Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis
für diesen Menschen empfand, dieses…
…dieses junge Mädchen? Irgendetwas in Elenas Gehirn schien verwirrt zurückzuweichen. Doch zum größten Teil war es damit beschäftigt, die Vollkommenheiten des Mädchens aufzulisten, das sich so leise in dem sich wiegenden Gras angeschlichen hatte: die Woge dunkler Locken um ihren Hals, die blitzenden, grünen Augen unter geschwungenen Brauen, die glatte, leuchtende Haut ihrer Wangen, während sie mit ihrem Geliebten lachte und so tat, als laufe sie ihm leichtfüßig wie eine Elfe davon…!
Verfolgte und Verfolger fielen zusammen auf den weichen Teppich des Grases… Und dann wurden die Dinge schnell so leidenschaftlich, dass Elena sich zu fragen begann, wie um alles in der Welt man dafür sorgen konnte, dass diese Dinge aufhörten. Wann immer sie eine Hand an die Schläfe legte, wurde sie gepackt und atemlos geküsst von… Alegra… Das war das Mädchen, Alegra. Und Alegra war ganz eindeutig schön, vor allem durch die Augen dieses besonderen Betrachters gesehen. Ihre milchweiße weiche Haut…
Und dann, mit einem Schock, der genauso groß war, wie sie ihn empfunden hatte, als die Welt der Sänfte und des Basars um sie herum verschwunden war, tauchte sie wieder auf. Sie war Elena; sie saß mit Damon in der Sänfte; um sie herum eine Kakophonie von Geräuschen– und tausend verschiedene Gerüche obendrein. Aber sie war außer Atem, und ein Teil von ihr vibrierte noch von der Liebe Johns– so war sein Name gewesen– zu Alegra.
» Aber ich verstehe immer noch nicht!«, heulte sie beinahe.
» Es ist ganz einfach«, sagte Damon. » Du hältst dir einen leeren Sternenball von beliebiger Größe an die Schläfe und denkst zurück an die Zeit, die du aufzeichnen willst. Den Rest erledigt der Sternenball.« Er gebot ihr mit einer knappen Handbewegung Schweigen und beugte sich, einen schelmischen Ausdruck in diesen unergründlichen schwarzen Augen, vor. » Vielleicht hast du einen besonders warmen Sommertag bekommen?«, fragte er und fügte vielsagend hinzu: » Diese Sänften haben Vorhänge, die man zuziehen kann.«
» Sei nicht dumm, Damon«, sagte Elena, aber Johns Gefühle hatten ihre eigenen entfacht wie Zündstein und Zunder. Sie wollte Damon nicht küssen, sagte sie sich streng. Sie wollte Stefano küssen. Aber da sie einen Moment zuvor noch Alegra geküsst hatte, erschien ihr dieses Argument nicht so schlagkräftig, wie es hätte sein können.
» Ich denke nicht«, begann sie immer noch atemlos, als Damon die Hand nach ihr ausstreckte, » dass das eine sehr gute…«
Mit einer schnellen Drehung des Seils band Damon ihre Hände los. Er hätte ihr das Seil von beiden Handgelenken gezogen, aber Elena wandte sich sofort seitlich ab und stützte sich mit einer Hand auf. Sie brauchte den Halt.
Doch unter den gegebenen Umständen gab es nichts Bedeutungsvolleres– oder… Erregenderes…– als das, was Damon gerade getan hatte.
Er hatte die Vorhänge nicht zugezogen, aber Bonnie und Meredith waren hinter ihnen in ihrer eigenen Sänfte und außer Sichtweite. Und gewiss nicht in Elenas Gedanken. Sie spürte warme Arme um sich und schmiegte sich instinktiv hinein. Dann stieg eine Woge reiner Liebe zu Damon in ihr auf.
Es gab jetzt nichts Süßeres in ihrem Leben als Damons Küsse. Sie hätte für immer so weiterschweben können und die Außenwelt vergessen. Und das war gut so, denn sie hatte das Gefühl, dass in der Außenwelt viel Niedergeschlagenheit und nicht allzu viel Glück lag. Aber wenn sie immer zu dem hier zurückkommen konnte, zu diesem Willkommensein, dieser Süße, dieser Ekstase…
Elena machte eine ruckartige Bewegung in der Sänfte und warf ihr Gewicht so schnell zurück, dass die Männer, die sie trugen, beinahe gestürzt wären.
» Du Bastard«, flüsterte sie giftig. Sie waren immer noch auf telepathische Weise miteinander verbunden, und sie war froh, in Damons Augen zu sehen, dass sie wie eine rachsüchtige Aphrodite wirkte: Ihr goldenes Haar peitschte wie ein Gewitter hinter ihr her und ihre Augen leuchteten violett vor elementarem Zorn.
Und jetzt wandte diese Göttin– und das war das Schlimmste von allem– das Gesicht von ihm ab. » Nicht einen einzigen Tag«, sagte sie. » Du konntest dein Versprechen nicht mal einen einzigen Tag lang halten!«
» Ich habe nichts getan! Ich habe dich nicht beeinflusst, Elena!«
» Nenn mich nicht so. Wir haben jetzt eine rein professionelle Beziehung. Ich nenne dich ›Herr ‹ . Du kannst mich
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