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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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gebunden, und sicherlich hatten sie inzwischen von ihrer Mißachtung des Edikts der Erhabenen erfahren.
    Sie rannte. Denn die Alternative war, dort abgeschlachtet zu werden, wo sie stand, als zwei massige Krieger aus dem Unterholz drangen und ihr nachjagten; nur Xanomu, der am Ende seiner Kräfte war, konnte sie aufhalten.
    Der Kampf war kurz, kaum ein halbes Dutzend Schwerthiebe, dann war das gurgelnde Geräusch eines Mannes zu hören, dessen Kehle durchtrennt worden war. Xanomu war gefallen, hatte sein Leben hingegeben für ein paar weitere Schritte durch den Wald. Die Bäume wurden lichter, dachte Mara; aber vielleicht ließ auch ihre Sehkraft nach, so benommen, wie sie war.
    Sie blinzelte Tränen oder Schweiß weg, und Dunkelheit türmte sich wie eine schwarze Wand vor ihr auf.
    Sie streckte eine Hand aus, als wollte sie einen Sturz abmildern, und ihre Fingernägel kratzten über Chitin.
    Cho-ja! Sie hatte den Hügel erreicht. Schwarze Körper schlossen sich um sie, drängten sich von allen Seiten gegen sie, so daß sie aufrecht stand. Mara keuchte, sie war eine hilflose Gefangene. Doch dies hier waren keine Krieger, sondern Arbeiter, eine enggeschlossene Gruppe aus Futtersuchern.
    Sie war nicht so dumm zu glauben, sie wäre in Sicherheit. Zwischen keuchenden Atemstößen sagte sie: »Ihr … müßt den Vertrag … der Versammlung … einhalten! Ihr dürft … nicht kämpfen!«
    Die Cho-ja beachteten sie nicht. Sie konnten ohnehin nicht kämpfen, da sie als Arbeiter nicht dafür gerüstet waren. Sie hatten keine Waffen und Werkzeuge bei sich. Doch als sie sich noch fester um Mara schlossen und ihre Verfolger aus dem Wald drängten, begriff sie: Die insektenähnlichen Wesen konnten nicht kämpfen, sondern nur sterben.
    Der vorderste Krieger schrie seinen Kameraden etwas zu, und sie gingen zum Angriff über. Schwerter blitzten im Licht des späten Nachmittags auf, als sie einen Arbeiter niederstreckten, der mit seinen Kameraden den Weg entlangging.
    Er fiel ohne Geräusch, um sich tretend und vor Schmerz hin und her rollend. Als wäre ihnen erst jetzt die Bedrohlichkeit ihrer Situation bewußt geworden, schlossen sich die übrigen Arbeiter zu einem einzigen Körper zusammen, in dessen Mitte Mara stand. Sie wurde zu dicht bedrängt von ihnen, als daß sie hätte umfallen können; aber sie konnte sich auch nicht gegen die Strömung wehren, als die Insekten-Wesen gemeinsam zu einem rasenden Sprint ansetzten. Wie Treibgut in der Strömung wurde sie mitgeschleppt. Sie konnte vor lauter Staub nichts erkennen und hörte nur das Klacken der chitinbedeckten Körper. Sie blieb mit den Füßen an einem Grasbüschel hängen und verlor eine Sandale. Dann erhob sich plötzlich der Hügel des Stocks vor ihnen, und sie verschwanden in der Dunkelheit.
    Die Minwanabi in den falschen Rüstungen schrien und rasten hinter ihr her, in den Tunnel hinein.
    Mara hielt sich nicht mehr mit Nachdenken auf. Sie ließ sich von den Arbeitern tragen, und blind in der Masse aus vertrauten Gerüchen und Geräuschen, bemühte sie sich nicht, die Vorgänge zu analysieren. Ihre Augen paßten sich langsam dem Licht an, und sie drehte den Kopf in Richtung des Lärms hinter ihr. Eine Zeitlang erkannte sie das merkwürdige, kratzende Ratschen von Klingen über ungeschütztes Chitin nicht.
    Cho-ja-Körper pflasterten den Boden, und immer noch drängten die falschen Krieger weiter. Die Cho-ja bei Mara verringerten plötzlich das Tempo, und ein hohes Summen dröhnte in ihren Ohren.
    Im nächsten Augenblick verfinsterte eine Flut dunkler Körper das letzte Licht vom Eingang. Sie wußte, daß sich jetzt Cho-ja-Arbeiter in den Fluchtweg gestellt hatten und die Verfolger Mara nur erreichen konnten, indem sie sich einen Pfad durch die lebende Barriere hackten.
    Mara war zu erschöpft und zu müde, um vor Trauer oder Erleichterung zu weinen. Ihre Gedanken richteten sich auf die erschreckende Erkenntnis, daß die Krieger dieses Schwarms sich nicht einmal jetzt verteidigten, als sie angegriffen wurden; sie wollten nicht riskieren, wegen Vertragsbruch von der Versammlung bestraft zu werden. Obwohl Mara wußte, daß die Cho-ja individuelles Leben – besonders das der Arbeiter – als notfalls entbehrlich betrachteten, bedauerte sie, daß das Leben dieser Wesen geopfert werden mußte, um sie zu retten.
    Das letzte schwache Sonnenlicht verschwand, als die Cho-ja um eine Ecke bogen. Mara war jetzt von totaler Finsternis umgeben. Seit ihrer Reise nach Chakaha in Thuril

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