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Tag der Buße

Titel: Tag der Buße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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allzulange wachhalten können. Hank wäre schon längst eingeschlafen, wenn der Schwule ihm letzte Nacht nicht diesen magischen Zellophanumschlag gegeben hätte.
    Hank hatte wählen dürfen. Wollte er für seine Dienste Koks oder Geld? Da er wußte, daß er das Geld eh kriegen würde, hatte sich Hank gedacht, warum nicht das Koks nehmen? Vor etwa einer Stunde hatte er sich den letzten Rest reingezogen.
    Peng. Sofortige Energie fürs Gehirn.
    Wenn der Junge einpennte, würd’ er sich den Revolver schnappen.
    Ein rascher Schuß.
    Wenn er genug Zeit hätte und wenn ihm danach war, würde er es mit dem Jungen genauso machen wie mit dem Schwulen. Oder wie er’s gern mit dem Knallkopf gemacht hätte.
    Wenn er’s nur besser gewußt hätte.
    Er sah zu Nick-O hinüber. Der Junge schlief nicht, er betete wieder. Wir wollen uns doch nichts vormachen, der Junge mußte wissen, daß seine Zeit abgelaufen war. Es schien ihn noch nicht mal zu kümmern.
    Es war fast so, als ob er den Jungen aus seinem Elend erlöste.
    Das war eine gute Formulierung, den Jungen aus seinem Elend erlösen. Ein rascher Schuß in den Kopf, und alles wäre vorbei. Dann würde er sich den Jungen vornehmen, wenn er Lust dazu hatte. Yeah, vermutlich würde er sich den Jungen vornehmen, warum auch nicht zum Teufel, er wäre ja eh tot. Der Gedanke erregte ihn.
    Aber der Junge müßte auf jeden Fall zuerst tot sein. Hank war kein Monster, er würde sich den Jungen nie vornehmen, solange er noch am Leben war. Nick-O war ja schließlich kein übler Kerl.
    Bloß zu jung.
    Bloß zu grün.
    Bloß nicht hart genug.
    Der nächste Junge mußte es besser machen.
    Ein rascher Schuß.
    Warum ihn leiden lassen?
     
    Wie ein postmodernes Stonehenge überragte der unfertige Century Freeway einen unbefestigten Weg nahe beim Imperial Highway. Vierstöckige Betonpfeiler trugen unzusammenhängende Platten des künftigen Highways, die abrupt in offenliegenden rostigen Metallspitzen endeten. Der graue Nebel verwischte die harten Konturen wie Haarspray auf einer Kameralinse.
    Unter dem Freeway waren riesige Schotterberge und zahlreiche schwere Baumaschinen. Direkt südlich des Highways standen – wie die Kulisse zu einem Hollywoodfilm – Palmenhaine, die überhaupt nicht in diese Industrielandschaft paßten. Das ist typisch Los Angeles, dachte Decker. Nichts paßt zusammen. Jenseits der Palmen lagen eine Wohnsiedlung und ein noch unvermieteter Bürogebäudekomplex.
    Decker fuhr parallel zur Baustelle. Keine Anzeichen von etwas Lebendigem, aber das war zu erwarten. Wenn die Jungen im Freien kampierten, hatten sie sich versteckt. Er bat Rina, auf Telefonzellen zu achten. Während sie immer weiter nach Westen fuhren, endete der unfertige Freeway urplötzlich am Aviation Boulevard. Decker überquerte die Kreuzung, fuhr über Eisenbahngleise und immer weiter in dieselbe Richtung. Nördlich des Imperial Highway fing die Baustelle wieder an. Richtung Süden standen die Gebäude von Hughes Aircraft und zahlreiche Bürotürme.
    Je weiter sie nach Westen fuhren, um so näher kamen sie zum Flughafen, entfernten sich aber gleichzeitig vom Freeway 405, der einzigen Straße, auf der um diese späte Stunde noch Verkehr war. Die Nebenstraßen waren wie ausgestorben. Auf dem schwarzen Asphalt spiegelten sich die Lichter der Ampeln wie bunte Weihnachtsbeleuchtung. Weder er noch Rina entdeckten eine einzige Telefonzelle. Er fuhr zum Aviation Boulevard zurück. Es gab keine durchgehenden Straßen parallel zur anderen Seite der Baustelle, deshalb mußte er einen Umweg durch ein Arbeiterviertel machen. Dort standen zahlreiche Lastwagen, Vans und jahrzehntealte amerikanische Autos herum.
    »Was suchst du?« fragte Rina schließlich.
    »Die Stelle, wo die Hühner die Straße überqueren«, sagte Decker. »Wir versuchen, auf die andere Seite zu kommen.«
    Seine Stimme klang angespannt.
    »Sind wir nicht in der Nähe von diesem Versandhandelszentrum?« fragte Rina.
    »Du hast einen guten Orientierungssinn, Schatz.«
    Er kurvte durch verschiedene Straßen, die von kleinen verputzten Häusern gesäumt waren, bis er zum Tropical Island Biway kam. Dort bog er nach links, vorbei an einem neu angepflanzten Palmenhain. Davor war ein Wasserfall, der sich in ein Becken im Mittelmeerstil ergoß. Oben stand in schwarzen Kursivbuchstaben auf weißen Fliesen der Name des Komplexes: Tropical Island Business Park. Eine lange Zufahrtsstraße führte zu einer Gruppe weißer Steinhäuser mit grünen Fensterrahmen.
    Das

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