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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Obwohl im Unklaren blieb, welche Kräfte damit beschworen werden sollten – der Spruch funktionierte auch bei Geächteten. Das Ende des Werkzeugs zeigte auf die Leitung mit dem kalten Wasser. »Also gut, eine kalte Dusche für das Ordnungsamt.«
    In den Rohren blubberte und zischte es, während sie den Griff abschraubte, um die längst korrodierte Spindel freizulegen. Das Handrad löste sich, und sie trat einen Schritt nach hinten. »Ich würde gern eure Gesichter sehen, wenn ihr versucht, hier die Wasserzufuhr zu stoppen.«
    Sie verbat sich, darüber nachzudenken, wie verblüffend einfach bisher alles ging. Auf der Etage oberhalb des Archivs befanden sich Büros und Aufbewahrungsräume. Keine Sicherheitsvorrichtungen wie ein Stockwerk tiefer, keine Metalltür, die unbefugten Personen den Zugang verwehrte.
    Aus der Hosentasche zog sie Enyas zerknitterten Zettel hervor und drehte ihn um. »2. Die Unterputzventile finden –> Toiletten«, stand dort in Enyas krakeliger, kindlicher Schrift. »Meist in einer Ecke.« Darunter die Zeichnung: Zwei Griffe, die aus der Wand ragten und bei denen Zarah sich schon oft gefragt hatte, wozu die eigentlich gut waren.
    Sie brauchte kaum eine Minute, um die Stelle zu finden und sich davorzuhocken. Mit dem Schraubendreher löste sie den blauen Plastikpunkt, der die Kaltwasserleitung markierte, und entblößte die darunterliegende Schraube.
    Das Aufheulen des Alarms fuhr ihr bis ins Mark.
    Vorbei. Sie kauerte sich zusammen und presste die Hände auf die Ohren, während das Dröhnen der Sirene ihren Kopf zum Vibrieren brachte.
    Und das wegen eines Plastikpunktes? Sie lachte, ohne sich selbst zu hören. Nicht das Kellerfenster oder die Sensoren waren ihr zum Verhängnis geworden – der Alarm war durch einen beschissenen Plastikpunkt an einem Unterputzventil ausgelöst worden!
    Der Lärm endete, und ihr hysterisches Lachen hallte durch die Toilette. Sie hielt inne. Senkte die Arme. Wartete.
    Doch niemand kam, um sie zu holen.
    Sie löste sich aus der Starre und machte weiter, solange sie es eben noch durfte. Es spielte keine Rolle, in welchem Stadium ihres Plans sie erwischt wurde – das Ende wäre immer gleich.
    In die Arbeit versunken, hätte sie beinahe die Schritte überhört, die sich der Toilette näherten. Erst als diese federnd leicht direkt vor der Tür erklangen, fuhr sie hoch. Sie stopfte das Werkzeug in den Rucksack und verschwand in einer der Kabinen, wo sie auf den Klodeckel stieg.
    Die Eingangstür schlug gegen die Wand.
    »Ich halte das nicht mehr aus«, knurrte eine Männerstimme. »Der Alarm geht schon zum vierten Mal los. Hast du von diesen beknackten Serverarbeiten und dem Sicherheitscheck gewusst?«
    »Das Memo kam kurz vor meinem Schichtbeginn«, erwiderte ein anderer. »Sogar der Funk setzt teilweise aus. Ich habe mich bei dem Leiter der Technikabteilung beschwert, und weißt du, was diese widerlich hübsche Kellerassel geantwortet hat? Dass ich halt ein paar Stunden lang meine Augen offen halten und mich nicht auf die Überwachungsanlage verlassen sollte. Der hat doch ein Rad ab.«
    Die Schritte verstummten vor den Pissoirs. Ein Reißverschluss ratschte, und bald darauf prasselte ein Urinstrahl auf das Porzellan.
    Zarahs angespannte Muskeln begannen zu schmerzen. Sie verlagerte das Gewicht. Der Rucksack raschelte. Sie hielt den Atem an, doch beinahe gleichzeitig mit dem Rascheln blubberte das Wasser in einem der Pissoirs.
    »Ch-che, che. Kommt ›Dämon‹ von ›dämlich‹? Nicht in der Lage, überleben ohne die Menschentechnik. Und? Wo das wird hinführen? Das ich frage mich.«
    »Du schon wieder? Hat dir die Abreibung kürzlich nicht gereicht? Ich kann’s gern wiederholen.«
    »Ai-jai-jai. Wie unhöflich. Aber was ich erwarte von jemand, der nicht einmal merkt, was geschieht vor sein eigene Nase.«
    Verflucht! Der Plastikpunkt lag noch gut sichtbar auf dem Boden. Den Wodjanoi hatte sie ganz vergessen. Natürlich wusste er längst, was sie mit seinen Leitungen anstellte.
    Plötzlich ertönte ein Gerangel und der nasale Ausruf des Wächters: »Hey, spinnst du?«, während der andere Mann die Situation mit einem Husten zu überspielen versuchte.
    Dann verhallte das Ringen. Es platschte erneut, der Wassergeist ließ sein Opfer anscheinend frei und verschwand im Abfluss.
    »Wenn ich den kriege, trete ich ihm so in den Arsch, dass er es im Freiflug zurück in seine Heimat schafft!«
    »Ach lass den doch«, meinte der andere, der sein Gegluckse endlich

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