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Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis

Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis

Titel: Tagebuch Eines Vampirs 06. Seelen Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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bist bei deinem Ausflug ins Nachleben. Hier nennen sie es nur ›Die Andere Seite ‹ . Aber ich kann dir von zwei Gerüchten erzählen, die ich von meinen Informanten habe. Dort nennen sie es den ›Himmlischen Hof‹. Dort ist der Himmel kristallblau, und die Sonne geht immer auf.«
    » Der Himmlische Hof…« Elena vergaß, dass sie laut dachte. Sie wusste instinktiv, dass es eine Art von Hof sein musste, an dem es Königinnen, Ritter und Zauberinnen gab. Es musste dort sein wie in Camelot. Allein das Aussprechen der Worte beschwor eine quälende Wehmut in ihr herauf und– keine Erinnerungen, sondern das vage Gefühl, dass Erinnerungen direkt hinter einer Tür waren. Es war jedoch eine fest verschlossene Tür, und alles, was Elena durchs Schlüsselloch sehen konnte, waren Reihen von weiteren Frauen wie den Wächterinnen, hochgewachsen, goldhaarig und blauäugig, und eine– kindsgroß unter den erwachsenen Frauen– schaute auf und sah Elena aus weiter Ferne mit einem durchdringenden Blick direkt in die Augen.
    Die Sänfte ließ den Basar hinter sich, und wieder ging es durch Elendsviertel, die Elena mit unruhigen, schnellen Blicken zu beiden Seiten wahrnahm, während sie sich hinter ihrem Schleier versteckte. Es sah dort nicht viel anders aus als in beliebigen irdischen Elendsvierteln– nur schlimmer. Kinder umlagerten Elenas Sänfte und streckten in einer universellen Geste die Hände aus.
    Es zerriss Elena förmlich, dass sie nichts von echtem Wert hatte, um es ihnen zu geben. Sie wollte hier Häuser bauen, dafür sorgen, dass diese Kinder Essen und sauberes Wasser hatten, eine Ausbildung und eine Zukunft, auf die sie sich freuen konnten. Da sie keine Ahnung hatte, wie sie ihnen irgendetwas von alldem geben konnte, beobachtete sie, wie die Kinder ihren Fruchtkaugummi, ihren Kamm, eine Minibürste, ihren Lipgloss, die Wasserflasche und ihre Ohrringe als Schätze bewunderten und glücklich mit ihnen davonhuschten.
    Damon schüttelte den Kopf, hindert sie aber nicht an ihrem Tun, bis sie begann, an dem Anhänger aus Lapislazuli und Diamant zu nesteln, den Stefano ihr geschenkt hatte. Sie weinte, während sie versuchte, den Verschluss der Kette zu öffnen, als sich plötzlich das Seil um ihre Handgelenke wieder zuzog.
    » Das reicht«, sagte Damon. » Du verstehst gar nichts. Wir haben die eigentliche Stadt noch nicht einmal erreicht. Warum betrachtest du nicht die Architektur, statt dir den Kopf über nutzlose Bälger zu zerbrechen, die höchstwahrscheinlich ohnehin sterben werden?«
    » Du bist so kalt«, entgegnete Elena, aber ihr fiel nichts ein, wie sie ihn dazu bringen konnte, sie zu verstehen, und sie war zu wütend auf ihn, um es auch nur zu versuchen.
    Trotzdem hörte sie auf, an der Kette zu nesteln, und blickte, wie Damon es vorgeschlagen hatte, über die Elendsviertel hinaus. Dort konnte sie eine atemberaubende Skyline sehen mit Gebäuden, die offensichtlich die Ewigkeit überdauern sollten, denn sie waren aus Steinen gebaut, die aussahen, wie die der Pyramiden Ägyptens und Mittelamerikas ausgesehen haben mussten, als sie neu waren. Doch alles wurde von einer Sonne, die jetzt durch mürrische blutrote Wolkenbänke verborgen war, rot und schwarz gefärbt. Diese riesige rote Sonne– sie tauchte die Umgebung in ein ganz besonderes Licht, das die unterschiedlichsten Stimmungen hervorrief. Bisweilen wirkte ihr fahles Licht beinahe romantisch, wie es auf einem Fluss glänzte, an dem Elena und Damon vorbeikamen, und tausend winzige Wellen in dem träge fließenden Wasser hervorhob. Dann wieder wirkte es einfach fremdartig und unheilverkündend, wenn die Sonne wie ein monströses Omen am Horizont stand und den Gebäuden, wie prächtig sie auch sein mochten, einen Anstrich von Blut verlieh. Als sie sich davon abwandte, während die Sänftenträger hinunter in die Stadt in Richtung der riesigen Gebäude gingen, konnte Elena ihren eigenen langen, bedrohlich wirkenden schwarzen Schatten vor ihnen sehen.
    » Nun? Was denkst du?« Damon hatte anscheinend vor, sie zu beschwichtigen.
    » Ich denke immer noch, dass es aussieht wie die Hölle«, sagte Elena langsam. » Ich hasse es, hier zu leben.«
    » Ah, aber wer hat denn je behauptet, dass wir hier leben würden, meine Prinzessin der Dunkelheit? Wir werden nach Hause zurückkehren, wo die Nacht sandschwarz ist und der Mond herableuchtet und alles in Silber taucht.« Langsam zeichnete Damon einen Finger ihrer Hand nach und setzte die Bewegung über ihren Arm bis

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