrjungen mit ein paar Zeilen zur Ganslmeier geschickt. Sie möge doch so freundlich sein und in einer dringenden und delikaten Angelegenheit bei ihm im Laden vorbeischauen. Wie der Uhrmacher ihr dann bei ihrem Besuch im Geschäft die Uhr unter die Nase gehalten und sie ihr zum Rückkauf angeboten hatte, hatte die Ganslmeier beinahe die Contenance verloren. Als das Fräulein sich gefasst hatte, gab sie an, ihr Verlobter befände sich in einem momentanen finanziellen Engpass, und er, Mühlbauer, möge doch dafür Rechnung tragen, dass dem guten Stück nichts geschehe. Die Unpässlichkeit würde sich bestimmt auf- und der junge Herr die Uhr umgehend auslösen.
    Mühlbauer war wenig überrascht, als in den nächsten Tagen nichts dergleichen geschah, und als selbst nach Wochen die Uhr immer noch in seinem Tresor lag, bestätigte dies nur seinen Eindruck von den fehlenden finanziellen Möglichkeiten des jungen Täuscher und denen des Fräulein Ganslmeier. Dass das Fräulein so gar nicht danach trachtete, ihr Eigentum wieder zurückzukaufen, machte ihn stutzig. Der Ganslmeier ging das Geld aus, trotz oder vielleicht auch wegen der großzügigen Geschenke, die sie dem jungen Täuscher anscheinend machte. Deshalb überraschte es Mühlbauer ein wenig, Täuscher an diesem Morgen vor dem Geschäft stehen zu sehen. Gegen halb neun sperrte er endlich den Laden auf und ließ ihn herein.
    Täuscher kam gleich ohne Umschweife auf den Grund seines Besuches zu sprechen.
    »Grüß Gott, Herr Mühlbauer. Ich hoffe, Sie können sich an mich erinnern?«
    »Grüß Gott, der Herr … kommen S’, helfen S’ mir drauf.« Es war meist klüger, sich dümmer zu stellen, als man war.
    »Täuscher, Hubert Täuscher.«
    »Und was kann ich für Sie tun, Herr Täuscher?«
    »Es hat jetzt zwar ein bisserl länger gedauert, aber ich möchte die Uhr auslösen, die ich vor ein paar Wochen bei Ihnen gelassen hab. Die Angelegenheit ist mir gar zu peinlich, und ich möcht sie aus der Welt schaffen.«
    »Kein Problem, Herr Täuscher, haben Sie denn den Pfandschein dabei, damit ich die Uhr gleich holen kann und alles seine Richtigkeit hat?«
    Hubert Täuscher kramte umständlich in seinen Taschen, der Uhrmacher ließ ihn dabei nicht aus den Augen.

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