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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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erinnerte sich nicht einmal daran, mit Enya jemals so sehr gestritten zu haben, dass eine von ihnen um Verzeihung bitten musste.
    »Ich weiß, wie viel du für mich tust und wie schwer du es hast. Manchmal vergesse ich einfach, dir für alles dankbar zu sein.«
    »Rede keinen Stuss.« Sie wandte sich ab, sortierte die Papiere neu.»Was habe ich dir auch zu bieten? Ein Dreckloch und meine übertriebene Fürsorge.«
    »Du bietest mir so viel mehr. Weißt du das nicht? Wir sind doch eine Familie.«
    Zarah erschauerte wie am offenen Grab.
    Enya rollte näher heran. »Wenn … wenn ich schwöre, dass ich keine Drogen nehme und … nicht schwanger bin, wirst du mir glauben?«
    Sie zwang sich, Enya anzusehen. »Ja. Natürlich.«
    »Gut.«
    Sie musterten einander. Wieder ließ ein Lächeln Enyas Mundwinkel zucken, brachte Wärme und Zärtlichkeit. »Ich störe dich wohl bei der Arbeit, stimmt’s?«
    »Ach was. Ist nur ein beknackter Fall.« Zarah schaute auf das Blatt, auf dem ihre Hand ruhte. Es enthielt die Auflistung der Runen, die am Tatort nach Odas Ermordung gefunden worden waren.
    Eine Rune hatte sie auch vor dem Angriff des Formwandlers gesehen. Auf der Schwelle des Hauses. Gab es da womöglich einen Zusammenhang? Andererseits stellten Runen nichts Besonderes dar. Viele nutzten diese magischen Zeichen, um ihr Haus vor schlechten Energien zu schützen oder die Zukunft vorauszusagen.
    »Worum geht es denn bei deinem Fall?«
    »Zwei Morde, und ich frage mich die ganze Zeit, welche Verbindung wohl zwischen den beiden Opfern bestanden haben könnte. Ich war zwar eine ganz passable Ordnungsaufseherin, bin aber eine miserable Ermittlerin.« Sie rieb sich die leicht brennenden Augen. Sie war müde, einfach zu müde.
    Enya zog sich hoch, um sich mit dem Oberkörper über den Tisch zu beugen. Mit einer Hand stieß sie dabei eine runde Blechdose vom Tisch, die über die Dielen holperte und schließlich ihren Deckel verlor. Eine rote Haarsträhne rutschte aus dem Dosensarg, ein vertrockneter Ministrauß Veilchen, der Knopf von Ashs Aufseheruniform, den Zarah ihm nicht mehr hatte zurückgeben können. – Die Überreste ihres früheren Lebens.
    Zarah beeilte sich, die Sachen aufzuheben, doch Enya griff vor ihr nach den Veilchen, die neben dem Rollstuhl gelandet waren. »Seit wann sind Blumen dir so wichtig, dass du sie aufhebst?«
    Hitze stieg ihr in die Wangen. »Ich hebe sie doch nicht auf. Keine Ahnung, wie der ganze Dreck hier gelandet ist.« Sie verstaute die Strähne und den Knopf in der Dose und streckte die Hand nach den Veilchen aus. »Gib her, ich schmeiße das gleich weg. Das hat hier nichts verloren.«
    Grinsend hob Enya den Arm. »Komm schon, sag mir, woher du die Blumen hast! Hat sie dir etwa ein heimlicher Verehrer geschenkt?«
    »Quatsch. Lass den Unsinn.«
    Sie wollte nach dem Strauß greifen, doch Enya manövrierte den Rollstuhl von ihr fort und wedelte mit den Blumen in der Luft. »Sag schon, sag schon!«
    »Okay. Ich habe sie in der Schublade des Nachtschränkchens gefunden, als ich im Krankenhaus lag. Zufrieden?«
    »Also doch ein heimlicher Verehrer. Nichts ist süßer als die verborgene Liebe «, trällerte Enya.
    »Wunderbar. Mehr Kitsch kannst du dir nicht zusammenreimen? Ich glaube, ich muss mich gleich übergeben.«
    »Das ist die Botschaft der Veilchen. Jemand wollte dir etwas durch die Blume sagen, du Dummerchen. Veilchen symbolisieren Treue, Hoffnung, Zuneigung. Da ist einer in dich verliebt und kann es wohl nicht offen sagen, verstehst du?« Enya rollte wieder näher heran und legte die Blumen in Zarahs Hand. »Hast du eine Ahnung, wer es sein könnte?«
    »Nein.« Zarah verstaute den Strauß in der Dose, schloss den Deckel und warf sie in eine der Schreibtischschubladen. »Ich glaube nämlich nicht an …«, sie schluckte, »… gute Geister. Nicht mehr.« Sie setzte sich wieder, legte die Arme auf die Tischplatte und ließ den Kopf auf sie sinken. Hörte ein Rascheln von Papier und schloss müde die Augen. Enya blätterte wohl in den Unterlagen. Sollte sie machen, das Mädchen verstand eh kein Wort. Bereits vor einigen Jahren hatte Zarah einen Antrag an den Bildungsausschuss gestellt, in dem sie bat, Enya wenigstens die einfachste Grundbildung zuzubilligen. Der Antrag wurde abgelehnt. Nur auserwählte Menschen durften Lesen und Schreiben lernen, noch wenigere einen Beruf erlernen. Bei einer Behinderten sah der Ausschuss die Ausbildung als Ressourcenverschwendung an. Da hatte auch Zarahs Stellung

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