Tag der Entscheidung
sie geholt hat.«
Hokanu sah aus, als wäre ihm schlecht; Fumita starrte zu Boden und wich dem Blick seines Sohnes aus. Zahlreiche Edlen waren schockiert, daß Töchter, die zu den Erhabenen in die Stadt der Magier gerufen worden waren, um dort zu dienen, nicht mehr am Leben waren. Sie warfen den Schwarzen Roben verärgerte und zornige Blicke zu, während Mara ihre Rede rasch weiterführte, um die anschwellende unglückliche Stimmung in eine andere Richtung zu lenken. »Als Gemeinschaft könnt Ihr Euch weiter selbst regieren – so wie es die Herrschenden einer jeden Familie tun werden …« Erleichterung zeigte sich auf den Gesichtern der Edlen, als ihr Recht zu herrschen bekräftigt wurde. »Innerhalb des Gesetzes!« betonte Mara. »Doch die Versammlung wird nicht länger im Besitz von Privilegien sein. Das Studium der Magie wird nicht mehr von ihnen beherrscht und bestimmt werden. Wer immer Magie ausübt, hat das Recht zur freien Ausübung seiner oder ihrer Künste. Jenen geringeren Magiern und Frauen, die magische Fähigkeiten entwickeln, steht es frei, bei der Versammlung zu lernen oder auch nicht – ganz wie es ihnen beliebt! Jene, die ihr Wissen auf andere Weise vertiefen wollen, mögen dies tun.«
Der Chakaha-Magier gleich neben den Erhabenen erhob ein Vorderglied. »Gerne werden wir jene unterrichten, die den weisen Umgang mit ihren Fähigkeiten suchen«, bot er mit sanfter Stimme an.
Obwohl das Angebot einige Magier besänftigt haben mochte, schauten andere nur irritiert oder verärgert drein, als Mara fortfuhr. »Ich bin in den Schuhen einer Gefangenen nach Thuril gereist, und ich habe kaiserliche Entscheidungen unter Ichindar mitgetragen. Ich allein kann mit Fug und Recht behaupten, daß jeder Mann, jede Frau und jedes Kind es verdient, beschützt zu werden. Nur wenn diese« – sie runzelte leicht die Stirn, als sie nach dem Begriff suchte, den Kevin immer mit solcher Leidenschaft benutzt hatte – »Große Freiheit sich unter uns ausgebreitet hat, werden wir alle in Sicherheit sein. Das Spiel des Rates ist unerträglich gefährlich und blutig, und ich möchte es beenden. Wahre Ehre liegt nicht in der Duldung von Mord. Wahre Macht muß auch die Schwachen schützen, die wir jahrhundertelang gedankenlos mit Füßen getreten haben.«
Motecha lehnte sich grimmig und streitlustig gegen das Geländer. Mara sah ihn voller Verachtung an. Sie wandte sich jetzt nur an ihn, obwohl ihre Worte auch in die hinterste Ecke der bevölkerten Halle drangen. »Ihr Schwarzgewandeten habt kein Recht zu zerstören, was Euch nicht gefällt. Die Götter gaben Euch nicht das Geschenk magischer Fähigkeiten, damit Ihr nach Lust und Laune anderen das Leben nehmt.«
Der Hohe Priester Jurans schlug mit seinem weißgestreiften Stab auf den Boden. »Die Gute Dienerin spricht die Wahrheit.«
Ein anderer Erhabener, der erst später mit der letzten Gruppe aus der Stadt der Magier eingetroffen war, drängte sich durch die Reihen seiner Kameraden, um Motecha beizustehen. Tapek schüttelte jegliche Hemmungen ab, die er seit seinem letzten beschämenden Auftritt entwickelt hatte. Seine Haare waren zurückgestrichen, seine Wangen glühten voller Leidenschaft. »Ihr wollt uns unserer uralten Rechte berauben!«
»Macht wird nach dem Ermessen derer ausgeübt, die sie besitzen«, erwiderte die Lady Sie hatte keine Angst, obwohl sie nur eine Armeslänge von ihm entfernt stand. »Ihr vor allem solltet das verstehen, Magier. Eure Kollegen waren armselige Verwalter, indem sie sich in Arroganz übten und sich widerrechtlich das Urteil aneigneten, das das Vorrecht des Himmels ist. Da Euer Versuch, mich hinzurichten, durch die Macht der Götter aufgehalten – nein, zurückgenommen! – wurde, bin ich es heute, die die Macht besitzt.«
Die anderen Magier tauschten beunruhigte Blicke aus, doch keiner konnte etwas erwidern. Ihre Magie war hinfällig geworden, machtlos gegenüber dieser Frau, die die Erhabenen zum Scheitern verdammt hatte, ohne daß diese darauf vorbereitet gewesen wären. Sie hatten keine Prinzipien, auf die sie sich jetzt stützen konnten; nichts, das ihnen jetzt Hilfe bieten würde.
Nur Hochopepa schaute Mara noch unverwandt an. »Ihr habt von einer Wahl gesprochen?«
Wäre die Angelegenheit nicht so wichtig und wären die Anwesenden im Audienzsaal eine Spur weniger gespannt gewesen, hätte Mara möglicherweise über die Schärfe im Tonfall des fülligen Magiers gelächelt. »Ja, Erhabener, eine Wahl«, verkündete sie laut.
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