Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
Kletterpflanzen entwirren, drei, vier, weiter geradeaus, fünf - es wurde jetzt definitiv dunkler, geradeaus, sechs ... irgendetwas packte sie an den Haaren ...
abreißen, sieben, acht, geradeaus weiter - verdammt! Ein umgestürzter Baum. Zu hoch, um darüberzuklettern. Sie würde außen herumgehen müssen. Also schön, nach rechts, eins, zwei, drei - ein langer Baum - sieben Schritte. Das waren sieben Schritte zurück - jetzt scharf nach rechts wenden und weitergehen. So gern du es tun würdest, du kannst keinen dieser Schritte mitzählen. Also bist du bei neun.
Richte dich auf, der Baum ist schief gewachsen - lieber Himmel, es ist jetzt pechschwarz. Nenn das elf und ...
... sie flog. Was ihre Krücke hatte wegrutschen lassen, wusste sie nicht, sie konnte es nicht sagen. Es war zu dunkel, um herumzusuchen und sich womöglich an einer Gifteiche einen allergischen Ausschlag zu holen. Sie musste nachdenken, damit dieser alles durchdringende, höllische Schmerz in ihrem linken Bein sich legte. Es hatte auch ihrem rechten Arm nicht gutgetan - dieses instinktive Herumrudern, der Versuch, irgendetwas zu fassen zu bekommen, um sich zu retten. Gott, dieser Sturz hatte wehgetan. Die ganze Seite ihres Körpers tat so weh...
Aber sie musste in die Zivilisation vordringen, denn sie glaubte, dass einzig die Zivilisation Matt helfen konnte.
Du musst wieder aufstehen, Elena.
Ich schaffe es!
Und nun - sie konnte nichts sehen, aber sie hatte eine ziemlich klare Vorstellung davon, in welche Richtung sie unterwegs gewesen war, bevor sie stürzte. Und wenn sie sich irrte, würde sie auf die Straße treffen und den gleichen Weg zurückgehen können.
Zwölf, dreizehn - sie zählte weiter, sprach weiter mit sich selbst. Als sie bei zwanzig ankam, verspürte sie Erleichterung und Freude. Jetzt musste sie jeden Augenblick auf die Einfahrt stoßen.
Jetzt musste sie jeden Augenblick darauf stoßen.
Es herrschte pechschwarze Dunkelheit, aber Elena schlurfte mit den Füßen über den Boden, damit sie es bemerkte, sobald sie an der Einfahrt war.
Jeden ... Augenblick ... jetzt...
Als Elena bei vierzig ankam, wusste sie, dass sie in Schwierigkeiten steckte.
Aber an welcher Stelle konnte sie so weit vom Weg abgekommen sein? Wann immer irgendein kleines Hindernis sie gezwungen hatte, sich nach rechts zu wenden, hatte sie sich beim nächsten Mal mit Bedacht nach links gewandt. Und da war diese ganze Linie von Landmarken auf ihrem Weg, das Haus, die Scheune, das kleine Maisfeld. Wie hatte sie sich verirren können? Wie? Es wäre nur ein Weg von einer halben Minute durch den Wald gewesen ... nur einige wenige Schritte in den Alten Wald hinein.
Selbst die Bäume hatten sich verändert. Wo sie anfangs gewesen war, in der Nähe der Straße, hatten größtenteils Walnussbäume oder Tulpenbäume gestanden.
Jetzt befand sie sich in einem Dickicht aus weißen und roten Eichen ... und Koniferen.
Alte Eichen ... und auf dem Boden Nadeln und Blätter, die ihr Stolpern bis zur Lautlosigkeit dämpften.
Lautlosigkeit... aber sie brauchte doch Hilfe!
»Mrs Dunstan! Mr Dunstan! Kristin! Jake!« Sie warf die Namen hinaus in eine Welt, die ihr Bestes tat, um Elenas Stimme zu verschlucken. Tatsächlich konnte sie in der Dunkelheit ein gewisses kreiselndes, duftiges Grau erkennen und dabei handelte es sich um - ja - es war Nebel.
»Mrs Dunstaa-a-aan! Mr Dunstaa-a-aan! Kriiiissstiiiinnn! Jaaa-aaake!«
Sie brauchte einen Unterschlupf; sie brauchte Hilfe. Alles tat weh, vor allem ihr linkes Bein und ihre rechte Schulter. Sie konnte sich gut vorstellen, was für einen Anblick sie abgab: mit Schlamm und Blättern bedeckt, weil sie alle paar Meter gestürzt war, das Haar ein wilder Mopp, weil sie an Bäumen und Büschen vorbeigestreift war, Blut überall ...
Etwas Positives hatte die Situation jedoch: Sie sah gewiss nicht mehr aus wie Elena Gilbert. Elena Gilbert hatte langes, seidiges Haar, das immer perfekt frisiert war oder auf entzückende Weise zerzaust. Elena Gilbert setzte in Fell's Church Modetrends und würde sich niemals in einem zerrissenen Hemdchen und Jeans blicken lassen, die mit Schlamm bedeckt waren. Für wen sie diese verzweifelte Fremde auch halten mochten, sie würden gewiss nicht auf die Idee kommen, sie sei Elena.
Aber die verzweifelte Fremde hatte plötzlich Bedenken. Sie war ihr Leben lang durch den Wald gelaufen und hatte sich dabei niemals die Frisur ruiniert. Oh, natürlich hatte sie bei diesen anderen Gelegenheiten etwas sehen
Weitere Kostenlose Bücher