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Tag der Vergeltung

Tag der Vergeltung

Titel: Tag der Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liad Shoham
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die Antwort sehr wohl kannte.
    »Die denken, ich hätte eine Frau vergewaltigt«, sagte er schnell.
    »Und was meinst du?«
    »Ich war es nicht … die Frau ist durcheinander … hat sich geirrt.«
    Me’ir lachte. »Das sagen doch alle, nicht?«
    Sie blieben schweigend nebeneinander sitzen. Die Stille war beklemmend. Hätte er gekonnt, wäre er aufgestanden und zu einem anderen Bett gegangen, doch das war nicht ratsam, so viel war ihm klar, das Gespräch würde so lange dauern, wie Me’ir es wünschte. Er starrte auf den Boden, um dem Blick dieses Typen auszuweichen.
    »Was sagt dein Anwalt? Du hast doch einen, hm?«, brach Me’ir das Schweigen.
    Er nickte, ließ die erste Frage offen. Me’ir fixierte ihn. Wollte eine Antwort.
    »Schwer zu durchblicken, was der sagt. Aber so ist das mit Anwälten, etwa nicht? Erst sagen sie es so und gleich darauf sagen sie es so.« Er versuchte zu grinsen.
    »Es heißt, gegen dich würden knallharte Beweise vorliegen, du wärst echt geliefert«, sagte Me’ir.
    »Wer sagt das?« Das hatte er nicht unterdrücken können.
    Me’ir blieb ihm die Antwort schuldig. Wer war er? Woher wusste er diese ganzen Dinge? Was wollte er? Seine Gedanken rasten.
    »Ich habe einen Vorschlag für dich: Leg ein Geständnis ab. So ist es für alle am besten. Kapierst du, was ich dir sagen will?«, sagte Me’ir nach einer weiteren halben Minute quälenden Schweigens.
    Wer sind »alle«?, lag ihm auf den Lippen, er verkniff es sich aber.
    Me’ir nahm ihn ins Visier, als würde er mit seiner Antwort, mit seiner Zustimmung rechnen. Was wollte dieser Me’ir von ihm, zum Teufel?
    Dann verstand er. Er war ein V-Mann! Vor so einem hatte Rosen ihn gewarnt. Ein Bulle, der verdeckt arbeitete. Jetzt wusste er, woran er war, und es verlieh ihm neue Kraft. Er hatte nichts zu befürchten. Dieser Me’ir hatte keine Bedeutung, er war Luft.
    Ziv stand auf.
    »Wir sind noch nicht fertig«, sagte Me’ir.
    »Ich schon«, gab er zurück.
    Es ging unglaublich schnell. Kaum war er aufgestanden, packte Me’ir ihn von hinten und warf ihn mit voller Wucht auf das Bett gegenüber, beugte sich über ihn, zerquetschte ihn unter seinem Gewicht, drückte ihm die Kehle zu, sodass er keine Luft mehr bekam. Würgte ihn. Er versuchte ihn von sich wegzustoßen, doch dieser Me’ir war stärker als er und drückte noch heftiger zu.
    »Wir sind erst fertig, wenn ich es sage, kapierst du das?«, fragte er, ohne seinen Griff zu lockern.
    Ziv nickte, doch Me’ir machte weiter.
    Ihm war schwindlig, gleich würde er das Bewusstsein verlieren. Er nickte wieder, vielleicht hatte es Me’ir beim ersten Mal nicht gesehen. Doch es half nichts.
    Er versuchte zu treten, ihn wegzustemmen, ohne Erfolg. Me’ir wollte ihn hier an Ort und Stelle fertigmachen.
    Auf einmal ließ er von ihm ab. Ziv setzte sich auf und hustete. Seine Kehle brannte, ein heftiger Schmerz durchzuckte seine Lenden, in den Schläfen hämmerte es.
    Die Mitinsassen waren auf ihren Betten liegen geblieben, gingen ihren Beschäftigungen nach, ohne von ihnen Notiz zu nehmen.
    Me’ir grinste ihn an. »Ich habe eine Nachricht von Faro für dich.«
    Ziv erstarrte.
    Me’ir kam ganz nah an ihn heran. Was für einen üblen Mundgeruch er hatte, gleich müsste er brechen.
    »Die Leute reden. Sie haben dich geschnappt, heißt es, weil der Vater dich nachts in der Straße gesehen hat, wo seine Tochter wohnt«, raunte er ihm ins Ohr.
    »Ich habe keinem erzählt, was ich dort gemacht habe«, flüsterte Ziv entsetzt, »sag Faro, dass er sich keine Sorgen machen muss … Er kann sich auf mich verlassen«, wisperte er in dem kläglichen Versuch, seiner Stimme mehr Überzeugung zu verleihen.
    »Das reicht nicht«, zischte Me’ir, »du sollst die Vergewaltigung gestehen.«
    »Was?« Ziv traute seinen Ohren nicht.
    »Gesteh die Vergewaltigung«, wiederholte Me’ir trocken.
    »A… aber … ich schwöre, nichts zu sagen … Es liegt doch auf der Hand, dass ich nichts gesagt habe … Diese Vergewaltigung … das habe ich nicht getan …«, flehte er.
    »Morgen triffst du dich mit deinem Anwalt und sagst ihm, dass du gestehst und er einen Deal machen soll. Kapierst du?«, sagte er nachdrücklich.
    »Das könnt ihr nicht von mir verlangen!« Er schrie es fast heraus.
    »Vergiss es. Die Sache ist erledigt.« Me’ir stand auf.
    »Warte …«, rief er ihm hinterher.
    Me’ir drehte sich um, seine Miene ließ keine Diskussion zu.
    »Und was passiert, wenn … das heißt, wenn ich entscheide, dass

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