Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
wieder und schien einige Male ansetzen zu müssen, bevor er zu sprechen begann. »Das ist nur ein allgemeiner Abstrakt über die rechtlichen Rahmenbedingungen.«
Ekholm sah ihn fragend an.
»Das da … was du gerade gelesen hast.«
»Ach so. Ja«, sagte Ekholm. Er ließ das Blatt sinken und wartete.
»Es gibt einen Aspekt, der uns natürlich … beschäftigen wird …«
Uns, dachte Ekholm. Er wartete, wissend, was kommen würde, und suchte Kirstis Augen, aber sie sah an ihm vorbei, und er senkte den Blick und begann wieder zu lesen. Darüber hinaus ist regelmäßig mit einem Fahrverbot – ein bis drei Monate – zu rechnen. Wird bei dem der Fahrerflucht zugrunde liegenden Unfall ein Mensch getötet oder ein bedeutender Sachschaden verursacht, wird anstatt des Fahrverbots eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis …
»Es ist eben so, dass Anna nicht angeschnallt war. Das ist zumindest die momentan vorliegende Einschätzung der Gutachter.«
Sie saßen schweigend.
»Ich möchte und muss euch darauf vorbereiten, dass das ein Element dieses Verfahrens werden kann«, sagte Ari Kauppinen. »Ein Teilaspekt, der sich zugunsten … einer … Beklagtenseite auswirken könnte.«
»Natürlich«, sagte Lasse Ekholm. »Eine andere Sache, die mich beschäftigt, ist das Abendessen.«
»Ich … also, ich bin heute eigentlich fest bei Virpi zu Hause eingeplant«, sagte Ari.
»Nein, ich meine das andere Abendessen, bei Laura, Annas Freundin.«
»Äh … was?«, fragte Ari.
»Wir standen vor der Eishalle, und Lauras Mutter hat vorgeschlagen, dass Anna noch für eine Weile mitkommen kann, dass sie mit ihnen fahren kann, und Laura war sehr dafür und … Anna … war natürlich auch sehr dafür …«
Ari schüttelte den Kopf, ratlos wirkend, und Kirsti starrte ihn an.
»Anna war dafür, alle waren dafür, und ich habe abgelehnt.«
Ari nickte. Bedächtig.
»Ich habe Nein gesagt. Nein danke, demnächst vielleicht. Ein anderes Mal. Ich habe gesagt, dass eine Prüfung ansteht, das hast du mir so gesagt, Kirsti, du erinnerst dich sicher daran.« Der Briefkopf, dachte Ekholm. Der Briefkopf stimmt nicht. »Das leuchtet doch ein, oder? Dass ich das abgelehnt habe …«
»Natürlich«, sagte Ari Kauppinen.
Er sah Kirsti an, und sie schwieg.
»Also … um zurückzukommen auf den weiteren Ablauf des …«, sagte Ari Kauppinen.
»Du hättest darauf achten müssen«, sagte Kirsti.
Er sah sie an.
»Du hättest doch darauf achten müssen, dass sie sich anschnallt«, sagte Kirsti.
Ari Kauppinen räusperte sich.
Kirsti schenkte Wein ein.
Lasse Ekholm dachte an den Mann, der am Nachmittag an Annas Grab gestanden hatte. Vermutlich ein Vater einer Mitschülerin, der von Anna, von ihrem Tod, gehört hatte, der das Grab gesehen und innegehalten hatte, der versucht hatte, sich vorzustellen, was es bedeutete … bevor er unbehelligt nach Hause gefahren war. Bei Gelegenheit würde er Ari fragen, warum er nicht Dreispringer geworden war, und der Briefkopf der Kanzlei Kauppinen, Eskanen & Partner war unzureichend.
»Euer Briefkopf hier …«, sagte er.
»Was?«, fragte Ari Kauppinen.
»… ist unsymmetrisch. Der Schriftzug harmoniert nicht mit den Buchstaben. Das K von Kauppinen ist in Arial geschrieben, das E von Eskanen nicht.«
Ari beugte sich über den Tisch, die Stirn gerunzelt. »Ja?«, sagte er.
»Ihr solltet das ändern lassen«, sagte Ekholm.
»Ja … ich …«
»Ihr müsst das ändern. Es stimmt so nicht«, sagte Lasse Ekholm.
53
In der Nacht sendete Larissa eine Antwort auf die Frage, die Kimmo Joentaa etwa zwei Monate zuvor gestellt hatte.
Joentaa saß zu Hause auf dem Sofa und hatte gerade begonnen, noch einmal Vernehmungsprotokolle aufzurufen, die im Intranet der Polizei Turku unter dem Dateinamen Tötungsdelikt zum Nachteil von zwei nicht identifizierten Personen in Helsinki, Vuosaari, mit Ermittlungsbezug zum Club »Villa Bella« in Salo/Turku archiviert worden waren.
Er überflog einen Bericht, den die zuständige rumänische Dienststelle gesendet hatte. Both may well have been members of the Roma-community hatte einer der rumänischen Ermittlungsbeamten geschrieben. It may be unfortunately difficult to ascertain the identity due to the fact that people related to the Roma-community in Romania quite usually live beyond bureaucratic control, social security offices or health insurances.
Roma-community, dachte Joentaa. Er wunderte sich fast, dass der rumänische Beamte
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