Tagebuch Eines Vampirs 01. Im Zwielicht
Meredith. „Sie scheint unter Beruhigungsmitteln zu stehen“, meinte Meredith. Mrs. Bennett hatte jedoch behauptet, daß Vickie keine Medikamente bekommen hatte.
Elena runzelte die Stirn und wandte sich wieder an das reglose Mädchen. „Vickie, ich bin's, Elena. Ich möchte mit dir nur über letzte Nacht reden. Du sollst wissen, daß ich dir glaube.“ Sie achtete nicht auf den scharfen Blick, den ihr Meredith zuwarf, und fuhr fort. „Ich wollte dich fragen...“ „Nein!“ Ein gellender Schrei kam aus Vickies Kehle. Ihr Körper, der reglos wie eine Wachspuppe dagelegen hatte, bewegte sich plötzlich heftig.
Das hellbraune Haar fiel ihr über die Augen, während sie den Kopf vor- und zurückwarf. Ihre Hände
fuchtelten in der Luft herum. „Nein“, schrie sie. „Nein.“ „Tut was“, keuchte Bonnie erschrocken. „Mrs. Bennett! Mrs.
Bennett!“ Elena und Meredith versuchten, Vickie im Bett festzuhalten. Das Mädchen wehrte sich verzweifelt. Das Schreien hielt an. Plötzlich stand Vickies Mutter neben ihnen und stieß die anderen weg. Sie nahm Vickie in die Arme. „Was habt ihr mit ihr gemacht?“ rief sie. Vickie klammerte sich an die Mutter und beruhigte sich langsam, aber dann fiel ihr Blick über Mrs. Bennetts Schulter auf Elena. „Du gehörst dazu! Du bist böse“, schrie sie Elena hysterisch an. „Bleib mir vom Leib!“
Elena war wie vor den Kopf geschlagen. „Vickie! Ich bin nur gekommen, um dich zu fragen...“ „Ich glaube, ihr geht besser.
Laßt uns in Frieden.“ Mrs. Bennett beugte sich beschützend über ihre Tochter. „Könnt ihr nicht sehen, was ihr ihr antut?“
Geschockt und schweigend verließ Elena das Zimmer. Bonnie und Meredith folgten ihr.
„Es muß doch von den Medikamenten kommen“, sagte Bonnie, als sie aus dem Haus waren. „Sie ist ja total ausgeflippt.“ „Sind dir ihre Hände aufgefallen?“ fragte Meredith Elena. „Als wir versucht haben, sie festzuhalten, hatte ich eine ihrer Hände gepackt. Sie war eiskalt.“ Elena schüttelte verwirrt den Kopf. Es ergab alles keinen Sinn, aber sie würde sich den Tag nicht verderben lassen. Verzweifelt suchte sie nach einer Ablenkung von dem unangenehmen Erlebnis. „Ich hab's“, rief sie plötzlich.
„Die Pension.“ „Was?“ „Ich hab Stefan gebeten, mich heute anzurufen, aber wir könnten doch genausogut zu ihm hingehen. Es ist nicht weit.“ „Nur zwanzig Minuten zu Fuß“, meinte Bonnie düster. Dann hellte sich ihre Miene auf.
„Zumindest kriegen wir endlich mal sein Zimmer zu sehen.“ „Also, ich hatte mir eigentlich vorgestellt, daß ihr zwei unten wartet. Ich bleib nur ein paar Minuten bei ihm“, verteidigte sich Elena, als die Freundinnen sie verblüfft ansahen. Es war merkwürdig, aber sie wollte Stefan noch nicht mit ihren Freundinnen teilen. Er war so neu für sie, daß er ihr fast wie ein Geheimnis vorkam. Auf ihr Klopfen an der polierten Eichentür öffnete Mrs. Flowers. Sie war eine alte, winzige Frau. Ihr Gesicht war voller Falten, doch der Blick ihrer schwarzen Augen war erstaunlich scharf und klar. „Du mußt Elena sein“, sagte sie. „Ich hab dich und Stefan letzte Nacht rausgehen sehen. Als er zurückkam, hat er mir deinen Namen verraten.“ „Sie haben uns gesehen?“ fragte Elena überrascht.
„Ich habe Sie gar nicht bemerkt.“ „Nein, das stimmt.“ Mrs.
Flowers kicherte. „Was bist du für ein hübsches Mädchen. Ein sehr hübsches Mädchen“, fügte sie hinzu und tätschelte Elenas Wange. „Danke“, sagte Elena verlegen. Sie mochte die schwarzen Augen nicht, die sie musterten. „Ist Stefan zu Hause?“ Sie blickte an Mrs. Flowers vorbei zur Treppe. „Ja.
Wenn er nicht vom Dach aus abgeflogen ist.“ Sie kicherte wieder, und Elena lachte höflich. „Wir bleiben hier unten bei Mrs. Flowers“, erklärte Meredith Elena, während Bonnie wie eine Märtyrerin die Augen gen Himmel rollte. Ein Lächeln verbergend nickte Elena und stieg die Treppe hoch. So ein merkwürdiges altes Haus, dachte sie wieder, als sie die verborgene Treppe im Schlafzimmer des zweiten Stocks fand.
Die Stimmen von unten drangen nur schwach herauf, und während sie die Stufen hochging, verstummten sie ganz. Es herrschte völlige Stille, als sie die spärlich erleuchtete Etage am Ende der Treppe erreicht hatte. Elena kam sich vor wie in einer anderen Welt. Ihr Klopfen klang sehr ängstlich. „Stefan?“
Von drinnen war kein Laut zu hören, aber plötzlich ging die Tür auf. Sicher sieht heute jeder
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