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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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»Jahrhundertelang hat Eure Versammlung Autorität ohne jede Verantwortung genossen. Ihr Schwarzgewandeten habt für das ›Wohl des Kaiserreiches‹ getan, was Euch gefiel, wie launisch, absonderlich oder zerstörerisch die Tat auch gewesen sein mag.« Hinter ihren Worten schwang die Erinnerung an zwei Kinder mit, die von ihrem Vater, dem Lord der Minwanabi, getötet worden waren – eine Folge der Entehrung, die die Magier ihm aufgezwungen hatten. Obwohl Tasaio ihr Feind gewesen war, hatte Mara die Ermordung seiner Erben als furchtbar empfunden, eine Tragödie, die um so weniger verzeihlich war, als sie durch die gleiche Versammlung hätte verhindert werden können, die den Vater zum Tode verurteilt hatte. Verbittert fuhr sie fort: »Da Eure Gesellschaft wenig Neigung zur Selbstdisziplin zeigte, steht sie jetzt davor, Rechenschaft abzulegen. Ihr mögt tun, was ich vorgeschlagen habe, und Euch in Eurer Stadt voller ängstlicher, mit ihrem Innern beschäftigter Männer um Eure eigenen Angelegenheiten kümmern – mögen die Götter gnädig mit Euch sein –, oder Ihr könnt den einzigen anderen Weg beschreiten, der einen ungezügelten Krieg verhindern kann.«
    Hochopepas rundliches Gesicht verzog sich widerwillig, und er klopfte unbehaglich mit der Fußspitze auf den Boden. »Ich ahne, was das sein wird.«
    »Tut Ihr das?« Mara zog einen verzierten Dolch unter der Schärpe ihrer Robe hervor und hielt ihn mit der Spitze gegen ihre Brust gerichtet. »Die Götter mögen erklärt haben, daß meine Zeit zu sterben noch nicht gekommen ist. Doch ich kann immer noch meinen freien Willen als Lady der Acoma geltend machen.
    Wenn Ihr so entscheidet, kann ich mir das Leben nehmen, jetzt, als Sühne für die Verletzung Eures ausdrücklichen Edikts. Wenn ich das tue, wird Justin abdanken und als Lord der Acoma nach Hause zurückkehren. Jehilia, seine Frau, wird regieren, und ihr Ehemann wird nur ein Gatte sein und schwören, daß er niemals die Hand gegen Euch oder einen anderen Schwarzgewandeten erheben wird.« Mara kniff die Augen zusammen, als sie den letzten Satz aussprach. Die Klinge in ihrer Hand zitterte nicht eine Sekunde. »Doch dann müßt Ihr herrschen, die Versammlung der Magier.«
    Hochopepa grinste tatsächlich. Shimone und Akani nickten, während Tapek nur verwirrt zu sein schien. »Lady, was sagt Ihr da?« fragte der rothaarige Magier.
    »Ihr habt als einzige die Macht zu zerstören, Krieg zu führen oder zu verhindern«, erklärte Mara. »Meine Verbündeten werden keinen Widerstand leisten. Wenn Ihr es befehlt, setze ich meinem Leben vor Sonnenuntergang durch die Klinge ehrenvoll ein Ende.« Sie ließ ihren Blick durch die Halle schweifen, hielt nur bei den Edlen etwas länger inne, die sich bemühten, jedes Wort mitzubekommen, und selbst jetzt noch auf irgendeinen Fehltritt hofften, durch den sie Überlegenheit über ihre Nachbarn erlangen konnten. Ihre Klinge mochte das Ziel finden und das Spiel des Rates wieder aufgenommen werden, als hätte sie niemals gelebt; als wenn die Träume eines ermordeten Kaisers und eines barbarischen Sklaven niemals einen solchen Wandel in Gang gesetzt und beschleunigt hätten. Die Stunde der Entscheidung war gekommen. Die Priester warteten auf ihre Götter und beteten, daß das Schicksal ihnen wohlgesonnen sein mochte. Den Blick auf Motecha und Tapek gerichtet, kam Mara zum Schluß: »Oh, ihr werdet jemand anderen finden, der eine Zeitlang den Kaiser oder Kriegsherrn spielt. Der Lord der Omechan würde sich für diese Ehre überschlagen, kein Zweifel – bis ein ehrgeiziger Nachbar oder Rivale beschließt, daß es an der Zeit ist, die Nachfolge neu zu regeln. – Doch bedenkt: Die Illusion ist vorüber. Die Menschen wissen jetzt, daß man sich der Versammlung entgegenstellen kann. Die Tempel werden nicht zufrieden sein, sich wieder mit einer zweitrangigen Rolle zu begnügen. Seid versichert, daß die letzte Handlung von Kaiser Justin sein wird, die Cho-ja aus ihrer Unmündigkeit herauszuführen, damit sie ihre Magie wieder ausüben und Städte aus Glas in der Sonne errichten können. Ohne die Unterstützung von Soldaten, wie wollt Ihr Magier die Ordnung aufrechterhalten? Wie sollt Ihr das Gezänk und die Machtspiele zwischen den Herrschenden beenden, denen Traditionen die Attribute der Ehre zugewiesen haben? Das Spiel des Rates ist eine Sackgasse, doch die meisten unserer Herrscher sind zu streitsüchtig oder zu gierig, um eine neue Ordnung zu schaffen. Seid ihr Magier darauf

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