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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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sie erlassen. Wir müssen schnell sein und versuchen, sie hierherzubringen.«
    Es schmerzte, ihn anzulügen. Es schmerzte, Enyas Namen so vertraut aus seinem Mund zu hören und die Sorge zu spüren, die darin mitschwang. »In Sicherheit.« Es zerriss sie. All das, was er sie zu spüren zwang, ohne dass sie wusste, was es eigentlich war. »Den Weg in die Tote Stadt wird sie nicht verkraften … Wir sind doch in der Toten Stadt?«
    »Ja.«
    Sie keuchte. » Du bist in der Toten Stadt. Und wenn du nicht gerade eine ausgefallene Selbstmordmethode ausprobierst, erzähle mir nicht, du wärst ein Dämon.«
    Er zupfte an den Locken. Nicht mehr schelmisch, sondern irgendwie bedrückt, als wüsste er plötzlich nicht, wohin mit den Händen. »Ich bin ein Mensch.«
    Sie zog sich die Decke bis zu den Achseln und verschränkte die Arme über dem Bauch. Auf einmal fror sie. »Du arbeitest im Ordnungsamt. Du hast die Akademie absolviert. Und allein um dort aufgenommen zu werden, musstest du die Reinheit deiner dämonischen Abstammung bis in die fünfte Generation nachweisen. Na los, du hast noch einen Versuch, mich anzulügen, aber diesmal streng dich etwas mehr an. Wer bist du?«
    Er ließ die Locken los und schaute an die Zimmerdecke, wo die Tapete abgegangen war und einen Schimmelfleck entblößte. »Ein Wechselbalg.«
    »Wwwww… was?« Das Wort vibrierte in ihrer Kehle. Sie schnappte nach Luft.
    »Meine Dämonenfamilie hat ihr Baby gegen ein Menschenkind getauscht. Auf dem Papier bin ich ein Dämon. In Wirklichkeit – ein Mensch.«
    Auch sie wandte den Blick ab, konnte ihn nicht mehr anschauen, ohne an dem Kloß in ihrem Hals zu ersticken. Stattdessen starrte sie auf ihre gespreizten Finger, die auf dem gräulichen Laken zitterten.
    Es war so verdammt kalt in diesem Zimmer!
    Ja, das musste es sein.
    Bis die Finger sich ballten und den Stoff würgten. » Nein. «
    Hatte sie es gesagt? Gehaucht? Bloß gedacht?
    In ihrem Kopf erhoben sich Rufe einer johlenden Menge. Mit einem Mal fühlte sich Zarah klein und völlig verloren. Mam! Zarah kämpfte sich durch die Meute. Die Aufseher hatten sie und ihre Mutter aus dem Haus gezerrt, das ganze Dorf auf der Hüttmannwiese zusammengetrieben. Im Tumult hatte Zarah ihre Mutter verloren. Mam! Da vorn, etwas abseits stand sie, eine schlanke Frau mit hängenden Armen. Das goldene Haar hüllte sie ein, sonst trug sie nichts außer einem Negligé, das sie niemals auszog. Endlich war Zarah bei ihr, fasste den dünnen, kühlen Arm an und zog daran. Mam, komm mit mir hier weg, Mam. Lass uns nach Hause gehen. Die Frau reagierte nicht. Sie reagierte nie, und Zarah hatte gelernt, nicht in das starre Gesicht mit den verdrehten Augen, der hängenden Unterlippe und dem vorgeschobenen Unterkiefer zu blicken.
    Mam, komm hier weg. Zumindest in die hinteren Reihen, wo Zarah nicht die schwarze Bühne mit dem Pfeiler sehen musste, an den zwei Mädchen gekettet waren. Eine gebrandmarkte Dämonin und ein Mensch. Beide Wechselbälger, aufgeflogen. Mam … Zu spät. Die ersten Steine trafen die zitternden, gekrümmten Leiber, die sich aneinanderschmiegten. Sie werden ihn töten, Mam. Sie werden Gallagher töten.
    »Zarah?«
    Sie zitterte unter dem Laken. Ihre Finger krallten sich noch immer in den Stoff. Genauso, wie sie sich damals an ihre Mutter geklammert hatte.
    »Es ist …« Ich kann es einfach nicht. Diese Angst um dich haben. »… so kalt hier. Gib mir etwas Wasser.«
    Er reichte ihr das Glas, doch ihre Zähne klapperten so sehr, dass sie das meiste verschüttete. »Warum hat deine Dämonenfamilie das getan? Wenn so etwas herauskommt, werden die Kinder hingerich…« Ihre Stimme brach. »Die Dämoneneltern werden gebrandmarkt und ihrer Rechte enthoben. Niemand riskiert so etwas.«
    »Doch, wenn man das eigene Baby sehr liebt. Wenn man alles tun würde, um es vor einem Fluch zu bewahren.«
    Liebe? Eindeutig ein falsches Gefühl bei Dämonen. Aber nicht gänzlich ausgerottet. »Es gibt sie also tatsächlich. Dämonen, die ihre Sprösslinge nicht bloß als Brut ansehen.«
    »Anscheinend.«
    Es war zu viel. Einfach zu viel. »Um was für einen Fluch handelt es sich dabei?«
    »Die Einzelheiten durfte ich nicht wissen. So weit ich das herausfinden konnte, ging es um einen Streit mit einer Fee, die das Baby daraufhin verflucht hat. Allerdings wurde der Schadenszauber mehrdeutig formuliert, sodass er nicht zwangsläufig das Baby meiner Dämonenfamilie treffen musste, sondern jenes, das sie großziehen und Sohn

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