Tagebuch der arabischen Revolution (German Edition)
hatten.
Arabesken, tazblog 27.7.2010
Körperverletzung, Totschlag oder Folter? Weswegen stehen die ägyptischen Polizisten im Fall Khaled Said vor Gericht?
Die Beantwortung dieser Frage wurde erst einmal beim heutigen Prozessauftakt vertagt.
Heute hat in Alexandria das Verfahren gegen zwei ägyptische Polizisten begonnen, die den jungen Ägypter Khaled Said auf offener Straße zu Tode geprügelt haben sollen. Nach einer kurzen Beratung wurde der Prozess auf den 25. September vertagt. Die beiden Angeklagten bleiben in Haft.
Ein Team von Anwälten, das die Familie des toten 28-jährigen Khaled Said vertritt, verlangte zuvor, für das Verfahren mehrere Zeugen einzuberufen, darunter den Chef der Sidi- Gabr-Polizeistation, in der die beiden Angeklagten arbeiteten. Ihm wird öffentlich vorgeworfen, den Vorfall vertuscht haben zu wollen. Geladen werden sollen auch die Gerichtsmediziner, die in zwei Obduktionen bestätigt haben, dass der Tote nicht an den Prügeln der Polizisten, sondern an einem Tütchen mit Haschisch gestorben sein soll, das er beim Eintreffen der Polizisten heruntergeschluckt haben soll. Geladen werden soll auch ein anderer ehemaliger Gerichtsmediziner, der dieses Ergebnis in der Öffentlichkeit als „fabriziert“ abgelehnt hatte. Auch die Sanitäter, die den leblosen Körper Saids abgeholt hatten, sollen aussagen, sowie die Augenzeugen, die beobachtet hatten, wie das Opfer von den Polizisten geprügelt wurde, bis es sich nicht mehr bewegt habe.
Das Anwaltsteam Saids forderte, die Anklage gegen die Polizisten von Körperverletzung im Amt auf Totschlag abzuändern. Außerdem solle untersucht werden, ob es sich um eine Form von Folter gehandelt habe.
In einer Erklärung drückte die internationale Menschenrechtsorganisation Amnesty International die Sorge aus, dass die Augenzeugen des Vorfalls eingeschüchtert werden könnten. Dort heißt es:
„Wenn es in diesem Fall Gerechtigkeit geben soll, dann muss sichergestellt werden, dass sowohl die Zeugen als auch die Familie des Opfers und alle anderen, die die Wahrheit ans Licht bringen wollen, vor Drohungen, Gewalt und Einschüchterungen geschützt werden, um vor Gericht frei aussagen zu können.“
Ein Freund Saids war laut Amnesty International letzte Woche von neun Unbekannten mit Messern angegriffen worden.
Welche symbolische Bedeutung der Fall Khaled Said inzwischen in Ägypten erlangt hat, das zeigen die heutigen Szenen vor dem Gerichtsgebäude in Alexandria. Trotz des großen Aufgebots der Polizei kam es dort erneut zu Protesten gegen Polizeigewalt und Folter und gegen die seit fast drei Jahrzehnten in Ägypten geltenden Notstandsgesetze.
Arabesken, tazblog 6.8.2010
Mutige Frau erzählt im ägyptischen Fernsehen von ihrer Vergewaltigung durch die Polizei
In einem sensationellen Beitrag des privaten ägyptischen Fernsehsenders Modern Misr, der nun auch auf YouTube kursiert, erzählt eine Frau in Schwarz öffentlich von ihrer Vergewaltigung, und das auch noch durch die Polizei: „Ich habe beschlossen, dieses Risiko einzugehen, um den Verantwortlichen des Landes zu zeigen, was die ägyptische Polizei mit den Menschen macht.“
Die Geschichte der Frau, die dort mit verschleiertem Gesicht erscheint, wurde in den letzten Tagen zum Gesprächsstoff Nummer Eins in Ägypten. Sie erzählt, dass sie an einer Straßensperre auf einer Landstraße im Nildelta von Polizisten nach ihren Papieren gefragt, anschließend in einen Polizeikleintransporter gezerrt und dort von den Polizisten vergewaltigt wurde. An einem Punkt in ihrer Erzählung bricht ihre Stimme und man kann nur ahnen, dass hinter dem Schleier die Tränen fließen, während sie ihr Taschentuch fester umgreift.
„Ich dachte eigentlich, die Polizei ist zu deinem Schutz da, aber ich wurde eines Besseren belehrt“, sagt sie und warnt alle Frauen: „Wenn ihr ein Polizeiauto seht, dann müsst ihr vorsichtig sein.“
Die Polizisten fühlten sich offensichtlich in doppelter Hinsicht sicher: Vergewaltigungen werden in Ägypten nur selten angezeigt, weil die Frauen in der konservativen islamischen Gesellschaft ihre Ehre und die ihrer Familie schützen wollen. Dass eine Frau öffentlich im Fernsehen von ihrer Vergewaltigung erzählt, ist ein absolutes Novum. Außerdem kann die Polizei sich darauf verlassen, dass Fälle von Polizeigewalt und Willkür nach fast 30 Jahren Notstandsgesetzen meist vertuscht werden. Die Unbekannte hat die Vergewaltigung vor ihrem Fernsehauftritt auch der Polizei
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