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Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)

Titel: Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karim El-Gawhary
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Um den Hals der Puppe hängt ein Schild: „Habt keine Angst, ich bleibe nicht mehr als 30 Jahre“, steht da-rauf. Ein Trommler hat sich dazugesellt, um der Puppe den Takt anzugeben. „Weder Mubarak noch Suleiman“, singt die Menschengruppe, die dem bizarren Tanz der Puppe zusieht.
    Stolz, Ägypterin zu sein
    Amira drückt immer wieder auf den Auslöser ihrer professionellen Spiegelreflexkamera. „Ich möchte den Leuten zeigen, was hier los ist. Das möchte ich weitergeben an Freunde via Facebook, damit alle das sehen können“, sagt sie. „Als Frau habe ich mich erst davor gefürchtet, hierher zu kommen, wegen der Mubarak-Schläger“, blickt sie zurück. Über die Szene auf dem Platz ist sie überrascht. Als Frau wurde sie kein einziges Mal belästigt und immer in ihrer Arbeit als Fotografin bestärkt. „Ich bin heute einfach stolz, Ägypterin zu sein“, beendet sie das Gespräch.
    Auch um die Schriftstellerin Samia Serageldin hat sich eine Gruppe von Menschen versammelt und hört ihr aufmerksam zu. „Ich bin gekommen, um zu zeigen, dass wir keine Angst haben und uns nicht einschüchtern lassen“, sagt sie und formuliert klare politische Forderungen: Der Präsident muss weg, das Parlament, das seine Sitze durch Wahlbetrug gewonnen hat, muss aufgelöst und die Verfassung geändert werden. Alles müsse fortan den Willen des Volkes widerspiegeln. Die Zeit der politischen Monopole sei vorbei, erklärt sie. Jetzt gehe es darum, faire und transparente Wahlen zu organisieren. Die Menschen um sie herum klatschen.
    Auch Molzin Hassan ist auf dem Platz. Sie leitet Nazra – zu Deutsch: „Sichtweise“ –, eine ägyptische Organisation für feministische Studien. „Nicht nur hier auf dem Platz, in ganz Ägypten haben Frauen mit dieser Revolution einen neuen Platz im öffentlichen Raum eingenommen“, sagt sie begeistert. Sie hätten nicht nur traditionell den Demonstranten Essen gebracht oder sie medizinisch versorgt, sie hätten auch für die Sicherheit der Demonstranten gesorgt, den Platz verteidigt und Führungsrollen eingenommen, sagt sie.
    Die übliche Anmache ist vorbei
    Sogar die übliche Anmache habe vollkommen aufgehört, und nicht nur auf dem Platz. „Wenn wir mit unseren Plakaten und Fahnen zum Platz fahren, grüßen uns die Leute mit einem ,Seid stark, ihr Töchter der Revolution‘“, berichtet sie. Das Tolle sei, dass Frauen jeglicher politischen Couleur auf dem Platz seien und dort übernachteten, auch sehr traditionelle und konservative, führt sie enthusiastisch aus und schlussfolgert: „Diese Gewinne aus der Revolution können sie uns Frauen nie wieder wegnehmen.“
    Und die Männer? Was sagen sie dazu? Etwa konservative wie der 40-jährige Abdel Gawad Haggag, der der islamistischen Muslimbruderschaft angehört: Seit elf Tagen ist er auf dem Platz, hat ihn gegen die Schläger verteidigt. Nachts schläft er vor den Panzerketten, damit die Armee den Spielraum der Demonstranten nicht einengen kann. An diesem Morgen führt er Besucher gut gelaunt über den Platz.
    Auf die Frage, wie er sich in den letzten Tagen als Muslimbruder persönlich verändert habe, denkt er länger nach. „Ich habe immer gedacht, Frauen könnten nur bestimmte Berufe ergreifen, als Lehrerinnen oder als Ärztinnen beispielsweise“, beginnt er zu antworten. In den letzten Tagen habe er aber gesehen, wie mutig die Frauen Seite an Seite mit den Männern den Platz gegen die Schläger verteidigt, Steine auf diese geworfen und die Verletzten abtransportiert hätten. „Heute bin ich davon überzeugt“, sagt er, „dass Frauen alles können.“
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    10.2.2011
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    Arabesken, tazblog 10.2.2011
    Mubarak: Dr. Stur

    Dieser Tage macht eine Anekdote in Kairo die Runde, die von Mohammed Hassanein Heikal, dem Altmeister des arabischen und ägyptischen Journalismus, überliefert ist. Die Berater des Präsidenten wollten Hosni Mubarak einen neuen Minister schmackhaft machen und erklärten dem Präsidenten, welche hervorragenden akademischen Auszeichnungen der Mann habe und welche Doktortitel ihn besonders für das Ministeramt qualifizierten. Mubarak wollte den Mann aber nicht im Kabinett haben und soll laut Heikal geantwortet haben: „Mir ist egal, welche akademischen Titel der Mann trägt, ich habe auch promoviert und bin Dr. Stur.“ Das stellt er jetzt wieder unter Beweis.
    Gestern hat ein Polizeioffizier im ägyptischen Staatsfernsehen gejammert. Er traut sich jetzt langsam wieder auf die Straße, aber entweder

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