Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
holen?«
Sage sah sie noch für ein paar lange Sekunden an, dann holte er den Arzt, der bei der Kutsche stand.
Elena war bereit. » Dr. Meggar, Sage hat Stefano nur ganz am Anfang gesehen, bevor Sie ihm diese Injektion gegeben haben. Sages Meinung nach wird Stefano in drei Tagen tot sein. Angesichts der Wirkung der Injektion, geben Sie ihm da recht?«
Dr. Meggar schaute sie an, und sie konnte den Glanz von Tränen in seinen kurzsichtigen Augen sehen. » Es ist– möglich– nur möglich, dass er, wenn er genügend Willenskraft hat, bis dahin noch leben könnte. Aber höchstwahrscheinlich…«
» Würde es etwas an Ihrer Meinung ändern, wenn ich sagte, dass er heute Abend vielleicht die Hälfte einer Flasche schwarzmagischen Weins getrunken hat?«
Beide Männer starrten sie an. » Soll das heißen…«
» Ist das nur ein Plan, den du jetzt hast?«
» Bitte!« Elena vergaß ihr Cape, vergaß alles und ergriff Dr. Meggars Hände. » Ich habe eine Möglichkeit gefunden, ihm ungefähr so viel einzuflößen. Ändert das etwas?« Sie drückte die Hände des älteren Mannes, bis sie seine Knochen spürte.
» Das tut es gewiss.« Dr. Meggar wirkte verwirrt, und zwar so, als habe er Angst zu hoffen. » Wenn du wirklich so viel in ihn hineinbekommen hast, wird er beinahe mit Sicherheit bis zum Abend der Party bei Lady Blodwedd überleben. Das ist es, was du möchtest, nicht wahr?«
Elena sank in sich zusammen, außerstande, der Versuchung zu widerstehen, ihm einen kleinen Kuss auf die Hände zu drücken, bevor sie losließ.
» Und jetzt lasst uns zu Damon gehen und ihm von den guten Neuigkeiten erzählen«, sagte sie.
In der Kutsche saß Damon stockgerade, sein Profil von einem blutroten Himmel umrissen. Elena stieg ein und schloss die Tür hinter sich.
Ohne jedweden Gesichtsausdruck sagte er: » Ist es vorüber?«
» Vorüber?« Elena war zwar nicht begriffsstutzig, aber sie hielt es für wichtig, dass Damon sich über seine Frage auch wirklich bewusst war.
» Ist er– tot?«, fragte Damon erschöpft, während er sich mit den Fingern den Nasenrücken massierte.
Elena ließ das Schweigen noch einige Herzschläge länger dauern. Damon musste wissen, dass Stefano wohl kaum in der nächsten halben Stunde sterben würde. Jetzt, da er keine sofortige Bestätigung erhielt, riss er den Kopf hoch.
» Elena, sag es mir! Was ist passiert?«, fragte er drängend. » Ist mein Bruder tot?«
» Nein«, antwortete Elena leise. » Aber er wird wahrscheinlich in einigen Tagen sterben. Er konnte sich verständlich ausdrücken, Damon. Warum bist du nicht zurückgekommen und hast mit ihm gesprochen?«
» Was hätte ich ihm denn zu sagen, das von Belang wäre?«, fragte er rau. » ›Oh, es tut mir leid, dass ich dich beinahe getötet hätte ‹ ? ›Oh, ich hoffe, du schaffst es noch ein paar Tage‹?«
» Dinge wie diese vielleicht, wenn du dir den Sarkasmus verkneifst.«
» Wenn ich sterbe«, fiel Damon ihr schneidend ins Wort, » werde ich auf meinen beiden Füßen stehen und kämpfen.«
Elena schlug ihm auf den Mund. In der Kutsche war nicht genug Platz, um weit auszuholen, aber sie legte so viel Macht hinter die Bewegung, wie sie nur konnte, ohne das Risiko einzugehen, die Kutsche zu ruinieren.
Danach herrschte lange Zeit Schweigen. Damon berührte seine blutende Lippe, beschleunigte die Heilung und schluckte sein eigenes Blut.
Schließlich sagte er: » Dir ist niemals auch nur in den Sinn gekommen, dass du meine Sklavin bist, nicht wahr? Dass ich dein Herr bin?«
» Wenn du dich ins Reich der Fantasie zurückziehen willst, ist das deine Angelegenheit«, erwiderte Elena. » Was mich betrifft, muss ich mit der realen Welt fertig werden. Und übrigens, kurz nachdem du weggelaufen bist, hat Stefano nicht nur auf seinen beiden Füßen gestanden, sondern sogar gelächelt.«
» Elena, du hast eine Möglichkeit gefunden, ihm Blut zu geben?« Er umfasste ihren Arm so fest, dass es wehtat.
» Kein Blut. Ein wenig schwarzmagischen Wein. Wären wir beide dort gewesen, hätte es doppelt so viel sein können.«
» Ihr wart zu dritt dort.«
» Sage und Dr. Meggar mussten die Wachen ablenken.«
Damon ließ die Hand sinken. » Ich verstehe«, sagte er ausdruckslos. » Also habe ich ihm gegenüber einmal mehr versagt.«
Elena sah ihn voller Mitgefühl an. » Du bist jetzt vollkommen in deinem Felsblock, nicht wahr?«
» Ich weiß nicht, wovon du redest.«
» Von dem Felsblock, in dem du alles versteckst, das dir wehtun
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