Tag der Entscheidung
stellten sich dem Angriff entgegen. Sie waren mutig, unerschütterlich, entschlossen, doch sie hatten keine Chance. Entweder wurden sie von den Lanzen aufgespießt oder wie Hwaet von den Hufen niedergemäht. Die Flinksten konnten noch rasch zur Seite springen, nur um dann unter den Schwertern der blaugerüsteten Reiter zu fallen. Nur der Veteran der Midkemia-Kriege konnte sich retten. Sein schneller Hieb zerschnitt einem Tier die Achillessehne, und es brach zusammen. Der Reiter sprang ab; er fluchte, während das Tier einen merkwürdig menschenähnlich klingenden Schrei ausstieß. Schwert traf auf Schwert, und der Sieger des Zusammenstoßes verlor sich in einer ockerfarbenen Staubwolke.
Der zweiten Reihe ging es kaum besser. Ein Mann stach einem Tier in die Brust, bevor er überrannt wurde. Die Reiter spießten die meisten Verteidiger auf, doch dann wurden ihre Lanzen nutzlos, da die noch nicht zertrampelten Körper schon zu nah waren.
Jiro spürte Schweiß an seiner Haut entlangrinnen und bleckte die Zähne in einer Reihe wilder Flüche. Er konnte hier sterben! Welch eine Verschwendung: genau wie Halesko in einem Kampf aus dem Leben zu gehen! Durch das Schwert zu sterben, wie jeder ungebildete Narr es konnte, geblendet von der Lust nach Ehre! Jiro widerstrebte ein solcher Tod. Er wollte erst Maras Erniedrigung sehen!
Er befreite sich von den Kissen und sprang aus der Sänfte, bösartig wie ein in die Enge getriebener Sarcat.
Omelo stand noch; er stieß Befehle aus. Die ursprüngliche Wucht des Angriffs verebbte; die folgenden Reihen gerieten in Unordnung, als die Pferde der Shinzawai vor den Gefallenen ausscherten. Lanzen hatten Männer in zwei Hälften geteilt. Jetzt drehten die berittenen Schwertkämpfer Pirouetten; als wären sie eins mit ihren höllischen Tieren, kämpften sie gegen Fußsoldaten, die im Staub husteten. Die Anasati-Soldaten versuchten nicht ein einziges Mal zu fliehen. Sie hielten tapfer stand und verteidigten sich von einer benachteiligten Position aus gegen Feinde, die ihre Schwerter über ihren Köpfen schwangen.
Die Schwertkampfkunst der Tsuranis war gegen Schläge von oben machtlos. Die Besten fielen, die Helme gespalten, das Blut in den trockenen Boden sickernd.
Und immer noch kamen weitere Reiter. Sie drängten der Sänfte und den eng geschlossenen Reihen von Jiros Ehrengarde entgegen. Sie, die letzten und härtesten Verteidiger Lord Jiros, schrien trotzig. Selbst die Tollkühnsten konnten sehen: Sie würden nicht genug sein.
Omelo stieß einen blasphemischen Fluch aus. Chumaka schien unauffindbar zu sein. Schwerter zischten durch die Luft; einige prallten gegen andere Klingen und wurden abgelenkt. Zu viele schlugen tief in rote Rüstungen, vergossen immer mehr kostbares rotes Blut.
Hokanus Kavallerie trampelte über die Gefallenen hinweg. Wieder fiel ein Pferd unter Krämpfen, und ein zu nahe stehender Krieger wurde vom Huf eines um sich tretenden Pferdes erschlagen. Jiro kämpfte gegen Übelkeit an. Er hob seine Klinge. Krieg war nicht seine Stärke, doch er mußte kämpfen, oder er würde sterben.
Die Schreie der tödlich Verwundeten raubten ihm fast den Verstand. Er bereitete sich auf den ersten Schlag vor, benommen und überwältigt von der brutalen Realität des Gefechts. Nur der Familienstolz hielt ihn noch aufrecht.
Ein Reiter erreichte die letzte Verteidigungslinie und bäumte sich auf, ein schwarzer Fleck gegen den hellen Himmel. Zähne blitzten weiß in einem Gesicht, das von einem Helm mit dem Federbusch eines Lords überschattet wurde. Der Reiter war Hokanu, erkannte Jiro.
Der Lord der Anasati schaute in Augen, denen jedes Mitleid fehlte: Augen so dunkel wie die von Kamatsu, eine Erkenntnis, die ihm den Mut nahm und ihn als feigen Mörder brandmarkte.
In diesen Augen sah Jiro sein Ende.
Er parierte den ersten Schwerthieb, wie er es gelernt hatte. Es gelang ihm auch noch, ein zweites Mal zu parieren. Ein Krieger starb zu seinen Füßen; er trat über ihn und stolperte beinahe. Galle brannte in seiner Kehle. Er hatte keine Kraft mehr. Und Hokanu bedrängte ihn, sein Pferd tänzelnd wie ein Dämon, sein Schwert ein Blitz im Sonnenlicht.
Jiro taumelte zurück. Nein! Dies geschah nicht wirklich! Er, der sich immer seines Verstandes gerühmt hatte, würde von einem Schwert niedergemetzelt werden! Benommen von Furcht wirbelte er herum und rannte.
Jede Vorstellung von Schande war von ihm gewichen angesichts des Schreckens, der hinter ihm herdonnerte. Jiro keuchte
Weitere Kostenlose Bücher