Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
toller. GIANICOLO, Blick auf die Stadt: man bleibt überall zu lange …
Fragebogen
1.
Tun Ihnen die Frauen leid?
2.
Warum? (Warum nicht?)
3.
Wenn in den Händen und Augen und Lippen einer Frau sich Erregung ausdrückt, Begierde usw., weil Sie sie berühren: beziehen Sie das auf sich persönlich?
4.
Wie stehen Sie zu Männern:
a.
wenn Sie der Nachfolger sind?
b.
wenn Sie der Vorgänger sind?
c.
wenn Sie dieselbe Frau gleichzeitig lieben?
5.
Haben Sie Ihre Lebensgefährtin gewählt?
6.
Kommt es nach Jahr und Tag zum freundlichen Wiedersehen mit früheren Gefährtinnen: überzeugt Sie dann Ihre einstige Paarschaft oder verwundert es Sie, d.h. haben Sie dann den Eindruck, daß Ihre berufliche Arbeit und Ihre politischen Ansichtensie wirklich interessiert haben, oder scheint es Ihnen heute, daß man sich alle diesbezüglichen Gespräche hätte sparen können?
7.
Befremdet Sie eine kluge Lesbierin?
8.
Meinen Sie zu wissen, wodurch Sie die Liebe einer Frau gewinnen, und wenn es sich eines Tages herausstellt, wodurch Sie die Liebe einer Frau tatsächlich gewonnen haben: zweifeln Sie an ihrer Liebe?
9.
Was bezeichnen Sie als männlich?
10.
Haben Sie hinreichende Beweise dafür, daß sich die Frauen für bestimmte Arbeiten, die der Mann für sich als unwürdig empfindet, besonders eignen?
11.
Was hat Sie am häufigsten verführt:
a.
Mütterlichkeit?
b.
daß Sie sich bewundert wähnen?
c.
Alkohol?
d.
die Angst, kein Mann zu sein?
e.
Schönheit?
f.
die voreilige Gewißheit, daß Sie der überlegene Teil sein werden und sei es als liebevoller Beschützer?
12.
Wer hat den Kastrationskomplex erfunden?
13.
In welchem der beiden Fälle sprechen Sie liebevoller von einer vergangenen Paarschaft: wenn Sie eine Frau verlassen haben oder wenn Sie verlassen worden sind?
14.
Lernen Sie von einer Liebesbeziehung für die nächste?
15.
Wenn Sie mit Frauen immer wieder dieselbe Erfahrung machen: denken Sie, daß es an den Frauen liegt, d.h. halten Sie sich infolgedessen für einen Frauenkenner?
16.
Möchten Sie Ihre Frau sein?
17.
Woher wissen Sie mehr über die intimen Beziehungen zwischen den Geschlechtern: aus dem Gespräch mit andern Männern oder aus dem Gespräch mit Frauen? Oder erfahren Sie das meiste ohne Gespräch: aus den Reaktionen der Frauen, d.h. indem Sie merken, was Frauen gewohnt sind und was nicht, was sie von einem Mann erwarten, befürchten usw.?
18.
Wenn Sie das Gespräch mit einer Frau anregt: wie lange gelingt es Ihnen, ein solches Gespräch zu führen, ohne beiläufig auf Gedanken zu kommen, die Sie verschweigen, weil sie nicht zum Thema gehören?
19.
Können Sie sich eine Frauenwelt vorstellen?
20.
Was trauen Sie der Frau nicht zu:
a.
Philosophie?
b.
Organisation?
c.
Kunst?
d.
Technologie?
e.
Politik?
und bezeichnen Sie daher eine Frau, die sich nicht an Ihr männliches Vorurteil hält, als unfraulich?
21.
Was bewundern Sie an Frauen?
22.
Möchten Sie von einer Frau ausgehalten werden:
a.
durch ihre Erbschaft?
b.
durch ihre Berufsarbeit?
23.
Und warum nicht?
24.
Glauben Sie an Biologie, d.h. daß das derzeitige Verhältnis zwischen Mann und Frau unabänderlich ist, oder halten Sie es beispielsweise für ein Resultat der jahrtausendelangen Geschichte, daß die Frauen für ihre Denkweise keine eigene Grammatik haben, sondern auf die männliche Sprachregelung angewiesen sind und infolgedessen unterlegen?
25.
Warum müssen wir die Frauen nicht verstehen?
BERZONA
Hippie-Überfall – er ist 19, sie gerade 15, beide haben sich der Repression entzogen, indem sie aus der Schule gelaufen sind, er schon vor Jahren. Geld vom Vater nimmt er nicht (so sagt er wenigstens), Studium oder Lehrlingsstelle kommen nicht in Frage; alles repressive Institutionen. Lieblingsgespräch: wie blöd die Polizei. Und wie blöd die Lehrer. Und überhaupt. Alles nur Leistungsprinzip. Frustration durch Tabus, die Aggressivität hervorbringt usw., das muß man denunzieren, Gesellschaft verändern, vorerst zerstören. Viel Jargon, eigentlich nichts außer Jargon, Vokabeln aus dritter Hand; alles ins Bequeme übersetzt. Ihr Wohlbefinden in laxer Protest-Allüre. Der junge Mann verspricht mir Haschisch; als Entgelt und so. Er trägt zwischen den Lenden einen Kranz von Blümchen. Ihre Sachkenntnis beschränkt sich auf LSD. Die 15jährige, sonst stumm wie ein Fisch, erzählt uns, wie das ist:
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