Tagebuch der Lust
Feier, und die wollte ich um keinen Preis verpassen. Jethro war außer Haus und Alisha mit ihren Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt, also war ich sicher, dass mich niemand vermissen würde. Matthew übergab mir den gesattelten Ghost und dann ritt ich, wie schon so oft, den Weg nach Atlanta.
Man erwartete mich bereits, und der Gouverneur höchstpersönlich begrüßte mich herzlich. Ich spielte meine Rolle mittlerweile perfekt, und so erwiderte ich seinen Gruß mit einem koketten Augenaufschlag. Hinter vorgehaltener Hand tuschelte man bereits über mich, das war mir durchaus bewusst. Besonders die Damen vermuteten, dass ich eine gelangweilte Ehefrau war, die ihrem Vergnügen nachging. Doch angesprochen hat mich nie jemand darauf. Ich nahm an, dass viele von ihnen glücklich darüber waren, dass ihre Männer von mir – dem Phantom der Lust – träumten und ihre Fantasien daheim auslebten. So wurde ich ungewollt zum Lustspender für heimische Betten.
Auch an diesem Abend fand ich schnell mein erstes Vergnügen. Ich wusste, dass es sich um Senator T.L. Corbett, einem waschechten Texaner in den Dreißigern, handelte. Titus – so lautete der erste Vorname des Senators – war verheiratet mit Claudia Hammon, Tochter eines einflussreichen Großgrundbesitzers, mit einer enormen Erbschaft. Titus galt als Emporkömmling, der alles getan hätte, um in der Politik ganz groß zu werden. Nun war seine Angetraute jedoch ewig kränkelnd, wodurch man Senator Corbett fast immer alleine auf Festlichkeiten antraf. Ich hörte von Gerüchten, dass er einen recht ausgefallenen Sexgeschmack hatte und Claudia völlig überforderte. Es war nicht so, dass Titus mir besonders sympathisch gewesen wäre. Ehrlich gesagt fand ich ihn zu überheblich und selbstverliebt, jedoch machte es mich neugierig, was es mit den Gerüchten auf sich hatte.
Da stand ich nun. Titus' kalter Blick lag auf meinem Körper und nahm ihn genauestens in Augenschein. Während die anderen Herren, mit denen ich geschlafen hatte, mir stets Respekt zollten, war Titus' Verhalten mir gegenüber von einer Arroganz, die mich fast mein gutes Benehmen vergessen ließ. Allerdings muss ich zu meiner Schande gestehen, dass mir seine eisigen, grauen Augen einen Schauer durch den Körper jagten. Die kleinen Härchen an meinen Armen stellten sich auf, als Titus mit dem Handrücken darüber fuhr. Auf seinen Lippen zeichnete sich ein Lächeln ab, welches jedoch nicht seine Augen erreichte. Noch hatte ich die Möglichkeit, das Ganze sein zu lassen und mir einen charmanteren Liebhaber für die Nacht zu suchen. Doch auf schockierende Weise begann es in meinem Unterleib zu ziehen, als ich mir seinen nackten, schlanken Körper vorstellte. Also ließ ich mich darauf ein.
Titus brachte mich in sein Stadthaus, welches er die meiste Zeit bewohnte und in dem er mit Sicherheit seine Vorlieben mit diversen Huren auslebte. Heute Nacht war ich sein Spielzeug und im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mir mein Vorhaben vielleicht nicht gründlich genug überlegt hatte.
Das Haus war typisch maskulin eingerichtet. Die Wände waren holzvertäfelt und wurden von diversen Jagdtrophäen geschmückt. Mich fröstelte, als die starren, toten Tieraugen auf mich niederblickten. Auf dem Boden – ebenfalls aus dunklem Holz – lagen teure Teppiche und Tierfelle. Titus führte mich durch eine schmale Tür, die – wie ich erschreckt feststellte – in den Keller führte. Ich fühlte mich wie in einer Gruft, als Titus jedoch die Tür am Ende der Treppe öffnete, revidierte ich meine Gefühle. Es war keine Gruft, es war eine Folterkammer wie aus dem Mittelalter. Ich sog hörbar den Atem ein und schwankte. Das konnte unmöglich sein Ernst sein. Ein leicht muffiger, feuchter Geruch schlug mir entgegen, der allerdings in Verbindung mit dem Duft teurer Bienenwachskerzen nicht unangenehm war.
„Ich glaube, auf derartige Erfahrungen kann ich gerne verzichten, Mister Corbett“, sagte ich spitz. „Es wird das Beste sein, wenn Sie mich zurück bringen.“
„Nein!“, antwortete Titus in einem Tonfall, der keinen Widerspruch zuließ. „Glauben Sie mir, Antoinette, Sie werden Ihre Freude daran haben. Außerdem“, fuhr er fort und trat einen Schritt auf mich zu, „will ich nicht der Einzige in Atlanta sein, der noch nicht das Vergnügen mit Ihnen hatte.“
Er packte mich grob an der Hüfte und hielt mich so fest, dass mir der Atem stockte. Ich stemmte mich mit aller Kraft gegen seinen Oberkörper, doch sein Griff
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