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Täuscher

Täuscher

Titel: Täuscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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später zahlte es sich aus.
    Der junge Täuscher hingegen verlor schon nach wenigen Minuten die Geduld. Mühlbauer entging nicht, wie dieser auf dem Stuhl hin und her rutschte. Nachdem Hubert seinen Likör ausgetrunken hatte, hatte er es eilig. Er verabschiedete sich schnell und ging. Mühlbauer blieb noch eine Weile bei der Ganslmeier sitzen, ehe auch er sich verabschiedete.
    Die Tür fiel hinter dem Uhrmacher ins Schloss. Für kurze Zeit stand er auf dem Treppenabsatz, dann setzte er seinen Hut auf und stieg die Treppen hinunter. Sein Besuch bei Clara Ganslmeier hatte sich gelohnt. Die Stücke, die er gesehen hatte, waren zum Teil wirklich von erstaunlicher Qualität. Er würde ihr einen guten Preis machen müssen.
    »Abwarten«, sagte er zu sich selbst. »Mal sehen, wann sie sich meldet.«
    Und melden würde sie sich früher oder später. Ein Verlobter wie der Täuscher war schwer zu halten.
    Ehe er durch die Haustür ins Freie trat, klappte er den Kragen seines Mantels hoch. »Was für ein Sauwetter!«

Mittwoch, 12 . April 1922 ,
Landshut, Ursulinengäßchen,
Kriminaloberwachtmeister Johann Huther,
7 . 47  Uhr abends
    Es war ein langer Arbeitstag gewesen, und Johann Huther fühlte sich müde und leer. Er stieg zu seiner Wohnung hinauf, die hölzernen Treppen knarrten bei jedem Schritt. Heute war er auf der Beerdigung gewesen, und die Bilder wurde er seitdem nicht mehr los. Huther mochte keine Beerdigungen und mied sie, doch diesmal hatte er aus dienstlichen Gründen dabei sein müssen.
    Der Friedhof war überfüllt gewesen, die Schaulustigen drängten sich zwischen den Gräbern. Selbst an Allerheiligen waren für gewöhnlich weniger Menschen auf dem Friedhof, es schien ihm, als hätte sich die ganze Stadt auf den Weg gemacht. Am allermeisten störte ihn jedoch die Volksfeststimmung, die sich dort gleich nach der Beisetzung breitgemacht hatte. Trauben von Menschen standen an den Enden der Gräberreihen und zerrissen sich das Maul. Die Straßen und Wege um den Friedhof herum waren verstopft gewesen, und Huther hatte eine halbe Ewigkeit gebraucht, ehe er schließlich an seinen Schreibtisch zurückkehren konnte. Der ganze Tag war für die Katz gewesen.
    Vor der Wohnungstür angelangt, suchte er in der ledernen Aktentasche nach dem Schlüssel, er konnte ihn aber nicht finden. Huther klopfte vorsichtig an die Tür, leise, um die Kinder nicht zu wecken.
    Erna öffnete.
    »Grüß dich, sei leise, ich hab die Kinder gerade ins Bett gebracht.«
    Sie unterstrich das Gesagte, indem sie sich den ausgestreckten Zeigefinger vor den Mund hielt. Huther gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange, als er an ihr vorbei in den Flur trat.
    »Müde schaust aus, Hans.« Mit den Worten »Warte, ich richte dir gleich dein Abendbrot« verschwand sie in der Küche.
    Huther hängte den Mantel an die Garderobe, streifte sich die Schuhe ab. Danach ging er ins Schlafzimmer, zog Jackett und Hemd aus und legte beides sorgfältig über den Stuhl. Er goss etwas Wasser aus dem Krug am Waschtisch in die Schüssel und wusch sich Hände und Gesicht. Strumpfsockig ging er in die Küche.
    Dort stand sein Abendessen bereits auf dem Tisch. Erna spülte, über den Ausguss gebeugt, die Teller und Becher der Kinder ab. Als sie ihn hereinkommen hörte, wischte sie sich die Hände an der Schürze trocken.
    »Soll ich schnell über die Gasse laufen und einen Krug Bier holen?«
    »Nein, brauchst nicht.« Huther schüttelte den Kopf. »Ich kann jetzt kein Bier trinken.«
    Er setzte sich an den Tisch. »Ich trink ein Wasser, oder kannst mir einen Tee machen? Ich hab heute den ganzen Tag so ein Magendrücken.«
    »Darüber hast in der letzten Zeit aber schon öfter geklagt. Du solltest zum Doktor gehen«, sagte seine Frau, während sie ihm wieder den Rücken zugewandt hatte und heißes Wasser aus dem Wasserschaf in eine Kanne füllte. »Weißt was, ich mach dir einen Kamillentee, und in den nächsten Tagen gehst aber wirklich zum Doktor, wenn’s nicht besser wird.«
    »Es geht schon, Erna, ist nicht so schlimm, brauchst dir keine Sorgen machen. Ich bin halt einfach nur ein bisserl müde. Die Beerdigung geht mir nicht aus dem Sinn, und in der Arbeit hab ich mich auch geärgert. Die ganze Sache mit dem Doppelmord gehört jetzt zur Staatsanwaltschaft. Der Dr. Fersch glaubt, dass sie schon alles wissen, was sie wissen müssen. Die sind fest vom Täuscher als Mörder überzeugt, die glauben, dass kein anderer in Frage kommt.«
    »Ja, hat der den Mord schon

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