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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Kriegsausbruch ausgeheckt hatte. Deshalb mußte sie die Königin dieses Schwarms aufsuchen und eine Audienz erhalten.
    Sie fühlte sich unsicher, und so mußte sie all ihren Mut zusammennehmen. Ihre Stimme zitterte, als sie schließlich sagte: »Bringt mich zu Eurer Königin.«
    Die Arbeiter antworteten nicht. »Ich muß mit Eurer Herrscherin sprechen«, beharrte Mara lauter.
    Die Arbeiter erwiderten noch immer nichts, doch sie hielten an – so plötzlich, daß Mara beinahe umgefallen wäre. »Ich muß Eure Königin sehen!« Sie schrie jetzt; ein stürmisches Echo hallte durch die Gänge und Tunnel.
    Licht brannte weiter unten in einem Seitengang. Mara wandte sich dorthin, und über die Rückenpanzer der gebückten Arbeiter hinweg sah sie eine Gruppe von Kriegern näher kommen. Dies waren tsuranisch erzogene Cho-ja, sie trugen Helme wie Menschen, und ein Befehlshaber ging an ihrer Spitze. Er erreichte die Kreuzung der Tunnel und richtete einen Blick aus onyxfarbenen Augen auf die unordentliche Frau inmitten der Arbeiter. »Ich bin Tax’ka. Ich bin gekommen, um Eure Bitte zu erfüllen und Euch zur Königin dieses Schwarms zu bringen.«
    Maras Müdigkeit verflog in einer großen Welle der Erleichterung. Als die Arbeiter eine Gasse für sie freimachten, trat sie vor; tiefe Verzweiflung packte sie, als ihre wackligen Knie beinahe nachgaben.
    Der Cho-ja-Befehlshaber kniete sich hin. »Ihr könnt reiten«, meinte er. »Unsere Königin möchte nicht warten, bis Ihr Euch von Eurer Erschöpfung erholt habt.«
    Mara war zu müde, um sich über eine Bemerkung zu erzürnen, die, wäre sie von einem Menschen gekommen, als Beleidigung verstanden worden wäre. Sie kämpfte sich auf die Füße und nahm die Unterstützung eines Arbeiters an, der ihr half, auf das Mittelteil des Befehlshabers aufzusteigen. Sie fühlte sich unsicher auf dem schwarzen, glatten Panzer. Ihre schweißnassen Hände fanden keinen Halt, der irgendwie vertrauenerweckend gewesen wäre, und der Cho-ja schwieg; er schien unwillig, sich um ihr Unbehagen zu kümmern.
    »Geht«, sagte sie entschlossen. »Bringt mich, so schnell es geht, zu Eurer Königin.«
    Der Gang des Cho-ja war erstaunlich weich, als er sich aufmachte. Mara hielt sich jetzt ohne Sorgen fest, lehnte sich leicht nach vorn, so daß sie sich an dem Chitin-Nacken festhalten konnte. Sie hatte keine Ahnung, wie weit entfernt von diesem Tunnel die Höhle der Königin sein mochte. Einige Stöcke waren so riesig, daß sie stundenlang auf dem Rücken eines Cho-ja reiten konnte, ohne sie ganz zu durchqueren. Die nach Gewürzen riechende Luft wehte ihr ins Gesicht. Der Schweiß auf ihrer Haut trocknete, und ihre Atemzüge wurden wieder ruhiger.
    Sie hatte jetzt Zeit, andere Unannehmlichkeiten zu bemerken: Muskelkrämpfe in den erschöpften Beinen und fürchterliche Abschürfungen unter der Rüstung. Die Gänge, die der Befehlshaber und seine Gruppe jetzt entlangschritten, waren unbeleuchtet. Ohne jedes Gefühl für Orientierung blieb Mara nichts anderes übrig, als sich blind festzuhalten, während ihre Eskorte ihren Auftrag ausführte.
    Es war die merkwürdigste Reise ihres Lebens. Die Dunkelheit war undurchdringlich; niemals gab es auch nur annähernd so etwas wie das Helldunkel aus Schwarz und Grau, das selbst in den stürmischsten Nächten auf der Oberfläche der Erde zu finden war. Mara konnte nur darauf warten, daß sie irgendwann wieder etwas sehen würde, während sie hin und her geschüttelt wurde. Doch immer mehr Zeit verstrich, und die Dunkelheit veränderte sich nicht; sie mußte ihre Zähne fest zusammenbeißen, um einen Schrei zu unterdrücken.
    Irgendwann während der Reise erkundigte sich Tax’ka nach ihrem Wohlbefinden. Mara gab eine vage Zustimmung, obwohl sie nichts davon verspürte; der schnelle Marsch in absoluter Finsternis wurde zu einer zeitlosen Reise durch ihre Gedanken. Müdigkeit und Anspannung beherrschten ihren Geist, versorgten sie mit Bildern, wo Licht und Natur es nicht vermochten: Eingebildete Bewegungen traten an den Rand ihres Sichtfeldes und ließen ihr Herz schneller schlagen und ihre Atemzüge flacher und rascher werden. Nach einiger Zeit schloß sie die Augen, um der Dunkelheit etwas von der Bedrohlichkeit zu nehmen. Es war eine Notmaßnahme, die aber keine Sicherheit ausströmte. Immer wieder vergaß sie sich und versuchte doch wieder zu sehen, nur um ihre Bemühungen von vollständiger Schwärze beantwortet zu sehen. Der Schrecken kehrte mit doppelter Kraft

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