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Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde

Titel: Tag, an dem meine Schwester zur Dämonin wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Krouk
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gewesen sein, als ich versprochen habe, dich auf die Insel mitzunehmen.«
    Seine Züge wurden hart. »Zarah, ich schwöre, ich habe keine Ahnung, wie das passiert ist. Ich wollte sie nicht küssen.«
    »Die Ausrede habe ich schon gehört.« Sie ließ ihn los und stampfte davon, ungeachtet ihres schmerzenden Knöchels. Tief in ihrem Inneren vermisste auch sie etwas. Aber sie hatte es an die Sirene verloren, und es war mehr als Gallaghers Kuss.
    »Oh nein, Ausreden hast du von mir noch nie gehört. Und so eine schon gar nicht.«
    Er sprach leise, und trotzdem fuhr sie herum, und im nächsten Augenblick starrte sie ihn nieder, mit all ihrer Wut, die nicht durch ihre verengte Kehle passte. »Schön zu erfahren, dass du damals bei Giulia genau wusstest, was du tatest.«
    Er stand mit verschränkten Armen da, mitten auf dem Weg und immer noch viel zu nah an der Sirene. Friedbert hatte sich auf seiner Schulter aufgerichtet, die Arme ebenfalls verschränkt. »Zarah, ich dachte, wir hätten die Vergangenheit hinter uns gelassen. Ich dachte, wir würden neu anfangen.« Jetzt klang seine Stimme wie kahl geschoren.
    Vielleicht kam es ihr aber auch nur so vor, weil sie es war, die sich so entblößt fühlte. »Das dachte ich auch. Doch anscheinend habe ich falsch gedacht. Du bist keinen Deut anders als damals!«
    »Ach ja?« Er trat auf sie zu. »Dann freut es mich zu erfahren, dass du in mir immer noch einen waschechten Dämon siehst. Ich hatte schon befürchtet, du würdest mich von dir stoßen, weil ich ein Mensch bin.«
    Sie wich einen Schritt zurück, besann sich wieder und reckte ihm ihr Kinn entgegen. »Ich stoße dich von mir, weil du ein Arschloch bist. Enya, Giulia, ich, Himeropa …«
    »Ich habe nie etwas mit Enya gehabt!« Er hatte die Stimme erhoben. Das tat er sonst nie.
    Nun stolperte sie doch noch einige Schritte zurück. »Dann ist sie wohl vom Heiligen Geist schwanger. Denn abgesehen von mir, dir und Ash hat sie mit niemandem Umgang gepflegt.«
    »Na bitte: Ash! Da hast du deinen Heiligen Geist!«
    »Ash würde so etwas nie tun!«
    »Aber ich, ja?«
    »Du, ja! Wie man sieht, knutschst du alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Aber beim Knutschen belässt du es nicht. Musste Enya es mit dir für den Kanonenofen treiben? Und Giulia? Lass mich raten: für den Lipgloss. Brilliant rose kiss – hab gehört, das Zeug soll wahnsinnig begehrt sein.«
    Er packte sie. Seine Finger bohrten sich in ihre Oberarme.
    Oh Höllenfürst. Sie hatte ihn angeschrien. Er hatte sie angeschrien.
    Ihr Rücken stieß gegen ein Schaufenster eines ehemaligen Geschäfts. Keine Fluchtmöglichkeit mehr, nur noch dieses beängstigend schöne Gesicht vor ihr. Sie schnappte nach Luft, als sie … Gallagher schmeckte – seine Wut, seinen Schmerz, seine Hilflosigkeit. Ihr Schrei schlug in ein Stöhnen um, das sich in seinen Mund entlud. Sie stemmte sich gegen seine Brust, konnte ihn jedoch keinen Millimeter fortbewegen. Dann fehlte ihr plötzlich die Kraft und auch der Wille, ihn wegzustoßen.
    Ihre Hände blieben auf seiner Brust liegen.
    Er gab ihren Mund frei, drehte den Kopf weg und lehnte seine Stirn gegen das Schaufenster. Langsam atmete er aus. Sein Körper versperrte ihr den Weg, aber jetzt hätte sie ihn mit Leichtigkeit zur Seite und aus ihrem Leben schieben, fortgehen und ihn allein zurücklassen können.
    Ihre Hände wanderten höher, ruhten einen Augenblick auf seinen Schultern, dann strichen sie den Nacken entlang, und schon fühlte sie sein Haar zwischen ihren Fingern. Mit einer Wange lehnte sie sich gegen ihn. An seiner Stirn spürte sie noch die Kälte der Fensterscheibe. Hinter ihm scharten sich die Schatten der Sirenen zusammen, gierten nach seiner Liebe und zehrten von seiner Wärme.
    Sein Atem hauchte den Winter von ihren Lippen fort. Sie wartete auf den Kuss, aber sein Mund verharrte wenige Zentimeter vor dem ihren. Wenige Zentimeter und doch so unendlich weit entfernt, dass sich dazwischen noch der Inselwind drängte. Vielleicht war das seine Art, ihr eine Chance zu geben, doch noch auf einen Baum zu klettern.
    Sie zögerte. Dann hielt sie es nicht länger aus, küsste ihn und spürte, wie seine Lippen sie zärtlich und warm empfingen.
    Es war, wie eine ziellose Flucht aufzugeben. In seinen Armen durchzuatmen und plötzlich zu merken, dass sie endlich, endlich hineingefunden hatte. Dass sie genau danach gesucht hatte.
    Willkommen zu Hause, Herz.
    Was ist, wenn das alles nicht echt ist? , dachte sie. Viel zu

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