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Tage in Burma

Tage in Burma

Titel: Tage in Burma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Orwell
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Knüppel und einen Revolver in seinem Gürtel. Seine Kleidung war ein sorgfältig
    ausgedachtes négligé - Unterhemd und Shan-Hosen -, als wäre er Hals über Kopf aus seinem Hause gestürzt. Er hatte sich verkrochen, bis die Gefahr vorüber war, und beeilte sich nun, an der Ehre teilzuhaben, die es allenfalls zu erlangen gab.
    »Ein kluges Stück Arbeit, Sir!« sagte er begeistert. »Sehen Sie nur, wie sie den Abhang hinauf fliehen! Wir haben sie äußerst befriedigend vertrieben.«
    »Wir!» keuchte der Doktor entrüstet.
    »Ach, mein lieber Doktor! Ich habe gar nicht bemerkt, daß
    Sie hier sind! Ist es möglich, daß auch Sie an dem Kampf beteiligt waren? Sie haben Ihr kostbares Leben aufs Spiel gesetzt! Wer hätte das geglaubt?«
    »Sie selber haben sich Zeit gelassen, hierher zu kommen!«
    sagte Flory wütend.
    »Nun ja, Sir, es genügt, daß wir sie zerstreut haben.
    Obgleich«, fügte er mit einem Unterton von Befriedigung hinzu, denn Florys Ton war ihm nicht entgangen, »obgleich sie in
    Richtung der europäischen Häuser gehen, wie Sie bemerken
    werden. Ich stelle mir vor, daß sie auf den Gedanken kommen werden, unterwegs ein bißche n zu plündern.«
    -296-
    Man mußte die Unverschämtheit des Mannes bewundern. Er
    nahm seinen großen Knüppel unter den Arm und schlenderte in fast gönnerhafter Art neben Flory her, während der Doktor, wider Willen gedemütigt, zurückblieb. Am Clubtor blieben alle drei stehen. Es war jetzt außerordentlich dunkel, der Mond hatte sich verzogen. Dicht über ihnen, gerade sichtbar, wälzten sich schwarze Wolken wie eine Hundemeute ostwärts. Ein fast kalter Wind wehte vom Abhang herunter und trieb eine Staubwolke
    und feinen Wasserdampf vor sich her. Plötzlich roch es intensiv nach Feuchtigkeit. Der Wind belebte sich, die Bäume rauschten, begannen wütend aneinanderzuschlagen, und der große
    Jasminbaum am Tennisplatz ließ einen Nebel von undeutlich
    sichtbaren Blüten regnen. Alle drei Männer wandten sich um und eilten, ein Obdach zu suchen, die Orientalen in ihre Häuser, Flory in den Club. Der Regen hatte eingesetzt.
    XXIII
    Am nächsten Tag war die Stadt stiller als ein Bischofssitz am Montag morgen, wie gewöhnlich nach einem Aufstand. Bis auf die Handvoll Gefangene hatte jeder, der möglicherweise mit dem Sturm auf den Club etwas zu tun haben konnte, ein hieb-und stichfestes Alibi. Der Clubgarten sah so aus, als wäre eine Büffelherde darüber gestampft, doch die Häuser waren nicht geplündert worden, und unter den Europäern waren keine neuen Verluste zu verzeichnen, außer daß Mr. Lackersteen, nachdem alles vorüber war, stockbetrunken unter dem Billardtisch
    gefunden worden war, wohin er sich mit einer Flasche Whisky zurückgezogen hatte. Westfield und Verrall kamen frühmorgens zurück und brachten Maxwells Mörder als Häftlinge mit;
    jedenfalls brachten sie zwei Leute, die alsbald für den Mord an Maxwell gehängt würden. Als Westfield vom Aufstand hörte,
    war er düster, aber resigniert. Wiederum war es so gekommen ein waschechter Aufstand, und er nicht dabei, um ihn zu
    unterdrücken! Das Schicksal schien zu wollen, daß er nie zum
    -297-
    Töten kam. Deprimierend, deprimierend. Verralls einziger
    Kommentar war, daß es »verdammt frech« von Flory, einem
    Zivilisten, gewesen sei, der Militärpolizei Befehle zu erteilen.
    Inzwischen regnete es fast ohne Unterlaß. Sobald er
    aufwachte und den Regen aufs Dach prasseln hörte, zog sich Flory an und eilte hinaus, Flo hinter ihm her. Als er von den Häusern nicht mehr zu sehen war, zog er sich aus und ließ den Regen seinen nackten Körper herunterströmen. Zu seiner
    Überraschung entdeckte er, daß er vom gestrigen Abend mit
    blauen Flecken bedeckt war; aber der Regen hatte innerhalb von drei Minuten jede Spur von Hitzepickeln abgewaschen. Die
    heilende Kraft des Regenwassers ist etwas Wundervolles. Flory ging zu Dr. Veraswamis Haus, in seinen Schuhen gluckste das Wasser, und von der Krempe seines Teraz’-Hutes flossen ihm Wasserströme den Hals herunter. Der Himmel war bleiern, und unzählige Sturmwirbel jagten einander auf dem Platz wie
    Kavallerieschwadronen. Burmanen kamen vorüber, trotz ihrer großen hölzernen Hüte strömten ihre Körper von Wasser wie die bronzenen Götter in den Brunnen. Ein Netzwerk von Bächen
    hatte bereits die Steine der Straße blankgewaschen. Der Doktor war gerade nach Hause gekommen, als Flory ankam, und
    schüttelte einen nassen Schirm über der Verandabrüstung

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