Tagebuch Eines Vampirs 05. Rückkehr Bei Nacht
sprachen beinahe gleichzeitig.
»Ich bin ein Idiot! Matt, wo ist der Hebel, der die Rücklehne freigibt?«
»Bonnie, du musst ihren Sitz nach hinten umlegen! Da ist ein kleiner Hebel, du müsstest eigentlich drankommen und ihn hochziehen können!«
Bonnies Stimme setzte jetzt immer wieder aus, weil sie einen Schluckauf hatte.
»Meine Arme - sie stechen irgendwie in - meine Arme ...«
»Bonnie«, sagte Meredith mit belegter Stimme. »Ich weiß, dass du es kannst.
Matt - ist der Griff direkt - unter - dem Vordersitz oder ...«
»Ja. Am Rand. Auf ein - nein, zwei Uhr.« Für mehr hatte Matt keinen Atem.
Nachdem er den Baum gepackt hatte, stellte er fest, dass das Holz, sobald er auch nur eine Sekunde lang seinen Druck dagegen vernachlässigte, sich fester in seinen Hals bohrte.
Es gibt keine andere Möglichkeit, dachte er. Er holte so tief Luft, wie er konnte, drückte gegen den Ast, wobei er einen Aufschrei von Meredith hörte, und drehte sich. Er spürte scharfkantige Splitter wie winzige hölzerne Messer, die ihm Kehle, Ohr und Kopfhaut aufrissen. Jetzt war er befreit von dem Druck gegen seinen Nacken - aber entsetzt darüber, wie viel mehr von diesem Baum jetzt im Wagen war als in dem Moment, in dem er das letzte Mal zu Meredith hingeschaut hatte.
Sein Schoß war voller Zweige; überall türmten sich dicke Haufen von Nadeln auf.
Kein Wunder, dass Meredith so wütend war, dachte er schwindelig und drehte sich zu ihr um. Sie war beinahe von Asten begraben und rang mit einer Hand mit etwas an ihrer Kehle, aber sie sah ihn trotzdem.
»Matt... mach ... dein eigener Sitz! Schnell! Bonnie, ich weiß, dass du es kannst.«
Matt riss an den Zweigen und wühlte sich hindurch, bis er den Hebel ertastete, der die Rückenlehne seines Sitzes nach hinten kippen würde. Der Hebel ließ sich nicht bewegen. Dünne, zähe Tentakel hatten sich um ihn geschlossen, elastisch und schwer zu zerreißen. Er drehte sie grimmig hin und her und riss sie schließlich einzeln ab.
Seine Rückenlehne kippte nach hinten. Er duckte sich unter dem gewaltigen Ast hindurch - der schon lange nicht mehr der einzige seiner Art im Wagen war. Dann, gerade als er sich vorbeugte, um Meredith zu helfen, klappte auch ihr Sitz abrupt nach hinten.
Sie fiel mit dem Sitz zurück, weg von den Nadelzweigen, und rang nach Luft.
Eine Sekunde lang lag sie einfach still da. Dann kroch sie ganz auf die Rücksitzbank und zog eine mit Nadeln gespickte Gestalt mit sich. Als sie sprach, war ihre Stimme heiser und ihre Worte kamen noch immer sehr langsam.
»Matt. Gott segne dich ... dass du ... dieses Wrack ... von einem Wagen hast.«
Sie trat den Vordersitz wieder in Position, und Matt tat das Gleiche.
»Bonnie«, sagte Matt wie betäubt.
Bonnie bewegte sich nicht. Viele winzige Zweige hielten sie noch immer umschlungen, verfangen im Stoff ihrer Bluse und in ihrem Haar.
Meredith und Matt begannen zu ziehen. Wo die Äste schließlich losließen, waren Striemen oder winzige Stichwunden zu sehen.
»Es ist beinahe so, als versuchten sie, in sie hineinzuwachsen«, murmelte Matt, als ein langer, dünner Ast nachgab und blutige Nadelstiche zurückließ.
»Bonnie?«, fragte Meredith. Sie war diejenige, die die Äste aus Bonnies Haar zupfte. »Bonnie? Komm schon, hoch mit dir. Sieh mich an.«
Das Zittern in Bonnies Körper setzte von Neuem ein, aber sie erlaubte Meredith, ihr Gesicht nach oben zu drehen. »Ich dachte nicht, dass ich es tun kann.«
»Du hast mir das Leben gerettet.«
»Ich hatte solche Angst ...«
An Meredith' Schulter gelehnt, weinte Bonnie leise weiter.
Matt schaute gerade in dem Moment zu Meredith hinüber, als das Kartenlicht des Wagens flackerte und erlosch. Das Letzte, was er sah, waren ihre dunklen Augen, in denen ein Ausdruck stand, bei dem ihm plötzlich noch übler wurde. Er schaute aus den drei Fenstern hinaus, die er jetzt von der Rückbank aus sehen konnte.
Es hätte eigentlich schwer sein müssen, überhaupt etwas zu sehen. Aber das, wonach er suchte, drückte sich direkt gegen das Glas. Nadeln. Äste. An jedem Zentimeter der Fensterscheiben.
Nichtsdestoweniger griffen er und Meredith, ohne irgendetwas sagen zu müssen, nach einer der hinteren Türklinken. Die Türen klickten, öffneten sich für den Bruchteil eines Zentimeters; dann schlugen sie mit einem endgültigen Peng wieder zurück.
Meredith und Matt sahen einander an. Meredith blickte wieder hinunter und zog weitere Zweige von Bonnie ab.
»Tut das weh?«
»Nein. Ein
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