Tag der Entscheidung
befriedigen.
»Du meine Güte«, wandte Akani mit unbekümmerter Stimme ein. »Ich für meinen Teil fand den midkemischen Wein sehr vielversprechend.«
»Steht Ihr nur hier herum und trinkt mit diesem Schwachsinnigen, der sich selbst Kommandeur schimpft!« Tapek schrie jetzt beinahe. »Einige von uns haben Wichtigeres zu tun, und ich denke, es liegt ganz im Interesse des Rates, der uns als Delegierte hierhersandte, daß einer von uns die Vorgänge beobachtet und sich davon überzeugt, daß die Streitkräfte die Kämpfe auch wirklich abbrechen.«
Akani blickte den jüngeren Magier tadelnd an. »Der Kommandeur gehorchte ohne Einwand und befahl seinen Truppen sofort, sich zurückzuziehen. Zweifelt Ihr an seinem Wort, für das er mit seiner Ehre einsteht?«
»Das brauche ich nicht«, knurrte Tapek.
An dieser Stelle schaltete sich der dritte Magier ein, der in die Ferne gestarrt hatte, in die Richtung der Armeen. »Tapek hat möglicherweise recht. Ich kann mit Hilfe meines Seher-Blicks nichts erkennen, was auf ein Nachlassen der Kämpfe hindeutet.«
Zu Lujans Erstaunen winkte Akani lediglich ab. »So wie ich es verstanden habe, benötigen diese Dinge Zeit.« Er blickte den Kommandeur fest an und strich sich über das Kinn. »Ein Vasall bleibt zur Unterstützung, damit sich eine andere Kompanie zurückziehen kann … war es nicht so, Kommandeur?«
Lujan überspielte seine Überraschung. Seine Ehrfurcht nahm etwas ab, als er begriff: Dies waren nur Menschen! Bei ihnen gab es genauso Fraktionen wie bei den miteinander wetteifernden Herrschern im Spiel des Rates. Allem Anschein nach bemühte sich der Erhabene Akani vorsichtig, Maras Sache zu unterstützen, ohne das Edikt der Versammlung erkennbar zu mißachten. Lujan unterdrückte den Drang, dem Magier Vertrauen entgegenzubringen, und sagte: »Absolut richtig, Erhabener. Der Lord der Tuscalora –«
»Oh, langweilt uns nicht mit Details!« warf Tapek ein. »Sagt uns einfach nur, warum Mara von den Acoma es wagt zu glauben, daß sie diesen Angriff befehlen und ungestraft davonkommen kann, obwohl es ihr ausdrücklich von uns verboten wurde, gegen Jiro von den Anasati zu kämpfen.«
Lujan leckte sich über die Lippen; seine Nervosität war nicht gespielt. »Ich weiß es nicht.« Die Sandkörner unter seinen Knien gruben sich allmählich ins Fleisch, und sein Rücken schmerzte von der ungewohnten Haltung. Schlimmere Qualen kamen ihm in den Sinn. Er konnte Maras Tod heraufbeschwören, wenn er die falschen Worte wählte. Bei den Göttern, er war hervorragend auf jede Art von Kampf vorbereitet, doch er besaß nicht Sarics Talent für politisches Taktieren. Er suchte mühsam nach einem Weg, die direkte Wahrheit zu vermeiden. »Ich erhielt von ihr den Befehl, die Traditionalisten daran zu hindern, nach Norden, nach Kentosani zu marschieren. Wie Ihr sagtet, ist sie unterwegs zur Heiligen Stadt, ebenfalls auf Anordnung der Versammlung.«
»Aha! Ist sie das?« Tapek kreuzte die Arme und strich befriedigt über seine Ärmel. »Jetzt werden wir die Wahrheit hören. Welchen Weg hat sie dorthin genommen? Und keine Tricks! Sagt die Wahrheit, oder Ihr werdet einen qualvollen Tod erleiden.« Bei diesen Worten streckte Tapek einen Finger aus, und eine Flamme flackerte auf und zerschnitt die Luft mit einem Fauchen. »Und jetzt antwortet!«
Lujan erhob sich zu seiner vollen Größe. Wenn er sterben oder Maras Chancen zunichte machen mußte, würde er dies als Mann und Krieger tun, aufrecht auf seinen Beinen stehend. »Euer Wille geschehe, Erhabener. Meine Mistress plante, über kleinere Straßen zu reisen, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten.«
Jetzt schaltete sich der schweigsamste der drei Magier, Kerolo, ein. »Und wenn sie in Schwierigkeiten gerät?«
Lujan schluckte; seine Kehle war staubtrocken. Er hustete und zwang sich zum Sprechen, und es gelang ihm mit seiner ganzen Kraft, seine Stimme bei diesem letzten Schritt stark und fest klingen zu lassen. »Dann sucht sie den nächstgelegenen Cho-ja-Stock auf.«
Die Magier Kerolo und Tapek wechselten erschrockene Blicke, während sie sich gemeinsam an ihren Transportvorrichtungen zu schaffen machten. Ein Summen erfüllte die Luft, übertönte die nachlassenden Schreie der Schlacht und das von weither kommende Geklapper der Schwerter. Dann zerteilte eine Brise den Staub, und das Paar war verschwunden. Zurück blieb Akani, der Lujan schweigend und deutlich beunruhigt musterte. Ein Augenblick verstrich. Lujan stand so reglos und
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