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Tag der Entscheidung

Tag der Entscheidung

Titel: Tag der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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hielt sie, wie ein Bruder es getan hätte, in anspruchsloser Kameradschaft, während sie alle Einzelheiten vor ihrem geistigen Auge vorbeiziehen ließ, bis zu dem teils schmerzhaften, teils hoffnungslosen Schluß, daß wenn sie hier starb, ihr geliebter Hokanu Kasuma als Erbin hätte und die Freiheit, eine andere Frau zu nehmen, die ihm den ersehnten Sohn gebären konnte. Mara klammerte sich an diesen Gedanken. Schließlich, um ihrem eigenen Kummer zu entgehen, sagte sie: »Was ist mit Euch, Lujan? Sicher denkt Ihr nicht ohne Bedauern daran, aus diesem Leben zu scheiden?«
    Lujans Finger strichen mit einer rauhen Zärtlichkeit über ihre Schulter. »Es gibt etwas, das ich bedauere.«
    Mara drehte ihren Kopf und sah, daß er das gewebte Muster der Kissen zu studieren schien. Sie drängte ihn nicht, ihr seine Geheimnisse anzuvertrauen, und nach einer Weile zuckte er ironisch mit den Schultern.
    »Lady, es ist seltsam, wie das Leben uns auf unsere Torheiten aufmerksam macht. Ich habe immer die Gunstbezeugungen vieler Frauen genossen, ohne jemals den Wunsch zu haben, zu heiraten und mit einer zufrieden zu sein.« Lujan starrte geradeaus, etwas befangen, doch nicht verlegen, da der Anbruch des nächsten Tages das Ende seines Lebens, das Ende seiner Träume bedeuten würde. Die Nähe seiner Begegnung mit Turakamu verlieh ihnen beiden den Trost der Ehrlichkeit. »Immer habe ich mir gesagt, daß meine unstete Art die Folge meiner Bewunderung für Euch wäre.« Seine Augen blitzten aufrichtig bei diesen Worten. »Lady, Ihr habt viel, was ein Mann schätzen kann, und eine Stärke, gegenüber der andere Frauen … wenn nicht ganz ohne Statur, dann doch zumindest sehr viel geringer erscheinen.« Er machte eine Handbewegung wegen der Unbeholfenheit seiner Worte. »Lady, unsere Reise nach Thuril hat mich belehrt, daß ich mich zu gut kenne, um mich damit zu beruhigen.«
    Mara wölbte die Brauen. »Lujan, Ihr seid niemals weniger gewesen als ein vorbildlicher Krieger. Keyoke überwand sein Mißtrauen gegenüber den Grauen Kriegern, um Euch vor allen anderen als Nachfolger für seinen früheren Posten als Kommandeur auszuwählen. In diesen letzten Jahren habt Ihr sicherlich einen ebenso festen Platz in seinem Herzen eingenommen wie Papewaio früher.«
    »Nun, das ist der Tribut.« Lujans Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, wurden dann härter. »Doch ich war alles andere als ehrlich mir selbst gegenüber, jetzt, da mein Geist sich der Abrechnung nähert. Heute nacht tut es mir leid, daß ich niemals eine Frau gefunden habe, mit der ich Herd und Heim teile.«
    Mara betrachtete den geneigten Kopf ihres Kommandeurs. Sie begriff, daß Lujan den Wunsch hatte, sich auf eine bestimmte Weise etwas von der Seele zu reden, und meinte sanft: »Was hielt Euch davon ab, eine Familie zu gründen und Kinder aufzuziehen?«
    »Ich habe meinen Herrn, den Lord der Tuscai, überlebt«, gestand er mit zugeschnürter Kehle. »Das Elend eines Grauen Kriegers ist unbeschreiblich, denn sein Leben liegt außerhalb der Gesellschaft. Ich war ein junger Mann, stark und geschickt mit den Waffen. Und doch gab es Augenblicke, in denen ich beinahe nicht überlebt hätte. Wie wäre es einem Kind oder einer Frau gegangen, wenn sie plötzlich ohne Haus dagestanden wären? Ich habe die Frauen und Kinder meiner Kameraden gesehen, die als Sklaven fortgetrieben wurden, um für immer das Grau zu tragen und einem Herrn zu gehorchen, der sich wenig um ihr Wohlergehen kümmerte.« Lujans Stimme wurde beinahe zu einem Flüstern. »Ich erkenne jetzt, daß ich Angst hatte, daß diese Kinder eines Tages meine Kinder sein würden und meine Frau von einem anderen Mann nach Belieben benutzt würde.«
    Jetzt blickte Lujan seine Herrin direkt an. Es lag etwas Niederschmetterndes in seinen Augen und seiner Stimme, als er fortfuhr: »Wieviel einfacher war es da, Euch aus der Ferne zu bewundern, Lady, und Euer Leben mit meinem eigenen zu beschützen, als das Risiko eines Alptraums einzugehen, der mich selbst heute noch schweißnaß aus dem Schlaf reißt.«
    Mara berührte seine angespannten Hände und streichelte sie, bis sie sich etwas lockerten. »Weder Ihr noch irgendein ungeborenes Kind von Euch wird in dieser Runde des Rads ohne Haus sein«, sagte sie weich. »Denn ich bezweifle sehr, daß wir diesem Gefängnis lebend entkommen werden.«
    Jetzt lächelte Lujan, und eine fremdartige Gelassenheit lag in seiner Haltung, die Mara niemals zuvor gesehen hatte. »Es war mein Stolz,

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