Tagebuch Eines Vampirs 02. Bei Dämmerung
auf dem Boden und knöpfte sich die Stofftierchen vor, die mit anderen Kindheitserinnerungen in einer Kiste gesteckt hatten. Sie ließ ihre langen Finger darüber gleiten und suchte nach Schlitzen in dem Material. Bei einem flauschigen Pudel hielt sie plötzlich inne.
„Den hab ich ihr geschenkt“, flüsterte sie. „Ich glaube, zu ihrem zehnten Geburtstag. Ich dachte, sie hätte ihn längst weggeworfen.“ Elena konnte ihre Augen nicht sehen. Meredith'
Taschenlampe war auf den Pudel gerichtet. Aber sie wußte, was die Freundin fühlte. „Ich hab versucht, mich mit ihr zu versöhnen“, sagte sie leise. „Ehrlich, Meredith. Bei der Spukhaus-Party. Aber sie hat mir so gut wie klargemacht, daß sie mir nie verzeihen wird, daß ich ihr Stefan gestohlen habe.
Ich wünschte auch, die Dinge wären anders. Aber sie will nicht nachgeben.“
„Also herrscht jetzt Krieg.“ „Ja“, erwiderte Elena nüchtern und endgültig. Sie beobachtete, wie Meredith den Pudel weglegte und das nächste Tierchen nahm. Dann wandte sie sich wieder ihrer eigenen Suche zu. Aber sie hatte mit der Kommode genauso wenig Glück wie mit dem Schrank. Von Minute zu Minute wurde sie nervöser und fürchtete, jeden Moment das Auto der Forbes' vor dem Haus zu hören. „Es ist zwecklos“, seufzte Meredith schließlich, während sie mit der Hand unter Carolines Matratze fuhr. „Sie muß es verteufelt gut versteckt haben. Halt... was ist das? Da steckt was in der Ecke.“ Bonnie und Elena hielten inne und sahen sie aus den entgegengesetzten Ecken des Zimmers wie gebannt an. „Ich hab's! Elena! Hier ist ein Tagebuch!“ Elena war so erleichtert, daß ihre Knie schwach wurden. Endlich konnte sie wiederfrei atmen. Sie hatte es doch
gleich gewußt. Stefan konnte nichts wirklich Schlimmes passieren. Das Leben durfte einfach nicht so grausam sein.
Nicht zu Elena Gilbert. Aber dann sagte Meredith verwundert:
„Okay, es ist ein Tagebuch. Aber es ist grün, nicht blau. Kinder, wir haben das falsche erwischt.“
„Was?“ Elena entriß ihr das Büchlein und beleuchtete es von allen Seiten, als versuche sie, das helle Grün des Einbands in ein leuchtendes Dunkelblau zu verwandeln. Dieses Tagebuch glich ihrem zwar, aber es war es nicht. „Das gehört Caroline“, sagte sie schließlich und wollte es nicht glauben.
Bonnie und Meredith traten nah heran. Sie alle betrachteten erst das Bändchen und tauschten dann einen hilflosen Blick.
„Wir könnten etwas daraus erfahren“, überlegte Elena zögernd.
„Das wäre nur fair“, stimmte Meredith zu. Aber es war Bonnie, die das Tagebuch schließlich in die Hand nahm und es öffnete.
Elena schaute über Bonnies Schulter auf Carolines geschwungene Schrift, die so anders war als die großen Blockbuchstaben auf den violetten Papierfetzen. Zunächst schweifte ihr Blick nur hin und her, bis ihr ein Name ins Auge fiel: Elena.
„Wartet mal. Was bedeutet das?“
Bonnie, die als einzige in der Lage war, mehr als nur ein oder zwei Worte zu erkennen, bewegte einen Moment lautlos die Lippen. Dann machte sie ein verächtliches Geräusch.
„Hört euch das an“, meinte sie und las laut vor: „Elena ist die selbstsüchtigste Person, die ich je kennengelernt habe. Jeder hält sie für unwahrscheinlich cool, doch im Grunde ist das nur Kälte. Es macht mich krank mitzuerleben, wie alle versuchen, sich an sie ranzuschmeißen, dabei sind ihr die anderen doch total egal. Für sie zählt nur eine Person: nämlich sie selbst.“
„Ausgerechnet Caroline muß so etwas sagen!“ Aber Elena spürte trotzdem, wie sie rot wurde. Praktisch dasselbe hatte Matt nämlich zu ihr gesagt, als sie versucht hatte, Stefan zunächst gegen seinen Willen zu erobern.
„Lies weiter. Da steht noch mehr.“ Meredith stieß Bonnie aufgeregt an, die hörbar gekränkt fortfuhr. „Bonnie ist in den letzten Tagen mindestens genauso schlimm. Immer versucht sie, sich wichtig zu machen. Seit neuestem behauptet sie, ein Medium zu sein, damit alle auf sie aufmerksam werden. Wenn sie wirklich telepathische Kräfte hätte, dann hätte sie längst gemerkt, daß Elena sie nur benutzt.“
Es entstand eine bleierne Pause. Dann sagte Elena: „Ist das alles?“ „Nein. Da ist noch was über Meredith: Meredith rührt keinen Finger, um der ganzen Sache ein Ende zu machen.
Eigentlich tut Meredith überhaupt nie etwas. Sie beobachtet nur. Es scheint, als ob sie nicht von sich aus handeln könnte.
Sie reagiert nur auf Dinge. Außerdem habe ich
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