Tagebuch der Apokalypse 02
meinem Unterbewusstsein in die Realität der Lage um. Ich hatte seit dem Absturz mein Bestes getan, um nicht an Tara zu denken. Weil es meine Lage nur verkompliziert.
Beim Aufwachen fiel mir ein, dass ich nur noch eine Dose genießbaren Rindfleischeintopfhatte. Was ja auch eine gute Nachricht ist, denn sie war das letzte schwere Nahrungsteil neben den beiden Einmann-Rationen. Ich habe die Kerze nochmal angezündet, um die Dose mit dem Eintopf zu kochen. Ich habe mich heute früh nicht gut gefühlt und wusste nie genau, ob es an dem ständig unterbrochenen Schlaf oder dem Anmarsch einer Erkältung liegt, dass ich mich schwach fühle und mir alles wehtut. Ich habe die Hälfte meines Wasservorrats getrunken, den Inhalt der ganzen Dose verputzt und dann meinen Kram für die Mühen des Tages umgepackt.
12.00 Uhr
Ich habe heute trotz meiner scheinbar geschwächten Kondition eine weite Strecke zurückgelegt. Im Moment würde ich gern drei Liter Orangensaft trinken. Dies hat in einer weniger beschissenen Welt früher immer geholfen, wenn auch nur vermeintlich. Ich war heute Morgen etwa zwei Stunden unterwegs, als ich in der Richtung. aus der ich kam, ein Blinken sah, kaum mehr als eine gerade noch wahrnehmbare Reflektion. Im Fernglas sah ich nichts. Der Wind hat dann tagsüber stärker geweht, und in etwa einem Kilometer Entfernung rührte sich nichts außer sich wiegendem Blattwerk. Für den Fall, dass ich angerufen werde, habe ich das Telefon ans Solarladegerät gehängt, das am Rucksack baumelt. Ich nähere mich dem unteren Teil der Landkarte. Ich nehme hin, dass sie keine täglichen Erscheinungen sind.
In den letzten beiden Stunden habe ich auf einigen Feldern in verschiedenen Gebieten Grüppchen von Untoten gesehen und beobachtet. Sie scheinen jedoch nicht zu ahnen, dass ich in ihrer Nähe bin. Ich schaute fortwährend nach vorn aus und korrigierte laufend meinen Kurs, um in sicherer Entfernung vom Feind zu bleiben. Alles, was näher als hundert Meter ist, könnte sich sehr wahrscheinlich zu einer Feindberührung auswachsen, je nachdem wie der Wind weht und der Zustand ihrer Verwesung ist. Für den Fall, dass ich jemanden ausschalten muss, sind Pistole und Dämpfer stets schussbereit an den Rucksack geschnallt. Wenn mir jemand folgt oder sich an meine Fährte heftet, darf ich das Risiko, Lärm zu machen, nicht eingehen.
16.00 Uhr
Heute kam kein Anruf. Ich habe den Eindruck, dass meine Paranoia mich einige Zeit gekostet hat. Ich habe fortwährend zurückgeschaut, um zu sehen, ob ich den Burschen ertappe, der mir angeblich folgt. Ich habe keine Spur von ihm gesehen. Ich habe zwar das Gefühl, beobachtet zu werden, aber es ist schwierig zu bestimmen, ob es auf der Warnung oder auf einem echten sechsten Sinn basiert. Verflucht, vielleicht trifft beides zu. Heute Nacht nehme ich Quartier in einer alten Taverne am Straßenrand. Es hat mich früh unter ein Dach gezogen, da ich den Eindruck nicht loswerde, dass der Virus, den ich mir eingefangen habe, mich in Bälde schwächen wird. Ich kann nichts essen, zwinge mich aber, den Rest meines Wassers zu trinken. Ich höre Donner am Horizont. Die Luft riecht nach Regen. In den Regalen sind mehrere Flaschen Alkohol zurückgeblieben, die zu plündern sich niemand bemüht hat. Ich habe mir eine verstaubte Flasche Maker's genommen, sie geöffnet und gleich einen Schluck aus der Pulle getrunken. Das Zeug ist ganz schön scharf, hat meiner Kehle aber gutgetan und mich innerlich aufgewärmt. Ich habe mich in eine Ecknische der alten Kaschemme gesetzt, die einst River City Liquor & Eats hieß. Manche Leute sitzen gern in einer Nische, wenn sie zum Essen ausgehen. Ich schätze, ich bin der Ecknischentyp.
Ich weiß, dass all diese Alkoholflaschen auch einen medizinischen Wert haben, da sie desinfizieren und den Schmerz töten. Es wäre mir sehr lieb, wenn ich Platz für mehr als ein Gläschen Whisky hätte. Der Wind haut jetzt fester drauf. Bald - vermutlich, sobald dieser Satz fertig ist - wird es regnen.
18. Oktober
9.00 Uhr
Dank des heftigen Regens konnte ich meinen Wasservorrat in der vergangenen Nacht dreimal auffüllen. Nach Überprüfung der Schubladen im Büro des Geschäftsführers entdeckte ich ein Röhrchen Pränatalvitamine. Ich schaute mir das Etikett an, um sicherzugehen, dass mir davon keine Brüste wachsen, dann öffnete ich es und genehmigte mir eine doppelte Dosis. Das Medikament stand kurz vor dem Ablaufen, was bedeutet, dass seine Wirkung vielleicht nur noch
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