Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde
verbringen müssen. Allein! Weil ich nicht wusste, wo du steckst, wann du zurückkommen und ob du mich brauchen würdest. Kannst du dir vorstellen, welche Sorgen ich mir gemacht habe?« Er verdrehte die Augen und winkte ab. »Ach, vergiss es.«
»Friedbert, es tut mir ganz ehrlich leid. Zarah … Ich meine: Lessa und Zarah ging es ziemlich mies. Wie hätte ich da weggekonnt, ohne zu wissen, ob sie es packen würden?«
»Ja. Klar.« Friedbert biss in das Popcorn. Seine Wangen blähten sich wie bei einem Hamster, ein paar weiße Krümel blieben an seinem Kinn kleben. »Fernseher: an!«
Der Bildschirm hellte sich auf.
»Fernseher: aus!« Gallagher setzte sich zu der Fee auf das Sofa. Etwas knirschte darin, eine Feder musste sich gelöst haben und ließ Friedbert ein kleines Stück in die Höhe schnellen. Der Schaumstoff ragte schief aus dem Schlitz, als die Fee wieder landete. »Entschuldige. Weißt du was? Ich habe einen Vorschlag. Drei Raunächte stehen noch bevor, und ich gelobe feierlich, hierzubleiben und mit dir zu feiern.« Er hob eine Hand. Der Entschluss bedeutete eine Erleichterung. Zumindest hatte er einen Vorwand, um nicht in die Tote Stadt zurückkehren und Zarah ansehen zu müssen, solange ihre Worte in seinen Ohren nachklangen.
»Drei Nächte von zwölfen – was für eine Quote.«
»Gegen einen guten Wein und leckeres Essen hast du doch nie etwas einzuwenden. Was sagst du? Frieden?«
»Gut. Aber damit eines klar ist: Das kostet dich mindestens einen knusprig gebratenen Juleber. Und wehe, du bestellst ihn beim Catering-Service. Ich will dich in der Küche schuften sehen.«
Gallagher lachte. »Einverstanden.« Egal, wie die Dämonenwelt es wertete, er war bei Friedbert, der jeden unzulässigen Gefühlsausbruch gnädig übersah. Als er vorhin den Drang verspürt hatte, immer weiter zu fliehen, hatte er anscheinend vergessen, was es war, bei einem Freund bleiben zu können. Vielleicht sollte er mit ihm reden, über all das, womit er so schwer klarkam? Seinen Empfindungen Ausdruck verleihen? Es sich von der Seele reden?
Er grübelte bereits, wie er anfangen sollte, als er bemerkte, dass sich das mollige Gesicht der Fee trübte. Die Sommersprossen verblassten und wirkten mit einem Mal verwaschen. »Remarque.«
»Äh – was?«
»Sie haben die Bücher gefunden. Die, die du im Bad hinter den Fliesen am Badewannensockel versteckt hattest.«
Mit einem Mal fühlte sich Gallaghers Kopf leer an. »Du hast doch gesagt, sie hätten nichts gefunden.«
»Tut mir leid.« Die Stimme der Fee knirschte. »Ich hatte die Bücher vergessen, sonst hätte ich das Bad ebenfalls mit dem Glücksstaub bestäubt. Ich hatte nicht mehr viel davon übrig.«
Remarque war weg. Der kostbare, auf Papier gedruckte Remarque.
Seine Finger erinnerten sich noch an die rauen Seiten, die er umblättern und nicht weiterklicken musste, und an das Geräusch, das sie dabei verursachten. Über den Rücken der Bücher hatte er gern mit dem Daumen gestrichen. Er erinnerte sich an den Geruch, den die Bücher einst besessen hatten, zumindest, bis das Raumspray ›Ozeanbrise‹ ihn vertrieben hatte. »Du hast Remarque nie gemocht.«
Es klang wie ein Vorwurf.
Die Fee wandte den Blick ab. Die Libellenflügel erzitterten. » Du hast ihn gemocht.«
»Ich habe ihn nie vollends begriffen. Ich wollte es, aber er ließ es nicht zu.« Schon seltsam, immer ausgerechnet das zu mögen – und manchmal auch zu lieben –, was man nicht verstand. Vielleicht hätte er besser seine Fachliteratur lieben sollen, die keine Geheimnisse vor ihm hatte. Vielleicht hätte er sein Herz besser einer Frau öffnen sollen, die nicht in der Lage war, ihn zu verletzen. »Sie haben die Bücher vernichtet, nicht wahr?«
»Erst einmal nur konfisziert.« Friedbert rutschte hin und her, bis er fast hinunterkullerte. »Wie geht es eigentlich Alessa? Und … Zarah?«
»Zarah hast du auch nie gemocht, nicht wahr?«
Er hätte das Veilchen nicht aus der Hand geben sollen. Wie war er überhaupt auf den Gedanken gekommen, ihr Blumen zu schenken? Was für eine dumme Idee.
»Muss ich das?«, schnaubte Friedbert. »So, wie du ihr hinterherhechelst, reicht das locker für uns beide. Sag mal, was ist überhaupt los mit dir? Du siehst aus wie … Warte. Du hast es ihr gesagt, nicht wahr? Ich spüre da bei dir gewisse Schwingungen, die mir ganz und gar nicht gefallen.«
»Gesagt? Was?« Dass ich sie liebe?
»Dass du ein Mensch bist.«
Er wollte doch mit Friedbert darüber reden,
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