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Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Frisch
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Hand, Kupfer-Draht, der sich ohne Zange biegen läßt, und kann ihn in der Hand halten, ohne damit zu spielen, ohne ihn so oder andersherum zu verbiegen – er weiß, was das heißt, und erschrickt darüber.
     
    Daß Alterswerke (Theodor Fontane) bedeutend sein können, steht außer Frage; es trösten sich damit vor allem Leute, die keine Kreativität zu verlieren haben, und man sollte es ihnen lassen.
     
    Ein Gezeichneter, dessen Bilder heute in jedem nennenswerten Museum hängen – eines Tages meint er, daß er einen neuen Mantel brauche, getraut sich aber nicht mehr auszugehen und bittet, daß ihm eine Auswahl von neuen Mänteln nach Hause gebracht werde; er probiert ein Dutzend, kann sich aber nicht entscheiden, behält drei Mäntel zur engeren Wahl und stellt fest, daß er keinen braucht; er arbeitet noch eine Woche, dann öffnet er (66) sich die Pulsader auf der Höhe seines Ruhms.
     
    Abgesehen von der Armut, die damit verbunden ist, hat der Verkannte es mit seinem Alter leichter; er lebt unverbraucht in seinem Anspruch, ein Kommender zu sein.
     
    Maler oder Bildhauer, denen eine Katastrophe (höhere Gewalt) Werke für immer vernichtet hat, kommen sich dadurch immer etwas jünger vor als ihre Altersgenossen –
     
    Im allgemeinen, abgesehen von Wunderkindern, mag es stimmen, daß Kunst-Macher später vergreisen als andere Menschen; anderseits bemerken sie die Vergreisung, wenn sie sich anzeigt, früher – lange bevor die Umwelt sie bemerkt –, eskann einen Kunst-Macher schon erschrecken, was wir als Meisterschaft bezeichnen.
     
    Indem der Tastsinn nachläßt, das Gehör nachläßt, die Sehkraft nachläßt, das Hirn weniger aufnimmt und langsamer arbeitet, die Emotionalität schwindet, die Neugierde schwindet oder sich zumindest verengt, die Reflexe sich wiederholen oder überhaupt ausfallen, die Assoziation stockt, die Fantasie verdorrt, die Begierde jeder Art nachläßt usw., kann es sein, daß der Gezeichnete es leichter hat mit seiner Kunst: es fällt ihm nur noch ein, was er meistert (Alters-Stil).
     
    Es gibt Kunst-Blüten der Senilität. Damit hängt es wohl zusammen, daß Gezeichnete nicht selten ihre Kunst verfluchen, die Kunst überhaupt; der Rest ist Kunst.
     
    Der Blick des greisen Rembrandt: –
     
     
    Das National-Drama der Schweiz (im Zweiten Weltkrieg) ist nicht der WILHELM TELL, dann eher DER GUTE MENSCH VON SEZUAN. Nur mag man nicht, daß dann der Böse Vetter, der die guten Taten erst ermöglicht, auch Schweizer wäre. So bleibt es denn beim WILHELM TELL.

Fragebogen
     
    1.
    Halten Sie sich für einen guten Freund?
     
    2.
    Was empfinden Sie als Verrat:
a.
wenn der andere es tut?
b.
wenn Sie es tun?
     
    3.
    Wie viele Freunde haben Sie zurzeit?
     
    4.
    Halten Sie die Dauer einer Freundschaft (Unverbrüchlichkeit) für ein Wertmaß der Freundschaft?
     
    5.
    Was würden Sie einem Freund nicht verzeihen:
a.
Doppelzüngigkeit?
b.
daß er Ihnen eine Frau ausspannt?
c.
daß er Ihrer sicher ist?
d.
Ironie auch Ihnen gegenüber?
e.
daß er keine Kritik verträgt?
f.
daß er Personen, mit denen Sie sich verfeindet haben, durchaus schätzt und gerne mit ihnen verkehrt?
g.
daß Sie keinen Einfluß auf ihn haben?
     
    6.
    Möchten Sie ohne Freunde auskommen können?
     
    7.
    Halten Sie sich einen Hund als Freund?
     
    8.
    Ist es schon vorgekommen, daß Sie überhaupt gar keine Freundschaft hatten, oder setzen Sie dann Ihre diesbezüglichen Ansprüche einfach herab?
     
    9.
    Kennen Sie Freundschaft mit Frauen:
a.
vor Geschlechtsverkehr?
b.
nach Geschlechtsverkehr?
c.
ohne Geschlechtsverkehr?
     
    10.
    Was fürchten Sie mehr: das Urteil von einem Freund oder das Urteil von Feinden?
     
    11.
    Warum?
     
    12.
    Gibt es Feinde, die Sie insgeheim zu Freunden machen möchten, um sie müheloser verehren zu können?
     
    13.
    Wenn jemand in der Lage ist, Ihnen mit Geld zu helfen, oder wenn Sie in der Lage sind, jemand mit Geld zu helfen: sehen Sie darin eine Gefährdung der bisherigen Freundschaft?
     
    14.
    Halten Sie die Natur für einen Freund?
     
    15.
    Wenn Sie auf Umwegen erfahren, daß ein böser Witz über Sie ausgerechnet von einem Freund ausgegangen ist: kündigen Sie daraufhin die Freundschaft? Und wenn ja:
     
    16.
    Wieviel Aufrichtigkeit von einem Freund ertragen Sie in Gesellschaft oder schriftlich oder unter vier Augen?
     
    17.
    Gesetzt den Fall, Sie haben einen Freund, der Ihnen in intellektueller Hinsicht sehr überlegen ist: tröstet Sie seine Freundschaft darüber hinweg oder

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