Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
funktionieren muss. Funktionieren wird. Er braucht mich!«
»Hör auf. Du bist eine Gebrandmarkte. Egal, wie stark deine Liebe ist, die Magie kann nicht durch dich fließen und ihn aufwecken.«
Sie richtete sich langsam auf. »Irgendetwas müssen wir doch tun können! Warte mal. Wir bringen ihn in die Tote Stadt. Der Fluch hat sich erfüllt, wir müssen nur die Spuren beseitigen, oder?«
»Die Magie ist das Einzige, was ihn noch bei uns hält. Die Tote Stadt wird ihn endgültig umbringen.«
»Dann sag mir eine andere Lösung! Oder kannst du nichts, außer dumm herumzuflattern?« Sie verstummte, presste sich eine Hand auf den Mund und schluchzte. Die Worte hatten ihr selbst wehgetan, und sie wagte kaum, Friedbert anzuschauen.
Friedbert senkte sich auf ihre Schulter. Zarah hielt den Atem an, drehte vorsichtig den Kopf, da sie kaum glauben konnte, dass es sich bei dem Rosafarbenen am Rande ihres Blickfeldes tatsächlich um die Fee handelte.
»Ich bin mir nicht sicher«, wisperte er und hielt sich an ihrem Ohrläppchen fest.
»Nicht sicher? Womit?«
»Ich glaube nicht, dass das funktionieren wird. Nein. Eigentlich unmöglich.«
»Was auch immer du gerade im Sinn hast, lass es uns versuchen, bitte!«
»Das wird nicht gehen, verstanden? Also geh mir nicht auf den Geist!« Die Libellenflügel surrten wieder. Er schwang sich in die Luft.
»Was, verdammt?«
»Das!« Im Sturzflug raste die Fee auf Gallagher zu und drückte ihr Gesicht, das kaum größer als ein Daumennagel war, an Gallaghers Lippen. Gleich darauf schraubte sie sich hoch in die Luft, am ganzen Leib bebend.
»Sagte ich doch«, stammelte Friedbert nach ein paar bangen Sekunden, in denen er den Blick nicht von seinem leblosen Freund löste, »dass es nicht funktionieren kann.«
Ein Ruck ging durch Gallaghers Körper. Er schnappte nach Luft, hustete und drehte sich auf die Seite. Seine Hände vergruben sich im Laub, das vor Frost knackte.
Auch Zarah rang um Atem. »Gallagher!« Mit zitternden Fingern strich sie ihm über das schmerzverzerrte Gesicht, als wolle sie seine Züge glattstreicheln. »Gallagher, es ist alles in Ordnung, beruhige dich. Sieh mich an. Sieh mich an, hörst du?«
Er registrierte sie kaum, kämpfte um jeden Atemzug, saugte immer hastiger die Luft ein.
»Pass auf, dass er nicht hyperventiliert.« Friedbert drehte ihr den Rücken zu und bahnte sich einen Weg zwischen den Dornenranken.
»Warte!« Sie wusste nicht, wen sie im Blick behalten sollte, Friedbert oder Gallagher. »Du willst doch jetzt nicht einfach so abhauen?«
Doch, genau das wollte er. Einen Moment lang sah sie noch das rosafarbene Schimmern im Zickzack zwischen den Zweigen, dann verschlang das Dickicht die Fee.
Sie hielt eine Hand vor Gallaghers Mund und Nase, redete auf ihn ein, bis er sich allmählich beruhigte. Ein Weilchen lag er still auf dem Rücken, den Kopf in ihren Schoß gebettet. So nah, ganz fern. So fern waren sie einander nicht einmal in der Zeit der Trennung gewesen.
Sie strich ihm eine Strähne seines schwarzen Haares aus der Stirn, in der Hoffnung, die Berührung würde sie einander näherbringen. »Wie geht es dir?«
Er schluckte krampfhaft. Sein Blick verirrte sich in ihrem Gesicht. »Schwer … zu sagen. Ich glaube, mir fehlen Vergleichsmöglichkeiten.«
»Weißt du, was passiert ist?«
Schwach schüttelte er den Kopf.
»Kennst du noch deinen Namen?«
Seine Augenbraue zuckte hoch. »Hast du mich vorhin nicht Gallagher genannt?«
»Verstehe. Ich schätze, nach meinem brauche ich dich gar nicht zu fragen.« Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Sie versuchte, ihn zu beruhigen und sich selbst gleich dazu: »Dass es nach der Auflösung eines starken Fluches zu vorübergehenden Gedächtnisausfällen kommen kann, ist nichts Außergewöhnliches. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. In ein paar Stunden, höchstens Tagen, wird alles wieder in Ordnung sein.«
Sollte es in Ordnung sein. An die Ausnahmefälle wollte sie erst gar nicht denken. Bei zwei Prozent der Untersuchten im Rahmen der magisch-wissenschaftlichen Studien kehrten die Erinnerungen nie wieder zurück.
Zwei Prozent!
Sicher zu vernachlässigen.
Er nickte langsam. »Okay.«
»Okay.« Sie streichelte immer noch sein Haar. Ringsherum raschelte und knackte es, die Zweige bewegten sich wie Schlangen, die Dornenranken bildeten sich zurück. Nach und nach lichtete sich das Gestrüpp. Weiter hinten entdeckte Zarah einen rosafarbenen Fleck, der einer Zauberblume gleich in der
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