Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht
Gesicht ist voller Blutergüsse. Ich mach mir echt Sorgen, was passieren wird, wenn er und Dick wieder zur Schule kommen.
Jetzt haben sie noch mehr Grund, Stefan zu hassen. Was mich zu Stefan bringt. Als ich heute morgen aufwachte, packte mich eine Riesenangst. Wenn nun alles nicht wahr ist? dachte ich.
Wenn es nie geschehen ist oder er seine Meinung geändert hat? Tante Judith machte sich beim Frühstück wieder Sorgen, weil ich nichts essen konnte. Aber in der Schule habe ich ihn vor dem Büro auf dem Flur getroffen. Wir haben uns nur angesehen. Und ich wußte es. Kurz bevor er sich abwandte, hat er mich ein wenig traurig angelächelt. Auch das habe ich verstanden. Er hat recht. Wir gehen in der Öffentlichkeit besser nicht aufeinander zu. Es sei denn, wir wollen den Mitschülern etwas Nervenkitzel verschaffen. Wir gehören ganz fest zusammen. Jetzt muß ich nur noch einen Weg finden, Jean-Claude das alles zu erklären. Ha, ha. Mir ist jedoch unverständlich, warum Stefan darüber nicht so glücklich ist wie ich. Wenn wir zusammen sind, kann ich spüren, was er fühlt, und ich weiß, wie sehr er mich liebt und begehrt. Er küßt mich mit einem verzweifelten Hunger. Fast, als wollte er mir die Seele aus dem Leib reißen. Wie ein Wasserstrudel, der...
Immer noch 7. Oktober, jetzt ungefähr zwei Uhr nachmittags.
Nun, es gab eine kleine Unterbrechung, weil Miss Halpern mich tatsächlich erwischt hat. Sie begann sogar, den Text laut vorzulesen, aber das Thema schien ihr dann doch zu heiß zu werden, und sie hörte auf. Sie war ziemlich verstimmt. Egal, ich bin zu glücklich, um mich über einen Tadel zu ärgern.
Stefan und ich waren in der Pause zusammen. Wir sind zu einer Ecke der Wiese gegangen. Ich hatte mein Lunchpaket dabei, er hatte nichts mitgebracht. Wie es sich herausstellte, konnte ich auch nichts essen. Wir haben uns nicht angefaßt - ehrlich nicht! Uns nur viel unterhalten und tief in die Augen gesehen.
Mehr als bei jedem anderen Jungen sehne ich mich danach, ihn zu berühren. Ich weiß, daß er es auch will, aber er hält sich zurück. Das ist es, was ich nicht verstehen kann. Warum er mit aller Macht dagegen ankämpft. Gestern habe ich ja in seinem Zimmer mein Haarband als Beweis gefunden, daß er mich von Anfang an beobachtet hat. Ich habe ihm nicht gebeichtet, daß ich es weiß. Denn augenscheinlich will er, daß es ein Geheimnis bleibt. Aber das zeigt doch, wieviel ich ihm bedeute, oder? Ich werde dir von jemand anderem berichten, der auch ziemlich verstimmt ist. Anscheinend hat die süße Caroline Stefan in jeder Pause ins verlassene Photolabor gezerrt, und als er heute nicht auftauchte, hat sie nach ihm gesucht... und uns beide gefunden. Armer Stefan, er hatte sie total vergessen und war selbst ziemlich geschockt. Als sie, im Gesicht ganz grün vor Wut, wieder abgezogen war, hat er mir erzählt daß sie sich vom ersten Tag an wie eine Klette an ihn geheftet hat. Ihre Masche war ganz einfach. Sie hatte bemerkt, daß er in den Pausen nie etwas aß, und ihm weisgemacht, daß sie auch nicht ißt, weil sie gerade eine Diät macht. Also hat sie ihm vorgeschlagen, sich irgendwohin zurückzuziehen, wo sie sich
ungestört ein wenig entspannen könnten. Er hat kein schlechtes Wort über sie verloren. Das liegt sicher nur an seinen guten Manieren. Ein Gentleman tut so etwas eben nicht.
Aber er hat mir versichert, daß zwischen ihnen nichts war. Und was Caroline angeht, für sie ist es sicher schlimmer, einfach vergessen zu werden, als wenn zwischen ihr und Stefan die Fetzen geflogen wären.
Ich wundere mich allerdings, warum er nichts ißt. Das ist seltsam für einen Footballspieler. Hilfe, Mr. Tanner kam gerade vorbei, und ich konnte mein Tagebuch gerade noch zuknallen.
Bonnie kichert hinter ihrem Geschichtsbuch. Ich kann sehen, wie ihre Schultern zittern. Stefan, vor mir, ist so angespannt, als würde er am liebsten jeden Moment aufspringen. Matt wirft mir Blicke zu, die nur bedeuten können „du Idiotin“, und Caroline kocht vor Wut. Ich habe Mr. Tanner als er vor der Klasse stand, sehr, sehr unschuldig angesehen, während ich gleichzeitig geschrieben habe. Deshalb ist meine Schrift etwas undeutlich. Jetzt verstehst du das sicher, liebes Tagebuch. Im letzten Monat bin ich nicht ich selbst gewesen. Ich konnte weder klar denken noch mich auf etwas konzentrieren. Es ist soviel unerledigt geblieben, daß ich fast Angst bekomme. Ich soll mich um die Dekoration für unser Schulfest unter dem Motto
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