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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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über die Tempel, in nie dagewesener Vorrangstellung herrschen. Seine Macht wäre gottähnlich, und es würde keine Frau im Kaiserreich geben, die sich nicht ehrerbietig vor seinem Ruhm zu Boden werfen würde. Er konnte sich jede Frau ins Bett holen, die er nur wollte – und keine würde sich weigern, ihm zu Gefallen zu sein! Daß Mara von den Acoma ihn einmal verschmäht hatte, würde endlich keine Rolle mehr spielen, denn ihr Geschlecht wäre dann längst Rauch und Asche. Er, Jiro, zweiundneunzigmal Kaiser, würde als der Mann in Erinnerung bleiben, der eine Gute Dienerin des Kaiserreiches bezwungen und vernichtet hatte. Seine Taten würden ein Denkmal in den Augen der Götter sein: niemals dagewesen, der perfekte Plan im Spiel des Rates, denn kein Lord konnte eine größere Gegnerin herausfordern als eine, die von den Massen geliebt wurde.
    Jemand rief etwas vom Wald her. Jiro wurde aus seinen Gedanken gerissen und fuhr auf. Pergamentrollen und kleine Kästchen waren um ihn verstreut. Er beachtete sie nicht, so konzentriert war er auf die unter seinen Soldaten ausgebrochene Unruhe. »Was ist los?« verlangte er knapp zu wissen, doch er mußte feststellen, daß Chumaka nicht mehr neben der Sänfte herlief.
    Der Mann hatte einen unangenehmen Freiheitsdrang. Jiro kochte, als er den grauhaarigen Kopf des Ersten Beraters entdeckte. Er beugte sich zu Kommandeur Omelo.
    Als Jiro das besorgte Gesicht des Offiziers sah, verflog sein Ärger. »Was ist los?« fragte er jetzt deutlich lauter.
    Omelo richtete sich auf und nahm jetzt die Haltung an, die von einem Offizier erwartet wurde. Er ging zur Sänfte, Chumaka folgte ihm dicht auf den Fersen. »Einer unserer Kundschafter fand seinen Partner, der die Aufgabe übernommen hatte, unsere Flanke zu beobachten.«
    Jiro runzelte die Stirn. »Der Mann hat seine Pflicht vernachlässigt?«
    Omelos Gesicht zeigte keinerlei Veränderung. »Nein, Mylord. Im Gegenteil. Er ist tot. Ermordet.« Er äußerte die Neuigkeit mit knappen, aber exakten Worten. »Ein Pfeil in den Rücken.«
    Chumaka brach das Protokoll: »Hat der Mann dabei gestanden, oder lief er?«
    Omelo wirbelte halb herum, die Augen zusammengekniffen. Er hielt sich immer sehr genau an das Protokoll, und so wandte er sich an seinen Herrn, als hätte Jiro ihm diese Frage gestellt.
    »Mylord, unser Mann wurde niedergeschossen, während er rannte. Der Kundschafter hat die Spuren untersucht.« Er salutierte rasch mit der Faust über dem Herzen und verneigte sich kurz. »Mit Erlaubnis meines Herrn – wir wären gut beraten, wenn wir die Krieger eine fester geschlossene Formation einnehmen ließen. Welche Neuigkeiten unser erschlagener Kundschafter Euch auch hatte überbringen wollen, er wurde getötet, um daran gehindert zu werden. Und der Pfeilschaft ist unmarkiert.«
    »Banditen? Oder Verbündete der Acoma? Glaubt Ihr, daß wir in Gefahr sind?« fragte Jiro; dann erinnerte er sich: Eine Verzögerung, aus welchen Gründen auch immer, konnte sich als fatal erweisen. Er gewann seine Würde zurück und bedeutete seinem Kommandeur mit einer knappen Handbewegung, daß er seine Pflichten wieder aufnehmen sollte. Dann wandte er sich an seinen Ersten Berater. Chumakas Gesicht war niemals so, wie man es erwartete. Jetzt zeigte es Interesse, als stünde er vor einer wunderbaren Wendung in einem Rätsel.
    »Ihr seht nicht gerade besorgt aus«, bemerkte Jiro sarkastisch.
    »Nur Narren sorgen sich.« Chumaka zuckte mit den Achseln. »Ein weiser Mann strebt nach Erkenntnis. Was geschieht, geschieht, und Sorgen werden uns nicht helfen, doch möglicherweise können wir durch Vorausberechnung unser Überleben sichern.«
    Durch das Gewirr, das entstand, als seine Krieger die Reihen schlossen, beobachtete Jiro die Straße. Es waren keine Flüchtlinge mehr zu sehen. Allein diese Tatsache war eine Warnung, denn sie waren furchtsam wie Vögel, die vor der Gefahr flohen. Der Weg vor ihm war jedoch leer, hell erleuchtet vom Licht der Sonne, die ihre Strahlen durch treibende Staubwolken sandte. Der undurchdringliche Wald hingegen war dunkel wie die Nacht. Weiter vorn fiel die Straße hinter einer sanften Kurve leicht ab, führte über eine Lichtung, wo Licht und Schatten ein wirres Fleckenmuster bildeten. Sonnenbesprenkelte Insekten huschten hin und her, doch kein größeres Wild war zu hören. Voller Unruhe senkte Jiro die Stimme: »Ich sehe nichts, vor dem wir uns in acht nehmen müßten.«
    Dennoch zwang ihn eine unbegreifliche Unsicherheit, den

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