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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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Botenjunge. Zitat Ende.«
    »In Ordnung, ich wollte eh schon gehen.«
    »Warte!«, flüsterte Zarah, während er schon fast durch die Tür verschwand. »Warte …«
    »Bleibst du bitte bei Zarah«, er schob Alessa in den Raum, »und zeigst ihr hier alles, wenn sie wieder auf den Beinen ist? Ich werde vermutlich ein paar Tage fortbleiben.«
    »Klar.« Sie küsste ihn auf die Wange. »Mach dir keine Sorgen.«
    Sie küsste ihn. Hatte ihn geküsst. Während er sie mit einem Arm an sich drückte.
    Zarah biss sich auf die Unterlippe. Es war nicht das Zimmer, das sich auflöste, es war das Nass in ihren Augen, das die Umgebung so unscharf zeichnete.
    »Schön, dass es dir besser geht!« Alessa wandte sich ihr zu. »Übrigens: Seinen richtigen Namen kennen nur du und ich, für andere ist er Ghost, verstanden?« Zwischen den Fingern zwirbelte das Mädchen den Stiel einer welkenden Veilchenblüte.
    Weißt du, hätte Zarah am liebsten geschrien, dass die Rebellen vielleicht hinter dem Mord an deiner Mutter stecken? Und es war ihr egal, ob sie Abbas’ Worten glaubte oder nicht.
    Sie wollte ihn hassen. Und sie wollte damit nicht die Einzige sein.
    Weil alles so furchtbar wehtat.
    Alessa musste ihren Blick bemerkt haben, hob die Blume an die Nase und zuckte mit den Schultern. »Manchmal ist er ganz komisch drauf. Hat mir das hier in die Hand gedrückt.« Das Mädchen legte das Veilchen auf den Nachttisch. »Hast du es übrigens schon gesehen? Es hat geschneit!«
    Zarah drehte sich auf die Seite. So musste sie Alessa nicht ansehen. Dafür aber das Veilchen, das verloren auf der hellen, rissigen Holzoberfläche lag. Liebe, Hoffnung, Treue. Treue! Ja, er brachte sie tatsächlich dazu, alles zu vergessen.
    Er log sogar durch die Blume.

1 7
    Gallagher legte eine Hand auf den kühlen Touch-Screen seiner Wohnung und wartete, bis die Identifikation gelaufen war. Auf der Schwelle ertappte er sich dabei, wie er zögerte, einzutreten und die Dämonenwelt endgültig an sich heranzulassen. Dabei hatte er sich so sehr beeilt, der Toten Stadt den Rücken zu kehren und noch bei Tageslicht nach Hamburg zu fliehen. Als könnte man vor der eigenen Dummheit weglaufen.
    Die Beleuchtung schaltete sich automatisch ein und flutete den Korridor. Oft hatte er Friedbert dabei beobachtet, wie er auf dem spiegelblanken Parkett Pirouetten drehte und Melodien aus ›La Sylphide‹ summte. Ein kleiiiner Mann für das Bolschooooooi Theater , hatte er seinen Freund stets mit einem von vielen fast vergessenen Archaismen geneckt. In der letzten Zeit waren die Darbietungen häufiger geworden, ganz besonders das Ende des zweiten Aktes.
    Mit einer Schulter lehnte er sich an die Wand, unfähig, ein Teil dieser polierten Welt zu sein. Die Tür zum Arbeitszimmer lockte ihn in das vertraute Refugium, wo er inmitten von überfüllten Kisten, hier und da verhedderten Kabeln und in den Ecken lauernden Staubmäusen frei atmen konnte. Doch er rührte sich nicht, sondern starrte die Kratzer im Parkett an. Denn über die Kratzer im Parkett nachzudenken half ihm, nicht über Zarahs fassungsloses ›Wie konnte ich dich lieben‹ nachdenken zu müssen.
    Merkwürdig, diese Schrammen auf dem Boden. Wo kamen die her? Er hob den Blick. Das 3-D-Bild, das winterliche Alpen zeigte und zwischen dem Bad und Friedberts Schlafzimmer hing, fehlte. Es war mit aller Gewalt abgerissen worden. An der Stelle, wo es mit doppelseitigem Klebeband fixiert gewesen war, fehlte ein Stück Tapete. In einer Ecke glänzten Scherben.
    »Friedbert?« Er legte eine Hand auf die Pistole, die im Halfter an seiner Hüfte steckte. »Friedbert! Bist du da?«
    In den Tiefen der Wohnung lief der Fernseher. Ansonsten gab es keine Geräusche, die ihn alarmiert hätten, doch der Ruhe traute er nicht. Auf den Zehenspitzen schlich er zum Wohnzimmer.
    »Friedbert? Hörst du mich?«
    Seine Hand umklammerte die gezogene Pistole, noch bevor der zerstörte Raum in allen Einzelheiten auf ihn wirken konnte. Sämtliche Schubladen waren auf den Boden geleert worden, das Mobiliar verrückt, die Polster aufgeschlitzt. Einst hatte er Vasen besessen, fiel ihm ein, und Regale, die im Zickzack die Wände des Zimmers entlangliefen. Jetzt lag alles zerschellt und zerschlagen auf dem Boden. Schwere Stiefel hatten das Pampasgras zertreten und schmutzige Abdrücke auf dem Flokati hinterlassen.
    Friedbert saß auf einem Schaumstofffetzen, der aus der Mitte des Sofas wie ein Eisberg ragte, lutschte an einem Brocken Popcorn und stierte auf den

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