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Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)

Titel: Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Costin Wagner
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können Sie uns über sie sagen?«
    Lindblad legte die Stirn in Falten. »Ich fürchte … um ehrlich zu sein … nichts.«
    »Das ist wenig«, sagte Sundström.
    »Sie hat erst seit Kurzem hier gearbeitet. Und ich bin selten hier. Dieser Club hier … ist nur …«
    »… eine von vielen Geschäftsideen, denen Sie sich widmen.«
    »Ja.«
    »Wie alt war die Frau Ihrer Einschätzung nach? Und wie alt der Mann?«
    »Hm. Der Mann so Mitte vierzig? Schwer zu schätzen. Dragana war jung. Klein und jung. Sehr hübsch. Sie hat …«
    »Ja?«
    »… sie hat einen Typ Freier angesprochen, den wir hier recht häufig antreffen.«
    »Weshalb Sie von Ihrer Anwesenheit recht angetan waren.«
    »Natürlich. Und ich erinnere mich übrigens … ja, auf das Alter habe ich geachtet, als ich den Pass geprüft habe, weil sie so jung aussah … sie war neunzehn. Neunzehn oder zwanzig, in jedem Fall über achtzehn, das ist ja wichtig, da könnte ich ja … in …«
    »… in Teufels Küche kommen«, sagte Sundström.
    »Ja«, sagte Lindblad.
    »Wie man so sagt«, sagte Sundström.
    »Ja«, sagte Lindblad. »Die Beschäftigung von Minderjährigen …«
    »Sprichwörtlich«, sagte Sundström.
    Lindblad schwieg, verringerte die Geschwindigkeit seines Drehstuhls.
    »Sonst noch was?«, fragte Sundström.
    »Nein«, sagte Lindblad.
    »Nein«, sagte Sundström. Er erhob sich, mühsam, wie es schien. »Dann danke ich Ihnen. Für die Mühe.«
    »Keine Ursache«, sagte Lindblad.
    Auch Joentaa stand auf. Er fühlte sich auf schwachen Beinen, während er auf den unscheinbaren Mann zuging, der mit offenen Armen hinter dem Schreibtisch stand.
    »Auf Wiedersehen, Herr Sindbad«, sagte Joentaa, einem Impuls folgend, und reichte ihm die Hand.
    Er nahm eine vage Irritation im Gesicht des lächelnden Mannes wahr, und während sie den rosalila Flur entlangliefen und er leise Sundströms Kichern hörte, fragte er sich, ob er irgendwann in seinem Leben, in einer von tausend Nächten, noch einmal einen besseren, traurigeren Kalauer auf Lager haben würde als diesen.
37
    Am Abend, in den Nachrichten, sprach ein Moderator über die Welten, die nur Markus Sedin kannte, die Welt der Schafe, die Welt der Raumschiffe, und er fragte sich, wie dieser Nachrichtenmann auf die Idee kam, darüber zu sprechen, mit seinem perfekt sitzenden Mittelscheitel, dem wissenden Lächeln, der knallroten Krawatte und ohne die geringste Ahnung zu haben.
    Taina lag neben ihm auf dem Sofa und betrachtete müde und abwesend den flackernden Bildschirm, Ville kniete auf dem Boden und spielte mit kleinen Jedi-Rittern einen großen Krieg. Markus Sedin hörte die Worte, die der Nachrichtenmoderator sprach, er sah die Bilder, aber es blieb alles gedämpft, abgetrennt von seinem Denken, er hörte Villes Flüstern unnatürlich laut, die Befehle, mit denen sein Sohn die guten Ritter in den Kampf mit dem Bösen schickte, und der Fernseher, vor dem er saß, war in einem anderen Raum, in einem parallelen Universum, nebenan.
    Die Welt der Schafe. Zwei tote Menschen auf einer Parkbank, nicht weit entfernt, in einer schönen neuen Wohnsiedlung im Westen von Helsinki, am Meer, wo die großen Schiffe abfuhren. Und ankamen. Immer wieder wurden die Bilder eingespielt, die gelben Absperrbänder, dahinter der Park, die weite Schneefläche, die inzwischen geschmolzen war, der Frühling war gekommen, Gras beginnt zu wachsen, dachte er.
    Passanten und Anwohner wurden befragt und antworteten erwartungsgemäß auf erwartete Fragen. Für Sekunden sah Markus Sedin Rékas schneeweiße Wohnung, seine Wohnung, den Balkon, auf dem er gestanden hatte, einen Tag war das erst her, das Fensterglas, hinter dem er Spuren verwischt hatte, im besten Fall beseitigt, akribisch und akkurat, unbeirrt voranschreitend. Er roch wieder die Erdbeeren auf dem Oberteil von Rékas Pyjama. Er fragte sich, wer dieses Oberteil aus der Kleiderspende nehmen und tragen würde. Irgendwann, bald. Wer auch immer, sie würde Erdbeeren mögen müssen. Sehr sogar. Der Nachrichtensprecher sagte, dass über die Identität der Toten noch nichts bekannt sei, die Behörden gingen nach jetzigem Stand von ausländischer Herkunft aus, die Ermittlungen dauerten an.
    »Wie merkwürdig«, sagte Taina. Es war das Erste, was sie sagte, seitdem die Nachrichten begonnen hatten.
    Er sah sie fragend an.
    »Dass die da auf der Bank gesessen haben sollen. Dass jemand sie auf diese Bank setzt.«
    »Was?«, fragte er. Er fühlte einen angenehmen, leichten Schwindel hinter

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