Tagebuch 1966-1971 (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
als sie beim Hauptbahnhof in die Wasserwerfer geriet, lief weg, wurde von drei Polizisten niedergeknüppelt und inden GLOBUS -Keller geschleift; dort Schläge mit dem Knüppel zwischen die Beine.
Ein ausländischer Student sofort abgeschoben: ohne Untersuchung, was er wirklich getan oder nicht getan hat.
Ärzte bestätigen, daß zahlreiche Verletzungen, die sie zu behandeln haben, »sicher nicht im Handgemenge entstanden sind«, sie sind zu erklären nur aus »systematischen Prügeln«. Der Chef der Kriminalpolizei, Dr. Hubatka, bestreitet gegen Augenzeugenbericht, daß er bei Mißhandlungen daneben gestanden hat, ohne Einhalt zu gebieten.
Ein erwachsener Zivilist (aber in kurzer Hose, da er gerade von seinem Segelboot kam) mischte sich auf der Quaibrücke ein, als ein jugendlicher Demonstrant, der bereits auf dem Boden lag, mit Fußtritten in alle Körperteile behandelt wurde; er wollte die Namen der betreffenden Polizisten wissen, wurde mit Knüppeln niedergeschlagen und ebenfalls auf die Hauptwache gebracht, wo er sich später als Arzt auswies.
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: »Verkehrsstörungen und Sachbeschädigungen in großem Ausmaß und ein noch nicht abzuschätzender Vertrauensverlust der Zürcher gegenüber ihrer Jugend«. / »Wer da randalierte, war richtiges Schlägergesindel.« / APPELL DES STADTPRÄSIDENTEN: »Die überwältigende Mehrheit der Zürcher Bevölkerung ist empört über die von Jugendlichen hervorgerufenen Unruhen während der letzten Nacht. Auch ich bin empört … Wenn es nötig ist, werden die Ordnungskräfte verstärkt … Zum Schluß: Die Jugend wird durch Trotz und Gewalt nicht an ihr Ziel gelangen …« / NEUE ZÜRCHER ZEITUNG, No. 395: »Harter, aber korrekter Einsatz der Polizei.« / VATERLAND, Luzern: »Unseres Erachtens ist von der Zürcher Polizei vollständig zu Recht scharf eingegriffenworden, und jene Randalierer, die Prügel erhielten, mögen nun heulen und mit den Zähnen knirschen … Man sehe sich vor! Wir kennen nun die Methoden der Gesellen, die ewig von Rechtsansprüchen reden und von Reformen, die aber im Grunde nichts anderes sind als schlimme Aufwiegler und brutale Anarchisten.« / ZÜRCHER WOCHE: »Man kann diese Gruppe nicht verbieten. Aber man kann sie ächten.« / DIE FREISINNIGE PARTEI: »– sie fordert die Behörden insbesondere zu folgenden Maßnahmen auf: … Gegen die Randalierer und ihre Rädelsführer ist die ganze Strenge des Gesetzes anzuwenden … Studenten und Mittelschüler, die von einem Gericht in Strafe verfällt werden, sind von den zürcherischen Lehranstalten wegzuweisen … Ausländer, die sich an den Unruhen beteiligten, sind über die Grenze abzuschieben.« / ERKLÄRUNG DES STADTRATES: »Die Behauptung, wonach Übergriffe durch einzelne Funktionäre vorgekommen seien, wird abgeklärt. Der Stadtrat tritt ohne Ansehen der Person für die rechtsstaatliche Ordnung ein.« / POLIZEI-RAPPORT: »– sind im Verlauf der Straßenschlacht in der Nacht auf den Sonntag 41 Personen verletzt worden, nämlich 15 Polizisten, 7 Feuerwehrleute und 19 Demonstranten. Mit Ausnahme eines Brandwächters und eines Polizisten haben alle Verletzten aus dem Spital entlassen werden können. Insgesamt sind 169 Personen festgenommen worden. 55 dieser Demonstranten sind noch nicht 20 Jahre alt. 19 der jugendlichen Festgenommenen befinden sich gegenwärtig noch in Haft.« / NOTSTAND: der Stadtrat von Zürich erläßt ein Demonstrationsverbot »bis auf weiteres«. Zuwiderhandlungen werden gemäß den Bestimmungen des schweizerischen Strafgesetzbuches bestraft. / NEUE ZÜRCHER ZEITUNG: »Die Herrschaft des Pöbels auf Zürichs Straßen.« Text zu Foto von einem jungen Mann: »Der kräftige Wasserstrahl läßt keine heldenhafte Haltung mehr zu.« Zu einem andern Foto: »Ein verletzter Polizist wird von seinen Kameraden vom Platz geführt.« / REGIERUNG: »Der Regierungsrat ließ sich in seiner Sitzung vom 4. 7. durch die zuständigen Direktionsvorsteher über die Situation, die als Folge der Unruhen in Zürich entstanden ist, orientieren. Staatsanwaltschaft und Bezirksanwaltschaft haben zahlreiche Strafuntersuchungen eingeleitet, um die Schuldigen dem Richter zuüberweisen. Die Fremdenpolizei ist angewiesen, Ausländer, die sich festgestelltermaßen aktiv an den Unruhen beteiligten, auszuweisen. Die Behörden der Universität und der Mittelschule werden gegen Studenten und Schüler, die sich strafbar gemacht haben, Disziplinarmaßnahmen ergreifen. Der
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